Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DAS 5. OPFER

DAS 5. OPFER

Titel: DAS 5. OPFER Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
Vom Netzwerk:
gerollt.
    »Und hier«, Len hatte auf ein komisches kleines Zeichen mit einem Pfeil gleich über der Horizontlinie gezeigt. »Dein Aszendent ist Schütze. Das macht dich so aufrichtig – du machst den Leuten nichts vor, du sagst es, wie es ist, selbst wenn es nicht das ist, was sie hören wollen.«
    Obwohl sie unmöglich glauben konnte, dass die Stellung der Planeten zur Zeit ihrer Geburt einen Einfluss darauf haben konnte, wie ihr Leben sich entwickelte, musste sie zugeben, dass das Design des Charts – die konzentrischen Kreise, die Zickzacklinien, die unverständlichen Symbole – sie fesselte. Dann war ihr Blick an einem kleinen blauen Dreizack gleich über der Horizontlinie neben dem Schütze-Symbol hängengeblieben.
    »Was ist das?«, hatte sie gefragt und versucht, beiläufig zu klingen, während sie mit zitterndem Finger darauf deutete.
    »Hm? Oh, das ist Neptun. Du hast Neptun im zwölften Haus«, hatte Len gesagt. Plötzlich hatte ihr Herz in ihrer Brust gehämmert und ihr Mund war trocken gewesen. »Das macht dich so intuitiv. Du bist in Kontakt mit den Kräften deines Unterbewusstseins. Neptun im zwölften Haus ist die klassische Platzierung für große Künstler. Und für gequälte Seelen.«
    Als sie nun alleine in ihrem Büro stand, streckte Reggie die Hand aus und berührte den kleinen Dreizack, bedeckte ihn mit ihrem Zeigefinger. Dann drehte sie sich wieder zu ihrer offenen Tasche um und warf ihr Mobiltelefon und das Ladegerät hinein, sah sich im Büro um und griff nach den Handskizzen, die sie für ihr neuestes Projekt angefertigt hatte: ein kleines, transportables Haus, das sie Nautilus genannt hatte. Es stand für die ultimative Freiheit: die Fähigkeit, ein Haus zu haben, dass mitkam, wohin auch immer das Leben einen trug.
    »Da ist eine Sache, die ich mir schwer vorstellen kann«, hatte Len ihr gesagt, als er das erste Mal die gerundeten, schneckenhausförmigen Zeichnungen gesehen hatte. »Wie willst du da Räder anbringen? Ich meine, muss es mobil sein? Dieses Design sieht aus, als würde es feststehend an einem Ort besser funktionieren.«
    »Weil es im Leben um Bewegung geht«, hatte sie gesagt.
    »Bewegung?«
    »Unsere Vorfahren«, sagte Reggie, »waren Jäger und Sammler. Sie bewegten sich dorthin, wo die Nahrung war. Sie entfernten sich von schlechtem Wetter und Gefahr. Sie streiften umher. Dieser uralte Instinkt ist irgendwo tief in uns noch lebendig.«
    »Aber steht ein Haus nicht für die ultimative Stabilität?«, hatte er gefragt. »Ist es nicht auch Teil unseres Instinkts, an einem Ort Unterschlupf zu finden? Wurzeln zu schlagen?«
    »Wir sind keine Bäume«, hatte Reggie ablehnend gesagt, seinen Mund mit ihrem bedeckt, ihn ein bisschen zu grob geküsst. Seine Bartstoppeln zerkratzten ihr Gesicht. Sein Mund schmeckte säuerlich.
    Verdammt. Sie musste sich konzentrieren. Musste ihre Taschen packen, sich auf den Weg nach Worcester machen und aufhören zuzulassen, dass Gedanken an Len immer wieder in ihren Kopf krochen.
    Als sie fertig gepackt hatte, machte sie sich daran, das Büro zu verlassen, wandte sich dann noch einmal um und öffnete die oberste Schublade ihres Schreibtisches. Ihre Finger fanden die alte Silberkette und zogen sie heraus. Daran hing, an ihrem Ende baumelnd, Taras Sanduhr. Reggie drehte sie um, sah zu, wie der rosafarbene Sand auslief.
    Du hast eine Minute …
    Dann öffnete sie den Verschluss und legte die Kette um, versteckte sie unter ihrem Shirt, wo sie kühl auf ihrer Brust ruhte.
    REGGIE TIPPTE DIE ADRESSE DES KRANKENHAUSES in ihr GPS ein, navigierte über die unbefestigten Straßen, passierte Schneemobil-Wege und Jagdcamps, dann kam sie auf Asphaltstraßen. Sie bog nach links auf die Route 6 ein, fuhr am Rathaus von Rockland vorbei, der Christus-der-Erlöser-Kirche und dann dem Hungry-Minds-Café – der Parkplatz war voller Autos, die zur Frühstücksstoßzeit da waren. Sie sah Lens alten Pickup und dachte daran, anzuhalten, wollte sich aber nicht zu lange aufhalten lassen. Sie dachte erneut daran, ihm den wahren Grund für ihren Ausflug nach Worcester zu sagen, sah sein ernsthaftes Gesicht voller Sorge vor sich, und stellte sich vor, dass er vermutlich darauf bestehen würde, mit ihr zu gehen. Doch dies war etwas, dass sie alleine machen musste.
    Sie hatte so gut wie niemandem von ihrer Mutter und Neptun erzählt. Weder Freunden, noch Kollegen oder Zufallsbekanntschaften. Len war der einzige, der es wusste. Len und alle in Brighton Falls. Was einer der

Weitere Kostenlose Bücher