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DAS 5. OPFER

DAS 5. OPFER

Titel: DAS 5. OPFER Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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gearbeitet, als ich zwölf war«, sagte Lorraine.
    »Das war, bevor es die Gesetze zur Kinderarbeit gab«, schoss Tara zurück. »Im finsteren Mittelalter«, ergänzte sie und wischte oranges Käsepulver auf ihre schwarze Jeans, während sie Reggie einen verschwörerischen Blick zuwarf.
    »Ich denke, dass es nicht gut für junge Leute ist, zu faulenzen«, sagte Lorraine.
    »Wir werden nicht faulenzen. Wir werden das Baumhaus fertigstellen«, sagte Reggie. »Und ich werde wahrscheinlich Charlie beim Rasenmähen helfen«, fügte Reggie hinzu. Charlie schnitt das Gras in ihrer Nachbarschaft, seit seine Mom gestorben war. Er verdiente gutes Geld und war immer auf der Suche nach Unterstützung.
    »Sprich für dich selbst, Dufrane«, sagte Tara. »Ich habe vor, so faul wie möglich zu sein. Herumzuliegen. Bonbons zu essen. An meiner Bräune zu arbeiten.«
    Reggie lachte. Der Gedanke, dass Tara ein Sonnenbad nahm, war bizarr. Reggie hatte sie noch nicht einmal mit kurzen Ärmeln gesehen. »Stirbst du nicht, wenn das Sonnenlicht dich trifft? Spontane Selbstverbrennung oder so etwas?«
    Tara lächelte. »Ich kann auch mein Spiegelbild nicht sehen. Und halte deine verdammten Kreuze von mir fern!«
    »Tara!«, blaffte Lorraine. »Das reicht jetzt.«
    »Entschuldigen Sie, Miss Dufrane«, sagte Tara in einem Singsang.
    Die Sechs-Uhr-Nachrichten fingen an, und der Aufmacher ließ sie alle den Atem anhalten, sich zum Fernseher und dem Nachrichtensprecher mit den perfekt sitzenden Haaren und dem kantigen Kinn vorbeugen, der hinter dem Nachrichtenpult saß.
    »Die Hand einer Frau ist vor ein paar Stunden auf den Vorderstufen der Polizeiwache von Brighton Falls entdeckt worden. Eine nicht identifizierte Quelle in der Polizeidirektion berichtet, dass die Hand in einem Milchkarton zurückgelassen wurde, der in braunes Papier eingewickelt war.«
    Reggie hatte das Gefühl, als würde sie in einen Film hinübergleiten und das wirkliche Leben hinter sich lassen.
    »Was zur Hölle …?«, sagte Tara, und Lorraine war zu geschockt, um sie wegen des Fluchens zu ermahnen.
    Reggie bewegte ruckartig und unwillkürlich ihr Bein, als hätte der Arzt mit einem Hammer auf ihr Knie geklopft. Ihr Körper fühlte sich zappelig und seltsam an, als würde er an unsichtbaren Fäden gezogen.
    Jetzt wurde ein Detective interviewt, aber er hatte nicht viel mehr zu sagen. Es war ein rotgesichtiger Mann mit einem buschigen Schnurrbart und einem grünen Sportmantel aus Polyester.
    »O mein Gott«, schrie Tara. »Das ist Charlies Dad!«
    »Ist er nicht«, sagte Reggie und bewegte sich näher an den Fernseher heran.
    »Regina, der Fernseher gehört nicht dir allein«, schalt Lorraine sie. »Du blockierst unsere Sicht.«
    Reggie ging zurück zur Couch.
    »Das ist er wohl, total«, sagte Tara. »Er ist jetzt irgendwie … berühmt.«
    »Haben Sie irgendeine Ahnung, wessen Hand das sein könnte?«, fragte der Nachrichtensprecher. »Oder ob sie von einer toten oder einer lebenden Person stammt?«
    »Ich fürchte, ich kann dazu im Augenblick kein Kommentar abgeben«, sagte der Detective mit dem buschigen Schnurrbart. Er bat jeden, der in der Innenstadt gewesen und eine Person mit einer braunen Papiertüte gesehen hatte, die Wache anzurufen. Reggie blickte auf sein Gesicht. Tara hatte recht. Es war Charlies Vater. Er sah fetter aus, verbrauchter und kartoffelartiger als in Natura. Doch andererseits hatte sie ihn in letzter Zeit nicht viel gesehen. Charlie lud sie heutzutage nicht mehr viel zu sich nach Hause ein, und wenn er es tat, war sein Dad immer bei der Arbeit.
    »Jesus Christus!«, sagte Tara, ihr Mund blieb offen und ihre Augen waren riesig und hungrig, leuchteten auf, wie sie es taten, wenn sie eins von ihren Ende-der-Welt-Spielen spielte.
    Lorraine glättete die Vorderseite ihrer fleckigen Fischerweste und schüttelte den Kopf, schloss dann für einen Moment die Augen, als würde sie sich etwas wünschen.
    Reggie hob die Hand und berührte ihr neues Ohr, zog es ab und befestigte es dann wieder mit einem befriedigenden, metallischen Klicken.

Auszug aus Neptuns Hände:
    Die wahre Geschichte der ungelösten Morde von Brighton Falls
    von Martha S. Paquette
    Officer Thomas Sparrow war der erste, der das Päckchen bemerkte, als er um ungefähr 11.45 Uhr von der Parade zurückkehrte. Es lag auf der obersten der Granitstufen, die zum Haupteingang der Polizeiwache von Brighton Falls hinaufführen. Es war ein schlichtes, mit einem Faden verschnürtes braunes

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