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Das 5. Gebot (German Edition)

Das 5. Gebot (German Edition)

Titel: Das 5. Gebot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nika Lubitsch
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ihre Ängste in seiner unnachahmlichen Art in wenigen Sätzen zusammengefasst. Erst jetzt wurde ihr die Situation in ihrem ganzen Ausmaß klar.
    „Scheiße“, sagte sie.
    „Das kannst du laut sagen.“
    Sie schauten schweigend aus dem Fenster, an dem dicke Regentropfen einander bedrängten und sich um ihren Weg herab stritten.
    „Warum?“, fragte Leo. Die Frage schien über dem Eichenholztisch in diesem riesigen, über zwei Stockwerke gehenden Raum zu schweben, den Leo und Ian als ihren Lebensraum bezeichneten und der den Mittelpunkt ihrer zwei umgebauten Fabriketagen darstellte. Das Obergeschoss diente Ian als Atelier, sie hatten den Boden in der Mitte beseitigen lassen, so dass man nun von jedem Ort des Ateliers in den Lebensraum schauen konnte.
    „Ich habe keine Ahnung. Das alles ergibt überhaupt keinen Sinn.“
    „Wer hat ein Motiv? Die Frage aller Fragen. Ich meine, außer George.“
    „George hat überhaupt kein Motiv!“, protestierte Vicky.
    „Schätzchen, wenn ihr eine gute Ehe führt, dann hat er vielleicht niemals an Scheidung gedacht, aber dafür garantiert mehrmals täglich an Mord.“ Leo grinste.
    „Blödsinn, wenn er mich loswerden will, brauchte er es nur zu sagen.“
    „Und was ist mit deiner Erbschaft?“
    „George stammt aus einer ziemlich begüterten Familie, wie du weißt. Da hat er es ganz bestimmt nicht nötig, auf das Reihenhäuschen von Mum zu schielen. Außerdem verdient er nicht gerade schlecht.“
    „Wenn es um Mord geht, gibt es nicht allzu viele Motive, Vicky. Eines davon ist Habgier. Wer hat etwas davon, wenn du, deine Mutter und eine Frau, die deine Zwillingsschwester sein könnte, nicht mehr leben? Anders gefragt, wer ist dein rechtmäßiger Erbe?“
    „George, nehme ich an. Ich habe natürlich kein Testament gemacht. Also George. Oder? Onkel Willy?“
    „Lass uns eine Liste machen“, sagte Leo und setzte sich neben sie.
    „Aber ich habe doch nichts!“, rief sie, während aus ihren verschwollenen Augen wieder ein paar Tränen liefen.
    „Häseken, ein Reihenhäuschen ist nicht für alle Menschen ein Nichts.“
    „Was sind die anderen starken Motive für Mord?“, fragte sie, um Fassung bemüht.
    „Eifersucht. Enttäuschte Liebe. Gleichbedeutend mit Hass. Konkret: Gibt es jemanden, der dich so sehr hasst, dass er deine ganze Familie ausrotten will? Vielleicht ein heimlicher Liebhaber? Jemand, dem du keine Chance gegeben hast? Möglicherweise kennst du ihn nicht einmal.“
    Vicky versuchte wieder den Kopf zu schütteln. Blöde Angewohnheit. „Kann nicht sein. Wüsste ich von. Außerdem – würde der nicht bei George anfangen?“
    „Stimmt. Wir nähern uns einem möglichen Motiv, ich spüre das. Wenn wir davon ausgehen, dass die Tote aus dem Grunewald deine Schwester ist, dann gibt es ein Geheimnis in der Vergangenheit deiner Eltern. Irgendetwas stimmt nicht an der Geschichte, die deine Mutter erzählt hat. Und dann liegt da vielleicht auch ein Motiv. Vielleicht will jemand etwas aus der Vergangenheit unbedingt vertuschen. Ein Verbrechen, das vor langer Zeit passiert ist. Ein Unrecht, das jemandem heute gefährlich werden könnte. Deine Mutter ist umgebracht worden. Durch Zufall bei einem Einbruch? So viele Zufälle gibt es nicht. Jeder Krimiautor würde von seinen Lesern ob der miesen Konstruktion beschimpft werden. Irgendjemand will etwas vertuschen, was deine Mutter hätte aufdecken können. Was mit Sicherheit auch in deiner eigenen Vergangenheit zu suchen ist. Vielleicht etwas, das zu einer Zeit geschehen ist, an die du keine Erinnerung mehr hast.“
    „Bei aller Liebe, Leo, das ist Unsinn. Jedes Verbrechen, das vor meiner Geburt oder in meiner frühen Kindheit passiert sein könnte, wäre inzwischen verjährt.“
    „Mord verjährt nie. Warum passieren dir und deiner Familie plötzlich so viele schreckliche Geschichten? Wenn es etwas aus der Vergangenheit ist, dann muss es jemand wieder ausgegraben haben. Jemand muss Angst vor Entdeckung haben. Der Schlüssel der Geschichte liegt bei diesem Mordopfer aus dem Grunewald. Weißt du, wie die Frau hieß?“
    „Nein, das stand nicht in der Zeitung. Jedenfalls nicht am nächsten Tag, da habe ich alle Zeitungen zusammen mit meiner Deutschlehrerin gelesen. Sie haben lediglich geschrieben, dass es sich um eine französische Touristin gehandelt hat.“
    „Das wird ja immer verworrener. Wir könnten versuchen, das zu googeln.“
    „Wie denn?“
    „Wir könnten den Namen des Waldes eingeben und den Tag, an dem es

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