DAS 5. OPFER
gegeben, aber jetzt vermasselte Len das.
»Nein«, sagte sie. »Nichts hat sich verändert. Ich war einfach nur wahnsinnig mit meinem neuen Projekt beschäftigt. Es tut mir leid, wie ich mich verhalten habe, Len. Und wir können bald darüber reden. Ich schaffe es nur heute nicht. Das ist auch der Grund, warum ich angerufen habe. Um dich wissen zu lassen, dass ich auf dem Weg aus der Stadt bin.«
Len schwieg einen Moment lang und Reggie hörte einen der Restaurantgäste lachen. »Geschäftlich oder zum Vergnügen?«, fragte Len schließlich, mit knappen Worten. Sie stellte sich seine gefurchte Stirn vor, wünschte, sie könnte ihre Finger auf seine Stirn legen und die Falten glätten.
Reggie biss sich auf die Lippe. Sie sehnte sich danach, ihm die Wahrheit zu sagen, aber wie sollte sie auch nur damit anfangen?
Erinnerst du dich an meine Mutter, die 1985 das letzte Opfer eines Serienmörders gewesen sein soll? Nun, stell dir vor, es stellt sich heraus, dass sie am Leben ist, und ich bin auf dem Weg zu ihr, um sie abzuholen und nach Hause zu bringen.
»Geschäftlich. Gar nichts Spaßiges. Ich bin tatsächlich auf dem Weg nach Worcester in Massachusetts. Ich fahre hin, um mir eine Baustelle anzusehen, um jemandem einen Gefallen zu tun.«
»Du Arme«, sagte er, seine Stimme war wieder ein leises Schnurren. »Wann wirst du zurück sein?«
»Ich bin nicht sicher. In ein paar Tagen vielleicht. Hängt davon ab, wie es läuft. Ich werde dich anrufen, wenn ich wieder zu Hause bin.«
»Wir werden das Picknick dann nachholen«, sagte er. »Und über die Dinge reden.«
»Auf jeden Fall.«
Sie legte auf und fühlte sich mies, weil sie gelogen hatte, aber sie wusste, dass sie noch nicht bereit war, ihm von dem Anruf ihrer Tante zu erzählen. Sie versprach sich selbst, dass sie Len anrufen und ihm die Wahrheit sagen würde, sobald sie ein besseres Gefühl für die Situation hatte. Wenn sie die Dinge erst einmal einschätzen konnte und sich einen Plan ausgedacht hatte, würde sie Len alles erzählen.
SIE BRAUCHTE NICHT LANGE, um zu packen. Sie war das Reisen gewöhnt und hatte ihr Packen perfektioniert, sodass sie bis zu zwei Wochen aus einem kleinen Handgepäckkoffer und einer Umhängetasche leben konnte. Die Regel für ihre Reisegarderobe war, dass alle Teile zusammenpassten und leicht im Waschbecken eines Hotels ausgewaschen werden konnten.
Sie überquerte die Brücke zu ihrem Büro, steckte ihr MacBook Pro in ihre lederne Schultertasche, packte dann ihr Skizzenbuch und Stifte, Brille und Karteikarten dazu. Während sie packte, fiel ihr Blick auf das Horoskopchart, das an ihre Pinnwand gepinnt war. Len hatte es ihr vor ein paar Monaten geschenkt.
»Stell es dir als eine Landkarte des Himmels zur genauen Zeit und vom Ort deiner Geburt vor«, hatte Len erklärt. »Diese zentrale Linie repräsentiert den Horizont.«
Reggie hatte genickt und das Diagramm betrachtet, einen Computerausdruck, den Len mit irgendeinem Astrologieprogramm generiert hatte – drei Ringe, die sie an eine Zeichnung von Erdkern, Mantel und Kruste erinnerten. Der äußerste Ring enthielt die Symbole der zwölf Sternkreiszeichen; der mittlere Ring war in zwölf Kuchenstücke geteilt, die Häuser, wie Len erklärt hatte. Reggie gefiel das natürlich. Und verteilt über die Häuser waren nicht entzifferbare Hieroglyphen und Zahlen. »Die Planeten«, hatte Len erläutert, »und ihre Stellung in jedem Zeichen.«
»Die Zeichen, in denen sich deine Planeten befinden, sind deine innere Realität, aber die Häuser sind die Filter, durch die du diese Realität in die Außenwelt überträgst«, hatte Len gesagt.
»Aha«, hatte Reggie gesagt und war mit jeder Sekunde skeptischer geworden. Sie hatte entschieden, wieder dazu zurückzukehren, zu versuchen, es als eine Art Landkarte zu betrachten.
Der Kreis im Zentrum des Charts war voller farbiger Linien, die Muster wie von einem Spiralzeichner bildeten.
»Was ist das?«, hatte sie gefragt und darauf gedeutet.
»Deine Aspekte. Sie zeigen, wie die Planeten in deinem Chart zueinander stehen. Sieh mal hier.« Er zeigte auf eine Linie ganz oben. »Du hast ein Sonne-Mond-Quadrat. Die Sonne repräsentiert dein intellektuelles Selbst, und der Mond ist dein emotionales Selbst, und das Quadrat ist ein dynamischer, spannungsreicher Aspekt. Im Grunde stehen diese beiden Teile deines Selbst in ständigem Konflikt miteinander. Es ist kein Wunder, dass du solche Probleme mit Gefühlen hast.«
Sie hatte mit den Augen
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