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DAS 5. OPFER

DAS 5. OPFER

Titel: DAS 5. OPFER Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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denken, schätzte sie, dass danach zu fragen es nicht schlimmer machen würde.
    Tara nickte schnell. »Kannst du dir das vorstellen?«, fragte sie.
    Ja, dachte Reggie. Ja, das kann ich. Die Tanzveranstaltung fand heute Abend statt, und praktisch die ganze Schule ging hin. Sie hatten am Tag zuvor ihre alberne Abschlussfeier im Auditorium gehabt, sie alle hatten in einer Reihe gestanden, während die Eltern klatschten und sich mit ihren Programmen Luft zufächelten, weil es keine Klimaanlage gab und es stickig und höllisch heiß war. Reggies Mom war nicht erschienen, doch Lorraine und George waren dort gewesen, hatten in der ersten Reihe gesessen und an ihren Kleidern herumgefummelt, als würden sie ihnen nicht richtig passen. George hatte Reggie einen Strauß mit wirklich hässlichen Nelken mitgebracht, die orange gefärbt waren. Taras Mutter war auch nicht erschienen. Charlies Dad kam in der letzten Minute, nachdem die Zeremonie vorbei war, und klopfte Charlie zur Gratulation so fest auf den Rücken, dass er ihn fast umgeworfen hätte.
    »Wirst du hingehen?«, fragte Reggie. »Ich meine, nicht mit ihm, aber überhaupt?«
    Tara schüttelte den Kopf. »Auf keinen Fall. Das ist was für Loser.«
    »Ja«, stimmte Reggie zu. »Ich gehe auch nicht hin.«
    Das war es also. Sie würde die Junior Highschool von Brighton Falls nie wieder betreten. Irgendwie hatte sie sich ein dramatischeres Ende dieses Abschnitts ihres Lebens vorgestellt. Sie hatte erwartet, dass sie sich auf irgendeine Weise anders fühlen würde, als würde die Urkunde nach der achten Klasse, die aufgerollt auf ihrem Schreibtisch lag, tatsächlich etwas bedeuten.
    Dumm.
    »Hey, kann ich dir was sagen?«, fragte Tara.
    Reggie nickte.
    Taras Augen sahen groß und eulenhaft aus. »Ich bin zu ihrem Haus gegangen.«
    »Zu wessen Haus?«, fragte Reggie.
    »Andrea McFerlins«, flüsterte sie aufgeregt. »Sein erstes Opfer.«
    »Warte mal, was?«, stammelte Reggie. »Warum solltest du zu ihrem Haus gehen?«
    Taras Augen glitzerten. Sie leckte ihre Lippen. »Ich weiß nicht, Reg. Nach diesem Tag mit dem Ouija-Brett im Baumhaus konnte ich einfach nicht aufhören, an sie zu denken, weißt du. Also habe ich sie im Telefonbuch gesucht. Sie wohnte drüben auf der Kemp, ganz hinten am Ende. Ein kleines, gelbes Haus mit einem Kinderplanschbecken im Garten. Ich bin mit dem Rad hingefahren. Ich klopfte an der Tür, aber niemand öffnete. Also ging ich hinten herum. Und ich spähte durch die Fenster.«
    »Gott, Tara! Wenn dich irgendjemand gesehen hätte, hätten sie die Polizei gerufen.«
    Sie schüttelte geringschätzig den Kopf. »Aber das haben sie nicht. Jedenfalls habe ich hineingeguckt, und weißt du, was ich sah? Dieses große, alte Puppenhaus. Eins von diesen Barbie-Traumhaus-Dingern mit Aufzug und allem Pipapo. Mitten im Wohnzimmer. Und ich dachte an diese armen Kinder, die ihre Mama verloren haben, und wie toll das Traumstadthaus war, aber dass es jetzt egal war, weil sie die wichtigste Sache verloren hatten, und dass ihre Leben jetzt so ziemlich für immer verändert sein würden. Und dann war das nächste, was ich wusste …« Sie hielt inne, blickte Reggie an und sagte: »Du musst schwören, das niemandem zu erzählen. Nicht einmal Charlie.«
    Reggie nickte.
    »Das nächste, was ich wusste, war, dass ich mich in Andreas Haus befand. Die verflixte Hintertür war unverschlossen gewesen. Also ging ich einfach hinein.« Tara beäugte Reggie vorsichtig, als würde sie sich fragen, ob sie ihr das alles erzählen sollte.
    »Du bist eingebrochen?«, keuchte Reggie.
    »Ich sagte, die Tür war offen«, blaffte sie. Dann schien sie sich zu entspannen, strich sich eine Haarsträhne aus den Augen. »Und es fühlte sich nicht an wie unbefugtes Betreten«, sagte sie beinahe träumerisch. »Der Ort fühlte sich … vertraut an. Es war, als wäre es nicht ich. Als wäre ich sie und ich würde nach Hause kommen.« Sie lächelte ein scheues Lächeln.
    »Tara«, sagte Reggie. »Ich denke nicht …«
    »Lass mich einfach ausreden, Reg«, sagte Tara und hob ihre Hand mit den frisch lackierten Nägeln. »Ich ging hinein, und ich habe mich vor dem Puppenhaus hingesetzt. Alle Möbel waren am falschen Platz – da war ein Bett in der Küche, und die Badewanne war oben auf dem Dach. Es war, als hätte Zyklon-Barbie eingeschlagen – überall Kleider, nackte Puppen auf dem Boden.« Sie fasste in die Tasche ihrer zerrissenen Jeans und zog etwas heraus, hielt es fest mit ihrer Faust

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