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DAS 5. OPFER

DAS 5. OPFER

Titel: DAS 5. OPFER Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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meine gespaltenen Hufe hervorholen.«
    »Wie spät ist es?«, stöhnte Reggie, sah blinzelnd auf die roten Ziffern ihrer Digitaluhr – 2.15 h. Manchmal gingen die Proben lange, dann ging Vera danach mit dem Ensemble und der Crew etwas trinken. Oft verbrachte sie die Nacht auf irgendjemandes Couch oder in Rabbits Loft.
    Reggie berührte die Narben und Metallknöpfe an der Seite ihres Kopfes. Sie hatte ihr Ohr abgenommen und es in die Schublade ihres Nachttisches gelegt, da sie nicht schlafen konnte, wenn sie es trug. Die zwei Titanstellen erinnerten sie an die Unterseite einer Batterie. Als wäre sie ein Roboter, der angeschlossen und aufgeladen werden musste.
    »Ich habe ein Geheimnis«, sagte Vera und strich sanft über Reggies Stirn. »Willst du es hören?«
    Veras Stimme war hell und hüpfte, wie der Flummi eines Kindes.
    »Mmh«, sagte Reggie und bemühte sich, ihre Augen offen zu halten. Die Batterie war leer. »Müder Roboter«, murmelte Reggie.
    »Ich habe jemanden getroffen. Jemand Besonderen. Ich denke, er könnte der Eine sein.« Sie sagte das, wie sie die Namen von berühmten Leuten aussprach, in einem aufgeregten Flüsterton.
    »Schön, Mom«, sagte Reggie und schloss ihre Augen.
    Reggie begann einzudösen. Sie hörte nur ein paar Worte von dem, was ihre Mutter sagte: wichtig, zwei Häuser, das sauberste Auto, das du jemals gesehen hast.
    »Aber was ist mit Rabbit?«, fragte Reggie, kämpfte darum, wach zu bleiben, um zu verstehen, was ihre Mutter sagte. Vera klang so aufgeregt, so glücklich. Reggie wollte daran teilhaben.
    »Er ist nicht mehr aktuell«, sagte Vera.
    Reggie bezweifelte das. Rabbit war immer aktuell, selbst wenn er im Augenblick weit hinten stand. Vera ging mit jeder Menge anderer Männer aus, aber Reggie wusste nicht viel über sie. Da war Sal, der Berufsfotograf war und der Richtige sein könnte, um ihr Comeback als Model in Gang zu bringen; ein Mann namens Jimmy, der in einem Restaurant arbeitete; und hin und wieder fuhr ein gutaussehender junger Mann in einem VW-Bus in ihre Einfahrt und hupte zweimal nach ihr. Reggie kannte seinen echten Namen nicht, aber sie nannte ihn Mr Hollywood, weil Vera sagte, dass er ein Statist in ein paar Blockbuster-Filmen gewesen war – sie hatte Reggie versprochen, dass sie eines Tages die Videos ausleihen und sich zusammen ansehen würden.
    »Es ist jemand Neues«, sagte Vera.
    »Mm«, sagte Reggie dösend.
    »Das ist der Mann, der alles verändern wird«, sagte Vera. »Ich kann es fühlen.«
    Reggie träumte von Maschinen. Von Zahnrädern und Rädern und Batterien. Dingen, die klickten und knallten und nach Schmiere und elektrischer Ladung rochen.
    Als sie aufwachte, war es nach zehn. »Mist«, murmelte sie, als ihr klar wurde, dass es bereits zu spät war, um Charlie und Tara in der Innenstadt zu treffen.
    Ihre Mutter war weg. Die einzige Spur, die sie hinterlassen hatte, war verschmierter Lippenstift auf dem Kissen.
    Reggie setzte sich auf, ließ ihr Ohr an seinem Platz einrasten und öffnete den Schrank. Die Kleider, die ihre Mutter für sie gekauft hatte, waren alle auf eine Seite geschoben – Röcke und Kleider, Designerjeans, enge Fallschirmhosen aus Nylon, Shirts, deren Ausschnitt zu tief war. Sie hatte nie den Mut gehabt, Nein zu ihrer Mutter zu sagen, wenn sie unterwegs waren zum Einkaufen und Vera ein Outfit nach dem anderen hochhielt und sagte: »Das wäre süß.«
    Wäre. Wenn du ein anderes Mädchen wärst.
    Reggie überging diese Kleidungsstücke und hielt sich an die alte Standardgarderobe: Levis und ein ausgebleichtes T-Shirt, das Lorraine ihr gekauft hatte.
    Sie zog sich schnell an, überprüfte ihren neuen Haarschnitt und das Ohr im Spiegel und ging in die Küche. Lorraine war dort und butterte dünn eine Scheibe Weizentoast. Das aß sie jeden Morgen zum Frühstück – schwachen Tee und fast trockenen Toast.
    »Ist Mom schon auf?«, fragte Reggie.
    Lorraine schüttelte den Kopf, kräuselte ihre Lippen. »Ich habe sie letzte Nacht heimkommen gehört.«
    Reggie öffnete den Kühlschrank, griff nach dem Orangensaft und goss sich ein Glas ein.
    »Du solltest wirklich anfangen, deine Tür abzuschließen«, sagte Lorraine.
    »Hm?« Reggie schloss den Kühlschrank und drehte sich zu ihrer Tante um. Lorraines Haare waren grau, seit Reggie sich erinnern konnte, und sie trug sie zurückgenommen in einem straffen Knoten. Sie hatte spitze, vogelartige Gesichtszüge, trübe blaue Augen und dünne Lippen, die immer aufgesprungen und rissig zu

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