Das 4. Buch des Blutes - 4
Freundschaft zu schließen. Also fang’ wir endlich an damit!« Er zog sie, etwas gröber als nötig, von der Tür weg.
Sie schüttelte seine Hand ab.
»Es gibt keinen Grund zur Gewalt, Buck«, sagte sie.
»Ha! Das mußt ausgerechnet du sagen«, konterte Buck mit einem humorlosen Lachen. »Willst du Gewalt sehen?« Sadie wandte sich von Virginia weg, um ihn anzuschauen. » Das ist Gewalt«, sagte er. Er hatte seine Jacke abgelegt; jetzt zog er sein aufgeknöpftes Hemd auseinander, um die Schußwunde zu entblößen. Aus solch geringem Abstand hatte Sadies .38er ein beachtliches Loch in Bucks Brustkasten gerissen, versengt und blutig: Es war so frisch wie zum Zeitpunkt seines Todes. Er legte den Finger daran, als zeige er auf das Herz Jesu. »Siehst du das, mein Schatz? Das hast du gemacht.«
Durchaus nicht uninteressiert guckte sie sich das Loch an. Es war sicher eine bleibende Spur; so ungefähr die einzige, glaubte sie fast, die sie bei dem Mann je hinterlassen hatte.
»Du hast mich von Anfang an betrogen, oder?« sagte sie.
»Wir reden nicht vom Betrügen, wir reden vom Erschießen«, gab Buck ihr heraus.
»Mir scheint, ein Thema führt zum anderen«, antwortete Sadie, »und wieder zurück.«
Verkniffen sah Buck sie mit seinen ohnehin verkniffenen Augen an. Dutzende von Frauen hatten diesen Blick unwiderstehlich gefunden, nach den zahlreichen anonymen Trauergästen bei seinem Begräbnis zu urteilen. »Also schön«, sagte er, »ich hatte Weiber. Na, und wenn schon?«
»Na, deswegen hab’ ich dich erschossen«, erwiderte Sadie klipp und klar. Das war ungefähr alles, was sie zu dem Thema zu sagen hatte. Es hatte zu einem schnellen Verfahren beigetragen.
»Dann sag mir wenigstens, daß es dir leid tut«, platzte Buck heraus.
Sadie dachte über den Vorschlag nach und sagte nach ein paar Augenblicken: »Aber das tut es nicht!« Sie war sich darüber im klaren, daß es der Antwort an Zartgefühl fehlte, aber es war die unumstößliche Wahrheit. Selbst als sie sie auf dem elektrischen Stuhl festgeschnallt hatten – und der Geistliche sein Bestes tat, um ihren Rechtsanwalt zu trösten –, hatte sie nicht bereut, wie sich die Dinge entwickelt hatten.
»Das Ganze hat keinen Sinn«, sagte Buck. »Wir kamen hierher, um Frieden zu schließen, und du kannst nicht einmal sagen, daß es dir leid tut. Du bist eine kranke Frau, weißt du das? Das warst du immer. Du hast deine Nase in meine Angelegenheiten gesteckt, du hast hinter meinem Rücken herumgeschnüffelt…«
»Ich hab’ nicht geschnüffelt«, erwiderte Sadie fest. »Dein Dreck kam und fand mich.«
»Dreck?«
»O ja, Buck, Dreck , den hattest du immer an dir. Hinterhältig und verschwitzt.«
Er packte sie. »Das nimmst du zurück!« verlangte er.
»Früher mal hast du mich eingeschüchtert«, erwiderteste kühl. »Aber dann hab’ ich mir ein Schießeisen gekauft.«
Er stieß sie von sich weg. »Also gut«, sagte er, »sag nicht daß ich’s nicht versucht hab’. Ich wollte sehen, ob wir vergessen und vergeben können; wollt’ ich wirklich. Aber da bist nicht bereit, auch nur einen Zoll nachzugeben, oder?« Er fingerte an seiner Wunde, während er sprach, und seine Stimme wurde sanfter. »Wir hätten’s echt schön haben könn’ hier heut nacht, Puppe«, murmelte er. »Du und ich, ganz allein. Ich hätt’ dir ’n bißchen was von der alten Geigerei bieten können, weißt schon, was ich meine? Gab ’ne Zeit, da hätt’st du nicht nein gesagt dazu.«
Sie seufzte sanft. Was er sagte, stimmte. Es gab eine Zeit, da hatte sie das wenige genommen, das er ihr gab, und sich für eine glückliche Frau gehalten. Aber die Zeiten hatten sich geändert.
»Komm schon, Puppe! Laß locker!« sagte er mit rauchiger Stimme, begann sein Hemd ganz aufzuknöpfen und zog es dabei aus der Hose heraus. Sein Bauch war kahl wie der eines Babys. »Wie wär’n das: Wir vergessen, was du gesagt hast, und legen uns hin und reden?«
Sie wollte gerade auf seinen Vorschlag antworten, als die Tür von Zimmer sieben aufging und der Mann mit den seelenvollen Augen eintrat, begleitet von einer Frau, deren Gesicht Sadie irgendwie bekannt vorkam.
»Eiswasser«, sagte Earl. Sadie sah ihm zu, wie er durch das Zimmer ging. So einen klasse Mann wie den hatte es in Wichita Falls nicht gegeben; nicht daß sie sich erinnern konnte jedenfalls. Bei seinem Anblick bekam sie fast Lust, wieder zu leben.
»Willst du dich denn nicht ausziehn?« fragte Buck aus dem Zimmer hinter
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