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Das 5-Minuten-Grauen

Das 5-Minuten-Grauen

Titel: Das 5-Minuten-Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Hänen strich sie ihr Kleid glatt. »Möchten Sie beide Kaffee?«
    »Gern.«
    Sie schenkte ein, lächelte uns dabei von unten herauf an, und ich hatte das Gefühl, von einer Schlange beobachten zu werden. Die anderen drei Frauen saßen regungslos.
    Das Sofa hatte zwar bequem ausgesehen, dem war aber nicht so, denn von unten her stießen Sprungfedern in die Höhe und drückten gegen unsere Hinterteile.
    »Ich hoffe, er mundet Ihnen«, sagte Erica, als sie sich zurückzog.
    »Haben Sic ihn aufgebrüht?«
    »Ja.«
    Erica schmolz fast zusammen. Ihr Blick, den sie mir zuwarf, versprach den siebten Himmel auf Erden. Allerdings konnte ich auf ihn gut verzichten.
    Wir probierten gemeinsam. Das Zeug war heiß und verflucht stark. Ich verzichtete nicht auf Zucker und ließ auch Milch in die Brühe hineinfließen. Als ich sie umrührte, bekam sie eine wunderschöne goldbraune Farbe. »Ja, er ist gut«, lobte ich nach dem zweiten Schluck, stieß Rita leicht an, die das Zeichen verstand, denn auch sie lobte den Kaffee.
    Gebäckstand in der Nähe, das rührten wir beide vorerst nicht an. Ich lehnte mich zurück und dachte daran, daß mir die Gesichter mit den künstlichen Lächeln allmählich auf die Nerven gingen. »Er ist auch deshalb so gut, weil er mir den anderen Geschmack aus dem Hals spült.«
    Mit dieser Bemerkung hatte ich die vier Frauen überfordert. Sie schauten sich an, bis Clara eine Frage stellte.
    Sie drückte ihren Kopf dabei vor wie ein Geier. »Welchen anderen Geschmack?«
    »Den des Moders!«
    Ich hatte die Worte bewußt laut und sehr deutlich ausgesprochen. Neben mir zuckte Rita. Sie legt ihre Handflächen eng zusammen und wirkte sehr verkrampft.
    Die Frauen starrten sich an.
    Erica lächelte nicht mehr. Bei Clara warf die Stirn Falten, und Georgettes Augenbrauen schauten über die Ränder ihrer Brille hinweg. Auf meine Bemerkung kam von Flora keine Reaktion. »Darf ich fragen, wie sie das meinen, Monsieur John?«
    »Gern. Sie haben mir ein Zimmer angewiesen, in dem es tatsächlich nach Moder riecht.«
    »Das kann ich mit nicht vorstellen.« Flora tat plötzlich pikiert.
    »Es stimmt aber.«
    »Haben Sie mal gelüftet?« erkundigte sich Clara. »Möglicherweise ist es nur ein Geruch, der von unseren alten Möbeln ausgeht oder vom Stoff der Gardinen und Vorhänge.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, Ladies, den Geruch kenne ich. Aber auch den Moder.«
    »Woher?«
    »Ich habe mich oft genug auf Friedhöfen aufgehalten. Da kann man seine Erfahrungen sammeln.«
    »Nein!« rief Georgette, hob beide Arme, bevor sie in die Hände klatschte. »So etwas habe ich noch nie gehört. Das kann nicht stimmen, Monsieur John. Auch wir haben des öfteren Friedhöfe besucht. Ich gebe zu, der Geruch ist dort nicht gerade angenehm, aber nach Moder riecht es auf den Friedhöfen nicht. Wohl nach verfaultem Laub oder nach altem Blumenschmuck, das gebe ich gern zu.«
    Die anderen nickten.
    »Ich bleibe dabei!« erklärte ich.
    Flora sprach wieder. »Hat denn ihre Bekannte das gleiche gerochen?«
    Da Rita direckt angesprochen war, gab sie auch die Antwort. »Und wie. John hat recht. Das riecht nicht nur nach Moder, daß ist sogar ein widerlicher Gestank.«
    Die vor uns sitzenden Frauen gehörten zu den besten Schauspielern. Der Reihe nach schauten sie sich an, und Flora schütelte als erste den Kopf. Die restlichen drei taten es ihr nach, bis Flora fragte: »Möchten Sie vielleicht ein anderes Zimmer haben? Es stehen noch genügend zur Auswahl. Bitte, wir…«
    »Auf keine Fall!«
    »Aber Monsieur John!« rief sie. »Wenn es dort doch riecht.«
    »Damit müssen wir eben leben.«
    »Ich kann es mir nicht vorstellen, unsere Freundinnen auch nicht. Wie sollte dieser Gestank entstanden sein?«
    »Durch Tote!«
    »Wie?« Sie beugte sich vor und legte eine Hand gegen ihr linkes Ohr.
    »Was sagten Sie?«
    »Durch Tote — Leichen, wenn Sie verstehen, Flora.«
    »Nein!« erklärte sie entschieden.
    »Dann durch Reste der Leichen, die längt vermodert und möglicherweise zu einer schwarzen Masse geworden sind.« Diesen Versuchsballon hatte ich einfach abschießen müssen, weil ich ungemein gespannt auf die Reaktion der Frauen war.
    »Schlamm?« echote Flora.
    »So ist es.«
    Sie bewegte ihren Mund, ohne etws zu sagen. Auch ihre Freundinnen sprachen nicht. Aber die Gesichter hatten sich verändert. Besonders die Augen. Zu ihnen war Mißtrauen eingekehrt. Selbst Erica, der alternde Vamp, schaute mich anders an.
    »Wie kommen Sie auf Schlamm?«

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