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Das 5. Gebot (German Edition)

Das 5. Gebot (German Edition)

Titel: Das 5. Gebot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nika Lubitsch
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hergestellt werden sollte. Dort fragte sie, ob ein Mr. McIntosh abgestiegen sei. Die Telefonzentrale vom Interconti bejahte und fragte, ob sie verbinden solle. Natürlich sollte sie verbinden. Vicky war erleichtert. Sie kannte ihren Mann eben doch. Es klingelte und klingelte. Niemand meldete sich in seinem Zimmer. Sie legte auf. Wahrscheinlich war er frühstücken.
    Langsam stand sie auf und betastete ihre Wunden. Die Rippen schmerzten noch immer gewaltig, aber sie puckerten nicht mehr. Die Wunde auf ihrem Kopf war verschorft, sie hatte das Pflaster entfernt. Wenn sie die Haare nach hinten band, würde man die Verletzung kaum sehen. Ihr Gesicht sah inzwischen auch nur noch aus, als hätte sie schwere Akne. Sie würde sich einen Concealer kaufen, dann konnte sie die kleinen Schnitte abdecken. Das Auge war inzwischen gelbgrün, nicht attraktiv, aber nichts, was eine Sonnenbrille nicht verstecken könnte. Vicky zog sich an und fuhr nach unten. Alles, was sie brauchte, würde sie in den Potsdamer Platz Arkaden finden. Zahnbürste und Zahnpasta, Concealer, Make-up, frische Unterwäsche, ein Kopftuch, ein T-Shirt. Heute Mittag hatte sie einen Termin bei dem Detektiv, den ihre Schwester angeheuert hatte. Sie hatte ihn gestern noch aus dem Auto angerufen. Vicky war sich sicher, dass die Geschichte bald aufgeklärt war. Sie wollte endlich wieder in Ruhe leben. In Ruhe leben? Konnte sie das? Würde der Gedanke an Leo sie nicht verfolgen bis ans Ende ihrer Tage? Sie hatte immer noch nicht Ian angerufen. Wenn sie nur wüsste, was sie Ian sagen sollte. Oh verdammt, es war alles so kompliziert. Wie in Trance lief sie durch die Arkaden, da hinten war doch irgendwo ein Douglas, sie griff sich T-Shirts im Vorbeilaufen von Ständern, die im Gang standen, bezahlte, Farbe egal, Größe egal, alles war egal. Sie wollte nur noch zu George. Als Vicky endlich wieder in ihrem Hotelzimmer war, staunte sie, wie viel man in knapp einer halben Stunde einkaufen konnte, ohne es zu merken. Sie schmiss die Tüten auf das Bett und putzte sich erst einmal die Zähne.

54. Krumme Lanke
     
    Er stand wieder vor der U-Bahn-Station Krumme Lanke und nutzte die öffentliche Telefonzelle. Wobei Zelle nicht der richtige Ausdruck war, es handelte sich mehr um eine Telefon-Zapfstelle in anheimelndem Telekom-Magenta. Er hatte sich beherrschen müssen, um nicht laut zu schreien. Die letzten Tage hatten an seinen Nerven gezerrt. Der Termin bei der Bank in Frankfurt hatte ihn an den Rand seiner Kraft gebracht, man hatte ein wenig die Daumenschrauben angesetzt. Wenn er doch bloß nicht … Ach, vergiss es, sagte er sich, es lohnt sich nicht, um verschüttete Milch zu weinen. Er konnte die Zeit nicht zurückdrehen und seinen Fehler mit Lehman wiedergutmachen. Also Augen zu und durch.
    „Dann sehen Sie zu, dass Sie die Information herbeischaffen!“, sagte er leise. Gefährlich leise. Er war mit seiner Geduld am Ende. Krzysztof konnte ihm nicht genau sagen, ob das Paket abgefangen worden sei. Man glaube ja, habe es aber noch nicht zu hundert Prozent abchecken können.
    „Selbstverständlich“, sagte Krzysztof ebenso leise.
    „Ich will, dass man Vorkehrungen für Berlin trifft. Falls sie hier wider Erwarten aufkreuzen sollte. Postieren Sie Ihre Leute vor ihrem Haus. Ich will ganz sichergehen.“
    „Wir nicht Anfänger“, sagte Krzysztof.
    Michael merkte, dass er einen leichten Schweißgeruch absonderte, als er sich in das Polster seines Phaeton fallen ließ.
    Sein Blick fiel auf den Boden, irgendein Papier war ihm wohl heruntergefallen. Er bückte sich und zog einen halb unter dem Vordersitz versteckten geschlossenen Umschlag hervor. Auf dem Umschlag stand sein Name. Nur sein Name, keine Adresse, kein Absender. Merkwürdig. Wo kam dieser Umschlag her, hatte ihn jemand auf seinen Aktenkoffer gepackt?
    Er öffnete den Umschlag und hielt den Atem an. Sein Herz machte einen Kopfsprung und in seinen Ohren sauste es, als habe sein Blut auf Schallgeschwindigkeit beschleunigt.
    „Sagen Sie, Schumi, war hier jemand am Wagen?“, fragte er seinen Fahrer.
    „Nicht, dass ick wüsste“, sagte Hans Hartmann, den alle in der Bank nur Schumi nannten. „Ich habe mir eben mein Frühstück bei Thürmann geholt.“
    Er schaute auf das leicht geöffnete Fenster hinter dem Fahrersitz. Es war ihnen also jemand gefolgt. Und derjenige hatte Schumis Kaffeepause genutzt, um ihm diesen Brief – oder wie immer man diese Zumutung nennen sollte – zuzustellen.
    „Machen Sie Ihrem Namen

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