Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DAS 5. OPFER

DAS 5. OPFER

Titel: DAS 5. OPFER Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
Vom Netzwerk:
umklammert.
    »Ich habe das hier gefunden«, sagte sie. Dann, wie ein Zauberkünstler, der ein Kaninchen aus der Luft zaubert, öffnete sie dramatisch ihre Hand, als wollte sie Tataa! sagen. Und da in ihrer Hand lag ein winziger, pinkfarbener Puppenschuh mit hohem Absatz.
    »Das hast du mitgenommen? Einen Barbie-Schuh?«, sagte Reggie und blickte mit zusammengekniffenen Augen auf den Schuh. »Warum?«
    Tara zuckte die Achseln, sichtlich enttäuscht von Reggies Reaktion, und steckte den winzigen Schuh wieder in ihre Tasche. »Ich wollte einfach etwas von ihr. Von Andrea. Ein kleines Teil von ihnen. Etwas Reales und Körperliches. Etwas, das sie nie vermissen würden. Verstehst du das?«
    Reggie starrte sie nur an. Sie verstand es nicht.
    »Schwöre, dass du es niemandem sagen wirst, Reg. Bitte.«
    CHARLIE VERBRACHTE DIE NÄCHSTEN paar Tage damit, Tara aus dem Weg zu gehen und sich mit seinem Rasenmähgeschäft zu beschäftigen. Reggie hasste es, ihn nicht sehen zu können, also bot sie an, ihm beim Rasenmähen zu helfen. Charlie vertraute ihr die Motorsense an und gab ihr ein Drittel von allem, was er verdiente. Am Mittwochmorgen, als sie vor Charlies Haus waren, um für den ersten Rasen des Tages aufzutanken, brachte Reggie schließlich das Thema Tara zur Sprache.
    »Du magst sie wirklich, was?«
    Charlie antwortete nicht. Er füllte Benzin in den Rasenmäher, drehte dann den Verschluss fest.
    »Ich vermisse es einfach, dass wir nicht mehr alle zusammen rumhängen«, sagte Reggie. »Die Sommerferien werden schrecklich, wenn ihr beide nicht wieder miteinander sprecht.« Sie sagte nicht, was sie eigentlich sagen wollte – dass sie sich tatsächlich ziemliche Sorgen um Tara machte. Die Sache mit dem Barbie-Schuh schien ihr … nun, sie schien ihr mehr als nur ein wenig exzentrisch zu sein; sie schien ihr eventuell geradezu unzurechnungsfähig.
    »Du kapierst es nicht«, sagte Charlie.
    »Was? Was kapiere ich nicht?«
    »Wie unmöglich es für mich ist, in ihrer Nähe zu sein.«
    Reggie biss sich auf die Lippe. »Ich kapiere es sehr wohl«, sagte sie.
    Charlie schüttelte ablehnend den Kopf, als wäre sie ein Kind, das nichts verstand. Er stand auf und fing an, den Mäher die Straße hinunter zu schieben. Ihr erster Rasen war der der Witwe Mrs Larraby, die fünf Häuser von Charlie entfernt wohnte. Reggie wurde damit fertig, Benzin in den Rasentrimmer zu füllen, und schloss sich ihm an. Sie arbeiteten zusammen, beide Motoren heulten, der Geruch von geschnittenem Gras und Benzin folgte ihnen. Reggie arbeitete um das Haus herum und an der Felswand am hinteren Rand von Mrs Larrabys Garten. Charlie ging in sauberen Reihen auf und ab.
    Als Reggie durch war, setzte sie sich und sah zu, wie er seine Arbeit beendete. Der Morgen war heiß, und Charlies Rücken war durchgeschwitzt. Sie konnte sehen, wie der Schweiß seinen Nacken hinablief, der bereits gebräunt war. Sie stellte sich vor, wie sie ihn dort berührte, wie warm und feucht es sein würde, dass, wenn ihre Finger einmal im Kreis wanderten, sie auf der Vorderseite seines Halses sein und seinen Adamsapfel berühren, sich zu der Kuhle darunter bewegen würden. Sie sehnte sich danach, ihre Finger dort hinzulegen, in diese weiche Vertiefung über seinem Schlüsselbein.
    Mrs Larraby kam mit zwei Gläsern kalter Limonade heraus, und Charlie stellte den Rasenmäher ab.
    »Habt ihr schon gehört?«, fragte sie, als sie Reggie ein schweres Glas reichte, das nass vom Kondenswasser war. »Die Kellnerin aus dem Silver Spoon ist heute Morgen gefunden worden. Erwürgt wurde das arme Ding, genau wie das andere Mädchen. Sie lag auf dem vorderen Rasen der Stadtbibliothek, nackt bis auf den Verband. Ihre Leiche wurde dort gleich neben der Skulptur aufgebahrt.« Mrs Larraby schauderte.
    Reggie konnte es deutlich vor sich sehen – die Granitskulptur eines Bücherstapels, darunter war das Wort Wissen eingemeißelt. Und dort, in ihrem frühmorgendlichen Schatten, lag Candys Leiche.
    Wie wäre es mit ein bisschen Zucker für Candy?
    ALS REGGIE NACH HAUSE KAM, nach Moniques Wunsch, ging sie den Flur entlang zur Küche. Lorraine sprach im Wohnzimmer mit jemandem, und sie klang sauer. Telefonierte sie? Und dann hörte Reggie die Stimme ihrer Mutter. Die Erleichterung durchflutete sie, wie eine körperliche Empfindung. Sie blieb außer Sichtweite in der Küche und lauschte.
    »Ich will nichts davon hören«, zischte Lorraine. »Nicht in diesem Haus. Wenn Vater hier wäre …«
    »Wage es

Weitere Kostenlose Bücher