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Das 3. Buch Des Blutes - 3

Das 3. Buch Des Blutes - 3

Titel: Das 3. Buch Des Blutes - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Filmpalasts, und ließ seine Ängste in einem langen, ruhigen Atemzug aus sich heraus.
    Höchstens einen Häuserblock, vielleicht nur einen halben Häuserblock weiter ertönte das Baby-in-der-Nacht-Geheul eines Bullenwagens, und sein frisch erworbenes Gefühl der Sicherheit schwand spurlos dahin. Sie arbeiteten sich heran, um ihn zu töten, das wußte er. Sie hatten nur ihr Spielchen mit ihm getrieben, ihn glauben lassen, daß er entwischt wäre, und ihn dabei die ganze Zeit umkreist wie Haie, wendig und lautlos, bis er zu müde war, noch irgendwelchen Widerstand zu leisten.
    Heiland, er hatte einen Bullen getötet. Mann, was die nicht alles mit ihm machen würden, wenn sie ihn einmal vor sich hätten. Kreuzigen würden sie ihn.
    Okay, Sing-Sing, was jetzt? Schau nicht so überrascht und hol mich da raus.
    Einen Moment lang blieb alles unverändert. Dann lächelte der Gott vor seinem geistigen Auge, und wie zufällig spürte er die Scharniere, die sich ihm in den Rücken drückten.
    Scheiße! Eine Tür. Er lehnte an einer Tür.
    Ächzend vor Schmerz, drehte er sich um und betastete diese Fluchtluke. So wie sie sich anfühlte, mußte es sich um ein kleines Lüftungsgitter handeln, kaum einen Meter im Quadrat. Womöglich ging es dahinter in einen Blindschacht oder auch in die Küche von irgend jemandem - ach, hol’s der Teufel.
    Drinnen war es sicherer als draußen; das war die erste Lektion, die jedes Neugeborene eingebleut bekam.
    Der Sirenengesang heulte weiter, Barberio bekam eine Gänsehaut davon. Hörte sich scheußlich an. Das Geräusch ließ sein Herz schneller schlagen.
    Seine dicken Finger fummelten seitlich am Gitter herunter und tasteten nach irgendeiner Art Schloß, und, arschklar, da war ein Vorhängeschloß, so rostüberkrustet wie die übrige Eisenkonstruktion.
    Los, komm, Sing-Sing, betete er, laß mich nur noch einmal entwischen, mehr will ich gar nicht, laß mich da rein, und ich schwör’ dir, für immer bin ich dann der Deine.
    Er zerrte an dem Schloß, aber verdammt, so ohne weiteres gab es nicht nach. Entweder war es stärker, als es sich anfühlte, oder er war schwächer. Vielleicht auch ein bißchen was von beidem.
    Mit jeder Sekunde schob sich der Wagen näher heran. Das Geheul übertönte das Geräusch seines eigenen verschreckten Atmens.
    Er zog das Schießeisen, den Bullentöter, aus seiner Jackenta^
    sehe und zweckentfremdete ihn als stupsnasiges Brecheisen, Eine große Hebelwirkung brachte er mit dem Ding nicht zustande, dazu war es zu kurz, aber mit ein paar Flüchen und Rucken hatte er es geschafft. Das Schloß gab nach, ein Schauer Rostspäne rieselte ihm übers Gesicht. Einen triumphierenden Jauchzer konnte er gerade noch unterdrücken.
    Jetzt brauchte er bloß noch das Gitter zu öffnen, um aus dieser gemeinen Welt ins Dunkel wegzutauchen.
    Er zwängte seine Finger durch die Stäbe und zog. Ein anhaltender, brennender Schmerz schoß ihm vom Bauch in die Eingeweide bis hinunter ins Bein, daß ihm ganz schwindlig wurde davon. Öffne dich, verdammt, sagte er zu dem Gitter, Sesam, öffne dich.
    Die Tür tat ihm den Gefallen.
    Unvermittelt ging sie auf, und er fiel nach hinten auf das glitschige Sackleinen. Einen Augenblick später war er wieder auf den Beinen und spähte, inmitten der Finsternis, in die noch größere Finsternis: das Innere des Filmpalasts.
    Soll doch der Bullenwagen kommen, dachte er übermütig, ich hab’ meinen Schlupfwinkel, der hält mich warm. Und warm war es wirklich, beinahe heiß. Die aus dem Loch dringende Luft roch, als wäre sie da drinnen schon eine ganze Weile am Kochen gewesen.
    Sein Bein hatte ein Krampf befallen, und es tat höllisch weh, während er sich durch die Tür ins dahinter liegende kompakte Dunkel schleppte. Genau zur selben Zeit kam die Sirene um eine Häuserecke ganz in der Nähe, und das Babygeheul erstarb.
    Klang das, was er da auf dem Gehsteig hören konnte, nicht wie das Getrappel von Bullenfüßen ?
    Unbeholfen drehte er sich um in der Schwärze - zentnerschwer war sein Bein, sein Fuß kam ihm ungefähr so groß vor wie eine Wassermelone - und zerrte die Gittertür hinter sich zu. Die gleiche Befriedigung, wie wenn man die Zugbrücke hochzieht und den Feind auf der anderen Grabenseite zurückläßt. Es war irgendwie völlig egal, daß sie die Tür genauso leicht öffnen konnten wie er, um ihm hier herein zu folgen. Er hatte das sichere Gefühl, daß ihn hier unmöglich jemand finden konnte.
    Wie ein Kind. Solange er seine Verfolger

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