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DAS 5. OPFER

DAS 5. OPFER

Titel: DAS 5. OPFER Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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machte auch andere Sachen: hölzerne Schüsseln und Bücherregale. Er hatte sogar einen Schreibtisch für Reggie gemacht, und einen großen Spiegel für Vera.
    Die Bowlingbahn war dunkel und roch nach Politur und Desinfektionsmittel. Der rostrote Teppichboden war voller Flecken und Zigarettenlöcher. Bierreklametafeln erhellten den kleinen Lounge-Bereich am hinteren Ende, der, verglichen mit dem weit offenen, höhlenartigen Raum, in dem die zehn Bahnen sich befanden, beinahe gemütlich wirkte. Ihre Mom machte sich direkt auf den Weg zurück zur Bar und bestellte Getränke.
    Ein Mann in Anzughose und einem Hemd mit Kragen saß an der Bar und trank bedächtig ein Glas Bier. Er sagte etwas zu Vera, und sie legte ihren Kopf zurück und lachte. Sie kehrte mit einem Gin Tonic für sich selbst und Malzbier für Reggie und George zurück. Reggie fühlte sich in den steifen Schuhen unbehaglich und lief wie ein Pinguin, was Vera zum Lachen brachte.
    »Werden sie ihn erwischen, Mom?«, fragte Reggie.
    »Wen?«
    »Den Mann, der Andrea McFerlin getötet hat.«
    Vera nickte. »Natürlich werden sie das. Ein so scheußliches Verbrechen. Die Polizei wird nicht ruhen, bis er hinter Gittern sitzt.«
    Vera suchte für Reggie einen roten Ball aus und einen glänzenden, silbernen für sich selbst.
    »Du weißt, was du tun musst, Regina?«, fragte sie.
    Reggie zuckte die Achseln. Sie hatte nicht mehr gebowlt, seit sie zu einer Geburtstagsfeier hierhergekommen war, und da war sie neun gewesen.
    Vera stellte ihren Drink ab und zeigte Reggie, wie sie sich mit vier Schritten der Foullinie nähern, zurückpendeln und loslassen musste.
    »Lass die Kugel die Arbeit machen«, wies sie sie an.
    Reggies erste Versuche gingen in die Rinne, aber ihre Mutter und George applaudierten trotzdem. George trat an und landete mit seinem maßgefertigten Ball einen Treffer. Er bowlte in einem Verein und hatte allerlei Trophäen gewonnen.
    »Nicht schlecht, Georgie«, sagte Vera. »Gar nicht schlecht. Ich schätze, Entenmachen ist nicht dein einziges Talent.«
    Er lächelte sie an, schob seine Brille hoch. »Jeder hat mehr als ein Talent, Vera. Das weißt du.«
    »Weißt du«, sagte Vera, und nahm einen großen Schluck aus ihrem Glas, »ich bin ehrlich gesagt ein bisschen verletzt. All die Jahre hast du Stockenten und Schießenten gemacht …«
    »Spießenten«, unterbrach George.
    »Was war das?«
    »Die Enten heißen Spießenten«, sagte er und sah verlegen aus, als er da stand und seinen Ball festhielt.
    Reggie blickte auf den Boden und wünschte, George hätte ihre Mutter nicht korrigiert.
    »Ist das so?«, murmelte Vera, leerte ihren Drink, ließ das Eis klirren, lächelte ganz leicht. »Der Punkt ist, dass du mir niemals eine geschenkt hast.«
    George sah wahrhaftig verblüfft aus. »Ich hatte keine Ahnung, dass du gerne eine haben würdest.«
    »Natürlich. Ehrlich, George, manchmal frage ich mich, ob du mich überhaupt kennst.«
    George drehte sich um und machte seinen Wurf. Der Ball ging direkt durch die Mitte, drehte dann zur Seite ab und erwischte nur zwei Pins.
    »Verdammt«, murmelte er.
    Vera bestellte einen weiteren Drink an der Bar, sprach mit dem Typen im weißen Hemd, während sie wartete. Als sie zurückkehrte, zog sie ihre Lederhandschuhe aus und bowlte mit ihrer linken Hand, erzählte Reggie, dass sie wirklich viel besser gewesen war, als sie noch ihre rechte benutzen konnte. George pfiff und sagte: »Damals hättest du deine Mutter sehen sollen. Als sie noch in der Schule war, konnte sie jeden an die Wand bowlen. Sie war hier ein Star.«
    Vera bowlte auch mit ihrer linken Hand einen Treffer nach dem anderen, und Reggie fragte sich, wie viel besser sie noch sein könnte. Sie trug ein blassblaues Kleid und ein passendes Tuch, mit dem sie ihre Haare hochgebunden hatte. Reggie dachte, dass sie wie der Himmel aussah.
    Sie erwischte sich dabei, wie sie auf die vernarbte Hand ihrer Mutter starrte, und als Vera es bemerkte, hielt sie sie Reggie hin, bot sie als eine Art Beweis an.
    »Alle großen Helden haben einen Makel«, sagte sie zu Reggie, ihre Stimme war vom Gin gelockert, als sie die Hand ausstreckte, um Reggies neues Ohr zu berühren und ihre Finger kundig nach den Narben dahinter suchten. »Das ist eines der Dinge, die sie zu Helden machen.«
    Vera schlenderte zurück zur Bar. »Ich werde mir Nachschub holen gehen und kurz eine rauchen«, sagte sie. Sie stand neben dem Mann mit dem weißen Hemd und bestellte einen dritten Drink, während

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