Das 5. Gebot (German Edition)
Bordcase, das immer halb fertig gepackt in der Ecke stand, und warf das Nötigste hinein. Dann griff er sich Portemonnaie und Schlüssel aus der gelben Schale im Eingang, prüfte, ob alle Fenster geschlossen waren, und verließ die Wohnung.
Nachdem er die Tür abgeschlossen hatte, atmete er auf. Er fuhr mit dem Fahrstuhl in die Tiefgarage. Natürlich würde er jetzt nicht mit seinem Auto fahren. Er war mittlerweile sicher, dass die Wohnung überwacht wurde. Was sollte er tun? Er überlegte, ob er die Neun auf seinem Telefon rufen sollte. Die Kurzwahl, unter der er Vickys Großvater gespeichert hatte. Nein, dachte er, es ist mitten in der Nacht, er ist ein alter Mann, damit muss ich jetzt alleine klarkommen. Er lief durch den Keller in den Gartenaufgang, erklomm die Stufen und ging hinter dem Haus durch den Wald, der zu dem gegenüberliegenden Grundstück führte. Vicky hatte ihn mal darauf aufmerksam gemacht, wie ein Hund durch den Gartenzaun geschlüpft war. George fand das Loch im Zaun und zwängte sich hindurch. Ein Scheinwerfer ging an und blendete ihn, gleichzeitig jaulte eine Sirene auf. Fort Knox ist nichts dagegen, dachte er und hoffte, dass ein eventueller Bewacher vorn in der Straße nichts davon mitbekommen würde. Er lief durch den gepflegten Garten, vorbei an einem Teich, über den eine Brücke führte, die größer war als der Tümpel, über den sie führte.
„Wer ist da? Stehen bleiben!“ Ein Mann war auf die Terrasse getreten. George sah im Scheinwerferlicht, dass er ein Gewehr im Anschlag hatte. Über ihm hingen Geweihe an der Hauswand. George betete, dass der Jäger nicht nervös wurde. Er blieb stehen, stellte sein Bordcase auf die Erde und hob die Hände. „Bitte helfen Sie mir“, sagte er ruhig, „ich bin einer Ihrer Nachbarn.“ Der Mann bedeutete ihm mit dem Gewehr, näher zu kommen, während George fieberhaft überlegte, was für eine Geschichte er ihm erzählen sollte.
„Was machen Sie mitten in der Nacht auf meinem Grundstück?“, fragte der Mann, der nach Georges Schätzung ungefähr siebzig Jahre alt sein musste. Immer noch fuchtelte er ihm mit dem Gewehr vor der Nase herum.
„Bitte rufen Sie mir ein Taxi“, sagte George.
Der Alte grunzte. „Ich rufe die Polizei und sonst gar nichts.“
Auch gut, dachte George, vielleicht ist das die Lösung. Die Polizei. Warum nicht. Der Alte gab ihm einen Schubs mit dem Gewehr. Er trug einen gestreiften Pyjama und Badeschlappen und bedeutete ihm, durch die geöffnete Terrassentür in das Haus zu treten. Der Wohnraum war nur spärlich erleuchtet. Dutzende Geweihe schauten ihn aus dunklen Höhlen blicklos an.
„Hinsetzen!“
George setzte sich in einen grünen Veloursessel, in dem er fast versank.
„Hände auf die Armlehnen!“
Gehorsam legte er die Hände auf die Armlehnen.
Der Alte ging rückwärts zum Telefon.
„Wo jagen Sie?“, fragte George.
„Im Garten“, sagte der Alte.
George konnte nicht anders, er musste lachen. „Schade, ich dachte, Sie könnten mir einen Tipp geben, wo ich eventuell in der Umgebung ein Jagdrevier pachten könnte oder eine Beteiligung daran. Ich bin erst seit fünf Monaten in Berlin und ehrlich gesagt, mir fehlt etwas.“
„Sie sind Engländer?“, fragte der Alte zögernd.
„Waschecht mit schottischen Einschüssen. Wer in unserer Familie nicht jagen will, wird frühzeitig zum Psychiater geschickt.“
Der Alte lachte. „Fuchsjagd?“
„Ist bei uns üblicher als hier. Hören Sie, ich habe ein vielleicht etwas delikates Problem. Ich habe eine Freundin, die in dem Haus gegenüber wohnt. Deren Mann eigentlich auf Geschäftsreise ist. Wir wollten uns ein schönes Wochenende machen, und plötzlich hören wir, wie sein Auto unten in die Garage fährt. Ich bin einfach über den Garten nach hinten raus. Bitte, seien Sie ein Gentleman und befreien Sie mich aus dieser unwürdigen Situation. Ein Taxi würde wirklich helfen.“
George hoffte, dass der Alte nicht seinen Ausweis sehen wollte.
„In welchem Stock wohnt denn die Dame?“
„Im ersten.“
„Ach, die Hübsche mit den braunen Haaren und den großen Titten?“
„Genau die.“ George lächelte. Seine Frau war also aufgefallen. Sein Blick fiel auf ein Fernglas, das auf der Anrichte unter dem Stillleben mit dem röhrenden Hirsch stand.
„Habe verstanden, Sir. Ich rufe Ihnen ein Taxi. Kommen Sie das nächste Mal aber bitte von vorn in mein Haus, würde mich freuen. Sie müssen mir über die Jagd in England berichten. Und über meine
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