DAS 5. OPFER
sie sich aus dem Mustang und gingen in das Büro des Motels, wo sie auf einen Summer drückten und darauf warteten, dass ein grauhaariger alter Mann durch den Türeingang hinter der Rezeption trat. Er beäugte sie misstrauisch.
»Ja?« Er trug braune Polyesterhosen und einen erbsengrünen Pullover, der mit Flecken bedeckt war. Seine falschen Zähne rutschten und klapperten, als er sprach. Reggie konnte einen schwachen Uringeruch ausmachen, der generell aus seiner Richtung kam.
»Ich suche nach meiner Mutter. Sie wohnt hier. Vera Dufrane.«
Der alte Mann schwieg und sah jeden einzelnen von ihnen mit trübem Blick an. Er spielte mit seinen Zähnen, schob sie mit seiner Zunge nach vorn, über seine Lippen, nach draußen und saugte sie dann wieder an ihren Platz.
»Das sind meine Cousins und meine Cousine«, fuhr Reggie fort. »Wir müssen sie dringend finden. Es hat einen Todesfall in der Familie gegeben.«
Zahnprothese langte unter die Theke und holte einen Schlüssel hervor, den er auf die Resopal-Rezeption knallte.
»Ihr könnt reingehen und ihre Sachen ausräumen. Was ihr nicht mitnehmt, kommt morgen in den Müllcontainer. Sie ist zwei Wochen im Rückstand. Sie ist seit fünf Jahren immer mal wieder hier gewesen und hat nie auch nur eine Woche lang die Miete nicht gezahlt.
Hat letzte Woche angerufen und sich mehrfach entschuldigt, sagte, dass sie kommen und die Rechnung begleichen und das Zimmer ausräumen würde, ist aber nie aufgetaucht. Gestern erschien ein Detective und verlangte, in ihr Zimmer gelassen zu werden. Das ist das Letzte, was ich brauche, dass die Cops hier rumschnüffeln – ist schlecht fürs Geschäft.« Er schob seine Zähne heraus, saugte sie dann wieder ein – sein eigenes spezielles Satzzeichen, um zu zeigen, dass er alles gesagt hatte.
Reggie nahm den Schlüssel, der an einem orangen Anhängeschild mit der Nummer 8 befestigt war. Auf dem Anhängeschild klebte so etwas wie Industrie-Vaseline, und Reggie wurde klar, dass sie von den Händen des alten Mannes stammen musste. Sie wischte das orange Anhängeschild an ihrer Jeans ab, bedankte sich bei dem Mann und ging den anderen voran aus dem Büro. Im Türeingang blieb sie stehen, um eine letzte Frage zu stellen.
»Sie wird heiraten, wissen Sie, meine Mom. Haben Sie den Typen jemals getroffen?«
Die Zähne wurden nach vorne geschoben, vorbei an seinen aufgesprungenen, gelben Lippen, als der alte Mann lachte. Reggies Gesicht rötete sich, ihr linkes Ohr brannte und sie blickte zu Boden.
»Da gibt es jede Menge Männer«, keuchte er und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. »Es ist schwer, da den Überblick zu behalten, wenn du weißt, was ich meine. Und wir haben jede Menge Bewohner. Ich kann mich nicht über jedes Kommen und Gehen auf dem Laufenden halten. Ich kann nicht einmal mit Sicherheit sagen, wann Vera das letzte Mal hier war.«
»Aber in den letzten paar Wochen? War da irgendjemand Besonderes hier?«
Zahnprothese schien darüber nachzudenken.
»Nein. Die letzten paar Male, als ich sie sah, war sie alleine. Ein paar Mal war ein helles Auto vor ihrer Tür geparkt. Das ist alles, was ich dir sagen kann.«
Reggie nickte zum Dank, sagte, sie würde den Schlüssel abgeben, wenn sie fertig waren.
ES STELLTE SICH HERAUS, DASS Reggie den Schlüssel gar nicht brauchte – die Tür war unverschlossen. Sie klopfte zuerst, nur für alle Fälle, hielt dann den Atem an und drückte die Tür auf.
Zimmer 8 war zerlegt worden. Nicht im Sinne von ungepflegt, sondern so, als wäre ein Zyklon hindurchgefahren. Überall lagen Kleider. Schubladen waren herausgezogen und auf den Boden geworfen worden. Zerbrochene Flaschen mit Parfum, Gin, Brandy und Bier. Die Matratze lag auf dem Boden. Der einzige Sessel im Raum war umgestoßen und ausgeweidet worden, Schaumgummipolsterung quoll hervor. Reggies erster Gedanke war, dass das unmöglich das Zimmer ihrer Mutter sein konnte. Doch dann fiel ihr Blick auf einen einzelnen fleckigen weißen Lederhandschuh, der in dem Durcheinander lag. Und der Geruch des Parfums war unverwechselbar: Tabu.
»Herrgott!«, rief Tara aus. Sie trat hinein, ging in die Mitte des Zimmers, schloss ihre Augen und atmete tief durch. »Etwas Furchtbares ist hier passiert«, sagte Tara.
»Um Gottes willen«, sagte Charlie. »Kannst du mal deine hellseherische Antenne einfahren?«
»Lass sie ihr Ding machen«, sagte Sid. »Vielleicht wird sie … ich weiß nicht, irgendwas Nützliches auffangen.«
Reggie tat es augenblicklich
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