DAS 5. OPFER
war gerötet. »Ich meine, der Kerl hat ihr Hummer serviert! Er hat sich um sie gekümmert.«
»Er hat ihr die verdammte Hand abgeschnitten!«, schoss Charlie zurück.
»Aber er hat es vorsichtig gemacht«, sagte Tara und schloss ihre Augen. Sie umkreiste ihr eigenes rechtes Handgelenk mit ihrer linken Hand, ließ ihre Finger über den knubbligen Knochen ihres Handgelenks gleiten, dann die Sehnen auf der Rückseite ihrer Hand hinauf. »Liebevoll.« Sie klappte ihre Augen auf, erhob sich und lief langsam im Kreis; dann blieb sie direkt vor Charlie und Reggie stehen. Ihr ganzer Körper schien zu vibrieren, und sie konnte anscheinend nicht still halten. Reggie hatte sie noch nie so aufgeregt wegen irgendetwas gesehen.
»Das war nicht irgendein sabbernder Psycho mit einer Kettensäge in einer dreckigen Garage«, sagte Tara, ihre Stimme knarrend und dramatisch. »Dieser Kerl muss eine Aderpresse und richtige, chirurgische Instrumente benutzt haben. Er hat ihr Morphium verabreicht. Ich schätze, er kannte diese Dame. Er mochte sie.« Tara lächelte kläglich. »Vielleicht hat er sie auf seine kranke, schwärmerische Art sogar geliebt.«
Ihr Blick wanderte zu dem Stapel mit Brettspielen in der Ecke des Baumhauses. »Ich habe eine Idee«, sang sie und rannte praktisch zu den Spielen, schob Cluedo und Monopoly beiseite.
»Was tust du da, Tara?«, fragte Charlie.
Sie wandte sich ihnen wieder zu und hielt das Ouija-Brett in der Hand. »Wir müssen versuchen, mit ihr zu reden. Vielleicht kann sie uns sagen, wer der Mörder ist!«
»Du machst Witze, oder?«, sagte Charlie, seine braunen Augen traten praktisch aus seinem Kopf hervor.
»Komm schon, Reggie«, sagte Tara und holte das Brett heraus. »Mach du es mit mir.«
Reggie und Charlie hatten das Ouija-Brett einmal ausprobiert, als sie zehn waren – Charlie hatte nervös witzige Bemerkungen gemacht, während Reggie immer wieder: »Ist jemand dort?« gefragt und keine Antwort bekommen hatte. Schließlich waren ihre Hände müde geworden, und ihre Beine hatten vom zu langen Sitzen geprickelt, also hatten sie das Spiel weggepackt.
»Bitte!«, bettelte Tara. »Man braucht zwei Leute, damit das Spiel funktioniert.«
Reggie setzte sich Tara gegenüber, mit übereinandergeschlagenen Beinen, ihre Knie berührten Taras, das Brett lag auf beider Schoß. Sie legten ihre Finger leicht auf die herzförmige Plastikplanchette. Reggie betrachtete das Brett mit der Sonne in der oberen linken Ecke, dem Mond in der rechten, den zwei gewölbten Reihen von Buchstaben, dem Wort Auf Wiedersehen am unteren Ende.
»Wir rufen den Geist von Andrea McFerlin. Können Sie uns hören?«, fragte Tara, ihre Stimme war laut und oberlehrerinnenhaft. Das Kerzenlicht flackerte, ließ Taras Gesicht erglühen.
»Ihr solltet nicht mit Zeug wie einem Ouija-Brett herumspielen«, sagte Charlie. »Denkt daran, was mit dem Mädchen in Der Exorzist passiert ist.«
»Schsch!«, zischte Tara.
»Ich sage nur: Captain Howdy.«
»Würdest du bitte die Klappe halten?«, sagte Tara. »Du störst unsere Verbindung zur Geisterwelt.«
Charlie machte ein angewidertes, paffendes Geräusch und griff nach der Zeitung, wandte sich den Comics zu. Reggie blickte auf die Buchstaben auf dem Brett, starrte darauf, ohne zu blinzeln, bis alles verschwommen aussah.
»Wir möchten mit Andrea McFerlin sprechen«, wiederholte Tara, versuchte angemessen zu klingen, sprach mit dem, was wie ihr eigener Versuch eines englischen Akzents klang. Reggie fragte sich, ob Tara eine Szene aus irgendeinem Film nachspielte, den sie gesehen hatte.
»Es ist nicht, als würde man ein Ferngespräch führen«, schnaubte Charlie, ohne von der Zeitung aufzublicken.
Reggie dachte an Der Exorzist, fragte sich, ob man wirklich besessen werden konnte, wenn man ein Ouija-Brett benutzte. Was, wenn es wirklich war, als würde man eine Tür zur Geisterwelt öffnen und jeden alten Geist oder Dämon herein-bitten?
Doch diese Dinge hatte sich jemand ausgedacht. Es gab sie nur in Filmen. Andererseits klangen auch Mörder, die die Hände von Frauen abschnitten und sie mit Hummer fütterten, bevor sie sie erwürgten, als wären sie einem Hollywood-Blockbuster entsprungen.
Plötzlich bewegte sich die Planchette, sprang beinahe unter Reggies Fingern hervor. Ohne es zu wollen, stieß sie einen kleinen Schrei aus.
Sie wusste, dass Tara sie bewegen musste, doch gleichzeitig wollte sie glauben, dass es echt war. Reggies Atem ging schnell und flach, die Kerze
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