Das 5. Gebot (German Edition)
hübsche, sündige Nachbarin. Sexy!“
George atmete innerlich durch. So ein oller Lustmolch! Er hasste das Jagen. Aber der olle Lustmolch bestellte ihm ein Taxi.
50. Schöneberg
George ließ sich mit dem Taxi ins Interconti bringen. Für heute war sein Bedarf an Aufregungen gedeckt. Er wollte nur noch schnell Vicky Bescheid sagen, wo er war, und dann schlafen. Er musste einen klaren Kopf haben, um die ganze Situation zu überdenken.
Nachdem er eingecheckt hatte, schmiss er seinen Bordcase auf das Bett und zog sich erst einmal aus. Schnell unter die Dusche und dann Vicky einen Gutenachtkuss geben. Von seinem kleinen Abenteuer heute Nacht würde er ihr nichts erzählen, damit sie sich nicht noch mehr ängstigte als nötig.
Als er aus der Dusche kam, suchte er sein Handy. Er hatte es doch in die Hosentasche gesteckt, als er das Haus verlassen hatte, das hätte er schwören können. Doch es war nicht in der Hosentasche, es war auch nicht in der Tasche seiner Leinenjacke und schon gar nicht im Bordcase. Oh nein, bitte nicht schon wieder! George setzte sich aufs Bett und dachte nach. Okay, wenn ich das Handy verloren habe, dann im Garten von diesem Spinner mit den Geweihen. Dort würden es seine beziehungsweise Vickys Verfolger nicht finden, hoffte er. Aber wie sollte er jetzt Vicky erreichen? Er hatte die Telefonnummer im Handy gespeichert. Lisa hatte den Zettel wieder mitgenommen. Wie kam er jetzt zu Lisa? Wie hieß Lisa mit Nachnamen? Wo wohnte sie? George hätte am liebsten seinen Kopf auf die Tischplatte gehauen. Das gab es doch gar nicht! Vicky würde halb verrückt werden vor Angst. Was sollte er tun? Er entschied: schlafen. Erst mal ein paar Stunden schlafen.
Und dann würde er zu Gerhard Grunwald fahren. Warum hatte er den Alten nicht noch einmal angerufen? Weil er vor ihm einen gehörigen Respekt hatte. Er hatte ihn so spät in der Nacht nicht mehr stören wollen. George entschied, dass er in dieser Nacht nichts mehr tun konnte, außer ein paar Stunden zu schlafen. Er programmierte den Weckruf auf 6.30 Uhr. Nicht viel Zeit für eine Mütze voll Schlaf.
51. Berlin-Mitte
„Hallo, Vicky, aufwachen!“, sagte Dominique Durand. Vicky schaute hoch in ein graues Gesicht, das im unteren Bereich eindeutig blau schimmerte.
„Was ist?“
„Wir sind in Berlin.“
„Wo?“ Vicky hatte Mühe, zu sich zu kommen. „Entschuldigung, ich bin wohl eingeschlafen.“
„Gut so, Schlaf heilt alle Wunden“, sagte Dominique.
„Wo sind wir?“ Vicky sah sich um. Sie standen in einer Tiefgarage.
„Am Potsdamer Platz. Ich dachte, das Hyatt ist anonym genug, ich habe hier mal eine Konferenz gehabt. Komm, wir gehen jetzt schlafen!“
Vicky versuchte ihre Gliedmaßen zu sortieren. Eigentlich gab es nichts, was ihr nicht wehtat. Sie fühlte nach dem Schal, unter dem sie in Lyon ihre Wundmale verborgen hatte. Sie hatte auf dem Schal gesessen, außerdem war er nass, sie hatte stundenlang ihre Tränen damit getrocknet. „So kann ich doch nicht in ein Hotel.“
Dominique musterte sie und nickte. „Ja, das stimmt, du würdest auffallen wie ein rosa Pudel. Warte mal.“ Er ging um das Auto herum und holte etwas aus dem Kofferraum. „Hier, vielleicht wickeln wir deinen Kopf einfach ein“, sagte er und reichte ihr den Verbandskasten.
Vicky wickelte sich einen Verband um den zerschundenen Kopf.
„Das sieht schon besser aus.“ Dominique klebte ihr das Verbandsende mit Hansaplast fest. „Komm.“ Sie gingen durch das Parkhaus zum Fahrstuhl, der sie direkt ins Hotelfoyer brachte. Vicky hielt sich im Hintergrund, während Dominique mit seiner Kreditkarte eine Suite mietete. Als sie dort angekommen waren, rief Dominique den Zimmerservice an und bestellte Frühstück für zwei.
Vicky war an das Fenster im Wohnzimmer getreten, von dem aus man über den Marlene-Dietrich-Platz gucken konnte, der im Moment menschenleer war. Ein einsamer orangefarbener Wagen saugte vor dem Musicaltheater die Reste der vergangenen Nacht in sich auf: die McDonaldʼs-Tüten und die weggeworfenen Kinokarten, die Zigarettenkippen und die verlorenen Taschentücher. Ein paar Stunden nur hatte der Platz Ruhe vor den Touristenhorden, die hier ein Berlin suchten, das es in Wirklichkeit gar nicht gab. Ein Betrunkener schlief auf der Mauer um den künstlichen See, in dem sich die gerade aufgehende Sonne blutrot spiegelte. Was für merkwürdige Gedanken ich habe, dachte Vicky, dabei muss ich einfach nur mal unter die Dusche.
Dominique hatte die
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