DAS 5. OPFER
noch.« Sie zog die Schranktür auf und enthüllte ihre 1980er Kleidung, die noch auf den Bügeln hing. »Lorraine hat sich von nichts getrennt. Ich bezweifle, dass sie jemals auch nur hier hereingekommen ist, nachdem ich gegangen war.«
»Gott, hat das Sweatshirt Schulterpolster? Du könntest wahrscheinlich auf eBay gutes Geld mit diesem Zeug verdienen«, sagte Charlie.
»Du bist witzig. Kannst du mir mal helfen?«, sagte Reggie, schob den Schraubenzieher zwischen Schieberahmen und Fensterbrett und fing an, es aufzustemmen. Sie konnte praktisch Georges Stimme in ihrem Kopf hören: Es gibt für jede Arbeit das richtige Werkzeug. Halt die Klappe, George.
Charlie schob das Fenster nach oben, während Reggie es von unten aufstemmte, und schließlich gab es nach und öffnete sich für sie.
»Luft!«, sagte Reggie erfreut und atmete tief den Herbst ein.
Reggie ließ das Fenster einen Spalt auf, schmiss sich auf das Bett und fing an, den Inhalt der Erinnerungskiste, den sie auf der verkrumpelten Steppdecke verteilt hatte, genau zu studieren. »Ich habe all dieses Zeug aufgehoben, nachdem meine Mom verschwunden war. Tatsächlich nichts allzu Nützliches. Streichholzmäppchen, die sie mir aus Restaurants und Bars mitgebracht hatte, kleine Notizen, die sie hinterlassen hatte, eine Abbildung von Vera als das Aphrodite-Cold-Cream-Mädchen …«
»Hübscher Vogel«, sagte Charlie und hob den kleinen geschnitzten Holzschwan hoch.
»Onkel George hat ihn für meine Mom gemacht. Er hat ihn ihr geschenkt, kurz bevor sie verschwunden ist.«
»Was ist das?«, sagte Charlie und hob das ausgeschnittene Bild von Ganesha, dem elefantenköpfigen Gott, hoch.
»Nichts«, sagte Reggie. »Es ist dumm, wirklich. Ich habe das ausgeschnitten, als ich ein Kind war. Es hat mich an meinen Vater erinnert.«
»Deinen Vater?«
»Oder wie ich mir vorstellte, wie mein Vater sein könnte. Meine Mom nannte ihn Stoßzahn. Es war eine Art familieninterner Witz, aber es war alles, was ich hatte.«
Reggie langte in die Zigarrenkiste und zog den Ring hervor, den sie gestern Abend dort hineingetan hatte, und zeigte ihn Charlie. »Ein Ehering, denke ich. Meine Mutter hatte ihn in ihrer Manteltasche, als ich sie in Worcester abholte. Sieh dir die Gravur an.«
Charlie hielt den Ring hoch, damit er sie lesen konnte. »Warte mal. Ist das nicht …«
»Der Tag, an dem Veras Hand auf den Stufen der Polizeiwache auftauchte.«
Charlie atmete auf. »Aber was bedeutet es?«, fragte er.
Er mochte wie sein Dad aussehen, aber er hatte ganz sicher nicht die Kombinationsgabe vom alten Yogi.
»Wahrscheinlich das, was wir immer vermutet haben – dass, wenn wir den Kerl finden, den Mom heiraten wollte, wir unseren Mörder haben.«
»Und, hast du irgendwelche neuen Spuren gefunden, die darauf hindeuten, wer Mr Right sein könnte?«
»Eine neue Spur ist es nicht direkt«, gab Reggie zu. »Es ist vielmehr so, dass ich einen neuen Blick auf eine alte geworfen habe.«
Charlie nickte. »Erzähl es mir.«
Reggie griff unter ihre Matratze und zog Taras Ausgabe von Neptuns Hände hervor.
»Sieh mal. Tara hat ein paar Stellen mit einem lilafarbenen Stift unterstrichen. Ich habe einen lilafarbenen Stift auf ihrem Nachttisch gefunden, in dem Zimmer, in dem sie gewohnt hat, was mich denken lässt, dass sie das vor Kurzem erst gemacht hat. Jedenfalls … war eine der Sachen, die sie unterstrichen hat, die Stelle über einen der Verdächtigen, diesen Kerl namens James Jacovich. Der Name kam mir nicht bekannt vor, aber hör dir das an.« Sie blickte auf die Stelle und las laut: »Jacovich war, Berichten zufolge, einer von Vera Dufranes Immer-mal-wieder-Freunden. Er war ein kleiner Drogenhändler, der Rabbit genannt wurde.«
»Okay«, sagte Charlie und hob fragend seine Augenbrauen.
»Meine Mom hat viel von ihm geredet. Sie erzählte mir, er wäre ein Regisseur, dass er alle diese Beziehungen hätte. Sie hatte seit Jahren etwas mit ihm. Sie sagte, er wäre ein Genie, aber halb verrückt und jähzornig.«
»Hast du ihn jemals getroffen?«
Reggie schüttelte den Kopf, blickte dann wieder auf das Buch hinab. »Hier steht, dass sie ihn zwei Tage, nachdem ihre Hand gefunden worden war, abholten und wegen Fahrens unter Alkoholeinfluss verhafteten. Weißt du, warum die Cops ihn überhaupt angehalten haben?«, fragte Reggie und hörte die Aufregung in ihrer eigenen Stimme.
»Warum?«
»Wegen eines kaputten Rücklichts. Er hatte einen braunen Impala mit einem eingeschlagenen
Weitere Kostenlose Bücher