DAS 5. OPFER
sie ihre Schachtel mit Winstons hervorzog.
Reggie war wieder aufgestanden und George stand neben ihr, gab ihr Tipps.
»Halt sie nicht so fest. So ist es besser. Entspann deine Arme. Jetzt geh in die Armbewegung«, sagte George. »Stell dir eine Linie zwischen dem Ball und dem vordersten Pin vor. Bowle gerade an dieser Linie entlang, als wäre es ein Pfeil.«
Sie ließ den Ball los, beobachtete, wie er genau in der Mitte entlangrollte und alle Pins umwarf, bis auf die beiden in der hinteren rechten Ecke.
»Gut gemacht!«, sagte George. Reggie drehte sich um, um zu sehen, ob ihre Mutter es gesehen hatte, aber die Bar war leer. Sie hatte ein komisches, nervöses Gefühl, das mit ihrem zu süßen Malzbier in ihrem Magen herumwirbelte. Reggie hörte dem Klacken und Schleifen der Ballausgabe zu und wartete. Als ihr Ball zurückkam, legte sie ihre Finger in die Löcher und stellte sich in Position.
»Versuch mal, ob du einen Spare hinkriegst, Reggie«, sagte George. »Stell dir diese Linie vor, die direkt zu diesen Pins führt.«
Reggie zielte auf die zwei verbliebenen Pins, doch der Ball drehte zu weit nach rechts ab und landete in der Rinne. Als sie sich umdrehte, sah sie, dass ihre Mutter noch nicht wieder zurück war. War sie vielleicht zur Damentoilette gegangen? Oder nach draußen, um etwas Luft zu schnappen?
George bowlte seinen Durchgang, sagte dann: »Deine Mutter ist dran.« Er blickte grimmig zu der leeren Bar hinüber. »Ich schätze, ich ergreife die Gelegenheit, zur Herrentoilette zu gehen. Wenn deine Mutter in einer Minute nicht wieder zurück ist, dann mach weiter und übernimm ihre Runde.«
»Aber ich werde ihr Ergebnis ruinieren!«, quietschte Reggie und fühlte sich unmittelbar danach wie eine Idiotin. Kein Grund, sich wie ein Baby zu benehmen, kein Grund auszuflippen.
George machte ein seltsames Geräusch – halb Grunzen, halb Seufzen – und ging davon.
Reggie lief zur Bar, mit einem engen Gefühl in der Brust. Dort war ein alter Kerl, der hinter der Theke Gläser polierte.
»Kann ich helfen?«, sagte er.
»Äh, ich suche nach meiner Mutter.«
Der Barkeeper zuckte die Achseln.
Reggie ging zur Hintertür und öffnete sie, blinzelte in das Licht der frühen Abendsonne. Ihre Mutter war nirgends zu sehen. Ein braunes Auto bog vom Parkplatz nach links auf die Flughafenstraße ab. Reggie konnte auf dem Vordersitz zwei Leute ausmachen, die eng zusammensaßen. Dann blickte sie nach unten und sah die Bowlingschuhe der Größe 39 links neben der Tür.
Sie fühlte eine Hand auf ihrer Schulter und wirbelte herum. »Wie wäre es, wenn wir beide zum Steakessen gingen?«, sagte George und zwang ein Lächeln zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hervor.
»Danke, aber ich bin nicht allzu hungrig.«
»Dann bringe ich dich nach Hause.« Seine Stimme war so leise, dass sie ihn kaum verstehen konnte, und plötzlich tat es ihr leid, dass sie zum Abendessen Nein gesagt hatte. »Um ehrlich zu sein, ist mir irgendwie auch der Appetit vergangen.«
Sie gaben die Schuhe zurück, sahen zu, wie Dix sie mit Desinfektionsspray besprühte und ins Regal stellte. George bezahlte, und sie gingen hinaus zu seinem Lieferwagen. George hatte sein eigenes Obst- und Gemüsegeschäft, versorgte Restaurants überall im Tal mit Gemüse und Früchten. Er war der einzige Mensch, den Reggie kannte, der sich für Rote Bete und gelbe Kohlrüben begeistern konnte.
»Schnall dich an«, sagte er mit einem Lächeln zu Reggie. Dann schob er eine Cassette ein und Johnny Cash fing an, »Ring of Fire« zu singen. George manövrierte den Lieferwagen vom Parkplatz. Er war ein vorsichtiger Fahrer, der nie die Geschwindigkeitsbegrenzung übertrat und immer ein Auge auf die Rückspiegel zu haben schien. Sein Lieferwagen war immer frisch gesaugt, das Armaturenbrett blitzte. Ein baumförmiger Lufterfrischer hing vom Rückspiegel. Die Rückseite des Lieferwagens war mit Aufklebern des Automobilclubs bedeckt, auf denen stand: IMMER SACHTE; EINS NACH DEM ANDREREN, NOCH EIN FREUND VON BILL W.
»Es tut mir leid«, sagte Reggie.
»Es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest, junge Dame.«
»Sie hätte nicht so gehen sollen.«
Sein Kinn verspannte sich wieder. »Nein, das hätte sie nicht tun sollen«, sagte er mit einer Schärfe in der Stimme, die Reggie nicht erwartet hatte. »Es war unser Abend. Der von uns dreien.« Er umklammerte das Lenkrad fester, dann drehte er sich zu Reggie. Er lächelte. »Hör mal, Kleine, deine Mutter
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