Das 5-Minuten-Grauen
auch, Sir.«
»Haben Sie erkennen können, mit welch einer Geschwindigkeit der Schlamm durch den Spalt dringt?«
»Nein, leider nicht, Sir. Das heißt, ich kann es nicht in mathematische Formeln fassen. Er kommt langsam, aber stetig.« Suko unterstrich mit den entsprechenden Handbewegungen seine nächsten Worte. »Er wird höchstwahrscheinlich beide Richtungen einnehmen, nach links und auch nach rechts quellen.«
»Treppen, Aufgänge, Aufzüge«, zählte Sir James ab. »Wir können uns auf einiges gefaßt machen.«
»Sicher.«
»Wie stehen die Chancen für uns?« Er gab sich selbst die Antwort.
»Mies, sehr mies sogar. Ihre Waffen greifen nicht, Suko. Da hat die Hölle einen verflucht guten Coup gelandet.«
»Vielleicht sollten wir John zurückholen.«
»Ja, richtig. Daran habe ich auch gedacht. Nur ist mir nicht bekannt, wo wir ihn finden können. Er treibt sich irgendwo in Frankreich herum. Kein Anruf, keine Nachricht. Allmählich habe ich das Gefühl, daß es der anderen Seite gelungen ist, ihn von uns wegzulocken, denn das Grauen geschieht hier und nicht in Frankreich.«
»Vielleicht an beiden Stellen.«
»Kann auch sein, aber wir sind hilflos. Jedenfalls darf kein Mensch mit dem Zeug in Berührung gelangen, und ihn will auch die Presse aus dem Spiel lassen.«
»Genau richtig, Sir.«
»Ich habe dem Vertreter des Innenministers erklärt, daß er mich im Büro erreichen kann. Halten Sie hier unten solange die Stellung, Suko.«
»Mach' ich, Sir.«
Der Superintendent schob seine Brille höher und ging schweigend davon. Suko schaute ihm nicht nach. Er hörte nur die leise Unterhaltung der beiden Wachtposten.
»Wenn es in der Hölle so modrig stinkt wie hier, habe ich das Gefühl, sie schon betreten zu haben«, meinte einervon ihnen.
»Fehlt nur noch der Teufel«, meint der zweite.
Suko gab darauf keine Antwort. Er konnte sich allerdings vorstellen, daß der Höllenherrscher erschien, um seinen Triumph auszukosten. Dann sah es noch schlimmer aus…
***
Nebeneinander gingen Kita und ich die breite Treppe hinab und lauschten den gedämpften Echos unserer Schritte. Ich spürte ihre Hand an der meinen und sogar die leichte Gänsehaut.
»John, ich fühle mich verflixt mies.«
»Lächeln, Mädchen, lächeln, die sollen nichts merken.«
Rita lachte sehr leise. »Glaubst du daran? Vielleicht wissen sie längst Bescheid.«
»Das kann auch sein.«
Ich konnte Rita verstehen, denn auch ich lief nicht gerade mit guten Gefühlen der Halle entgegen. Aber es gab Dinge, die mußten wir annehmen, gegen die kamen wir nicht an. Zudem wußte ich einfach zuwenig über die vier Frauen und wollte sie nach Möglichkeit aus der Reserve locken.
Sie saßen in der Halle!
Ein Bild, das ich nie vergessen würde. Wie Mumien oder Zombies wirkten sie in ihren Sesseln, die malerisch verteilt standen, so daß jede einen Teil der Halle überblicken konnte.
Sie schauten uns entgegen. Ihre geschminkten Gesichter erinnerten mich trotz der Farbe an die von lebenden Leichen. Da waren die Lippen zu einem erwartungsvollen Lächeln verzogen, da stand sogar in ihren Augen eine gewisse Gier zu lesen.
Ich mochte sie nicht, und diese Tatsache kam mir immer deutlicher zu Bewußtsein.
Sie bewegten ihre Arme. Es hätte nur noch der Beifall gefehlt, aber das ließen sie.
Der Tee dampfte bereits in der Kanne, die auf einer Porzellanschale stand, in der sich Kerzen befanden, deren Flammen den Tee warmhielten. Auf einem Tisch entdeckte ich eine Silberkanne. In ihr befand sich bestimmt Kaffee.
»Also, Rita, reiß dich zusammen. Denke einfach, daß hier unten eine Bühne ist und du den großen Auftritt hast.«
»Hoffentlich vergesse ich meinen Text nicht.«
»Ahhhh - wie schön, daß Sie kommen«, schallte uns Floras Stimme entgegen, wobei ihre drei Freundinnen lächelten wie alte Mumien. »Ich finde eine nachmittägliche Tee-und Kaffeestunde einfach herrlich. Eine wunderschöne Tradition, die wir uns immer bewahren sollten.«
»Da haben Sie recht.«
Wir waren am Fuß der Treppe stehengeblieben. Ich erkundigte mich, wo wir uns hinsetzen durften.
»Nehmen Sie doch bitte auf dem Sofa Platz«, schlug Flora vor. Keine schlechte Lage für sie, denn das Sofa stand sehr günstig. Die vier Frauen hatten uns im Blickfeld, wenn wir dort hockten und Konversation machen sollten, wonach mir überhaupt nicht der Sinn stand. Dennoch machte ich gute Miene zum bösen Spiel, nahm Ritas Arm und führte sie an die besagte Stelle.
Erica erhob sich. Mit beiden
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