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Das 3. Buch Des Blutes - 3

Das 3. Buch Des Blutes - 3

Titel: Das 3. Buch Des Blutes - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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kannte sie: Die Zubereitung würde eine Stunde dauern.
    Genug Zeit für einen Spaziergang. Ich zog los, den Strand entlang.
    »Geh nicht zu weit, Liebes«, rief Ray.
    »Nein.«
    Liebes, sagte er. Sagt sich leicht; er meinte nichts damit.
    Die Sonne war jetzt wärmer, und unterm Gehen zog ich den Pullover aus. Meine bloßen Brüste waren schon braun wie zwei Nüsse und, dachte ich, auch ungefähr so groß. Na ja, man kann eben nicht alles haben. Zumindest hatte ich zwei Neuronen in meinem Kopf, zum Aneinanderreihen, was man von Angela bestimmt nicht behaupten konnte. Sie hatte Titten wie Melonen und ein Hirn, das einem Maulesel Schande gemacht hätte.
    Die Sonne drang nicht richtig durch den Nebel. Diffus sickerte das Licht auf die Insel und verflachte alles, machte den Ort arm an Farbe oder Substanz, reduzierte das Meer und die Felsen und den Abfall am Strand zu ein und demselben ausgebleichten Grau, der Farbe zerkochten Fleisches.
    Nach nur hundert Metern fing etwas an dem Ort an, mich zu deprimieren, also kehrte ich wieder um. Rechts von mir krochen winzige, lispelnde Wellen den Strand herauf und fielen zwischen den Steinen mit einem matten Platschlaut in sich zusammen. Kein majestätischer Brecher weit und breit: nur das rhythmische Platsch, Platsch, Platsch erschöpfter Gezeiten.
    Ich haßte den Ort bereits.
    Als ich wieder aufs Boot kletterte, probierte Ray gerade das Radio aus, aber aus irgendeinem Grund konnte er nichts herbekommen als leeres Rauschen auf jeder Frequenz. Er fluchte eine Weile, gab dann auf. Nach einer halben Stunde wurde das Frühstück serviert, wobei wir allerdings mit Sardinen, Pilzen aus der Dose und den Überresten der Toastschnit ten vorliebnehmen mußten. Angela servierte dieses Festmahl mit dem üblichen Aplomb und machte den Eindruck, als würde sie eine zweite Speisung der Fünftausend vollbringen. Es war sowieso beinah unmöglich, das Essen zu genießen; die Luft schien ihm jeglichen Geschmack zu entziehen.
    »Ist doch komisch …«, begann Jonathan.
    »Zum Totlachen«, sagte Ray.
    »,.. daß man keine Nebelhörner hört. Überall Nebel, aber keine Hörner. Nicht mal ein Motorengeräusch. Sonderbar.«
    Er hatte recht. Absolute Stille hüllte uns ein, ein feuchtes, erstickendes Schweigen. Wären nicht das leise Platschen der Wellen und das Geräusch unserer Stimmen gewesen, so hätten wir ebensogut taub sein können.
    Ich saß beim Heck und schaute ins Wasser. Es war immer noch grau, aber die Sonne ließ allmählich andere Farben im Meer aufleuchten: ein düsteres Grün und in größerer Tiefe einen Hauch Blau-Purpur. Unter dem Boot konnte ich Stränge von Riementang und See-Eichen erkennen, hin und her schwankendes Spielzeug für die Gezeiten. Es sah einladend aus ohnedies war alles besser als die verdrießliche Stimmung auf der »Emmanuelle«.
    »Ich geh’ schwimmen«, sagte ich.
    »Würd’ ich nicht, Liebes«, entgegnete Ray.
    »Wieso nicht?«
    »Die Strömung, die uns hier raufgeworfen hat, muß ganz schön stark sein. Wirst doch nicht wollen, daß du da hineingerätst. «
    »Aber wir haben doch Flut: Wenn, dann werd’ ich nur an den Strand geschwemmt.«
    »Kein Mensch weiß, was für Gegenströmungen da draußen sind. Und Strudel obendrein. Kommen ziemlich häufig vor.
    Ziehn einen blitzartig runter.«
    Ich schaute wieder aufs Meer hinaus. Es wirkte durchaus harmlos, aber schließlich hatte ich gelesen, daß dies tückische Gewässer waren, und ich besann mich eines Besseren.
    Angela hatte sich ein wenig aufs Schmollen verlegt, weil niemand ihr tadellos zubereitetes Frühstück aufgegessen hatte.
    Ray ging bereitwilligst darauf ein. Liebend gern verhätschelte er sie, ließ sie saublöde Spielchen spielen. Es kotzte mich an.
    Ich ging unter Deck, um den Abwasch zu machen. Die Essensreste schleuderte ich aus dem Bullauge ins Meer. Sie versanken nicht sofort. In einem öligen Fleck trieben sie auf dem Wasser, halbgegessene Pilze und Sardinenstreifchen tanzten auf der Oberfläche herum, als hätte sich jemand auf das Meer erbrochen. Krabbenfutter, wenn irgendeine etwas auf sich haltende Krabbe sich dazu herabließ, hier zu hausen.
    Jonathan gesellte sich zu mir. Offensichtlich kam er sich ein bißchen albern vor, trotz seiner schneidigen Haltung. Er stand auf dem Niedergang und versuchte, meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, während ich etwas kaltes Wasser in das Becken hochpumpte und halbherzig die schmierigen Plastikteller abspülte. Er wollte sicherlich hören, daß er

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