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DAS 5. OPFER

DAS 5. OPFER

Titel: DAS 5. OPFER Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer McMahon
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zu einer von ihnen gehabt?
    »Das einzige, was ich über diese Damen weiß, ist das, was ich in der Zeitung gelesen habe. Ich habe keine von ihnen jemals getroffen.«

25 21. Oktober 2010 – Brighton Falls, Connecticut
    REGGIE LAG AUF DEM Rücken in einer Höhle, irgendwo, wo es dunkel und stickig war. Ihre Hände und Füße waren gefesselt. Eine Glocke klingelte, ruhig zuerst, dann lauter, wie das lärmende Warngeräusch an einem Bahnübergang – der Zug kommt, bleiben Sie zurück.
    Sie strampelte und kämpfte sich in eine sitzende Position hoch, öffnete die Augen. Ihre Uhr zeigte 8.00 Uhr morgens. Reggie blickte blinzelnd darauf, dann sah sie sich in ihrem Kinderzimmer um und hinauf zu den Wasserflecken an der Decke.
    Sie fragte sich, worauf Tara wohl gerade blickte.
    Am Ende des Flures klingelte Veras Glocke.
    Reggie lag auf der Bettdecke, noch immer angezogen, der Inhalt der Erinnerungskiste lag auf der Steppdecke verstreut: Streichholzbriefchen, Fotografien, der hölzerne Schwan, den George Vera geschenkt hatte, kurz bevor sie verschwand. Neptuns Hände lag offen auf ihrem Schoß. Sie musste so um vier Uhr morgens herum eingedöst sein, mit wirrem Kopf und verschwommenem Blick.
    Der Raum war warm und stickig. Sie musste das Fenster aufbekommen. Sie würde später ein paar Werkzeuge herholen und sehen, ob sie es lockern konnte.
    »Ich komme, Mom!«, brüllte Reggie, griff nach dem Buch und schob es unter ihre Matratze, wie eine Jugendliche, die ein Pornoheft versteckt. Ihr Rücken schmerzte und ihr Schädel hallte von Namen und kleinen Einzelheiten nach – den Männern, mit denen ihre Mutter ausgegangen war: Rabbit, Sal, der Fotograf, Mr Hollywood; den Bars, die ihre Mutter häufig besucht hatte, Lokale, an die Reggie seit Jahren nicht gedacht hatte, Lokale, deren bloße Namen den schalen Geruch von Bier und Zigarettenrauch heraufbeschworen: Reuben’s, Runway 36, Silver Wings – sie hatte Streichholzbriefchen und Papieruntersetzer von jedem dieser Lokale. Sie dachte an die Bar, in die ihre Mutter sie an dem Tag mitgenommen hatte, an dem sie ihr Ohr verlor, das Lokal mit den Drehhockern, in dem sie den Boxer getroffen hatten.
    Wussten Sie, dass ich das Aphrodite-Cold-Cream-Mädchen war? Wollen Sie einen Trick sehen? Kaufen Sie mir einen Drink, und ich zeige ihn Ihnen.
    Sie konnte es so deutlich vor sich sehen: wie die perfekte Hand ihrer Mutter das Ei hielt, das der Barkeeper ihr gegeben hatte, und ihre Nägel sich blutrot von dem Weiß der Eierschale abhoben.
    Reggie blinzelte, fuhr mit ihren Fingern über die Latexfalten ihrer Ohrprothese. Sie blieb vor ihrer Schlafzimmertür stehen, die einen Spalt offen stand. War sie nicht letzte Nacht bei verschlossener Tür eingeschlafen? Sie war sicher, dass es so gewesen war. Ein Gefühl der Beunruhigung breitete sich in ihr aus, als sie mit dem Türgriff in der Hand dastand.
    Die Glocke schepperte heftiger, schneller.
    »Ich komme!«, rief sie.
    Sie drückte die Tür auf und stieß praktisch mit Lorraine zusammen. »Scheiße!«, schrie Reggie auf. »Du hast mir Angst eingejagt.«
    »Tut mir leid«, murmelte Lorraine und sah selbst erschrocken aus. Sie trug ihr altes Flanellnachthemd, ihre grauen Haare hingen herunter und sahen verworren aus. »Ich wollte gerade zu deiner Mutter gehen.«
    »Ich mache das«, sagte Reggie. »Du gehst und versuchst, noch ein wenig länger zu schlafen.«
    Reggie ging den mit Teppichboden bedeckten Flur entlang und in das Schlafzimmer, wo ihre Mutter mit ihrer linken Hand eine Messingglocke durch die Luft schwenkte.
    »Guten Morgen«, sagte Reggie und lächelte auf sie hinab, rieb sich den Schlaf aus den Augen.
    »Er ist hier«, jammerte ihre Mutter mit zitternder Stimme und Panik in den Augen, wie bei einer Maus in der Falle.
    »Wo?«, fragte Reggie, augenblicklich wach, ihre Haut kribbelte von dem Adrenalinschub.
    »Unter dem Bett.«
    Reggie atmete durch, ging auf Hände und Knie und spähte unter das Bett.
    »Da ist nichts, Mom«, sagte Reggie und fühlte, wie ihr Körper sich entspannte.
    Vera lachte – ein schreckliches, pfeifendes Geräusch. »Das ist genau das, was der alte Beelzebub dich glauben lassen will.« Sie rutschte in ihrem Bett herum und wirkte unglaublich klein unter der Bettdecke.
    Reggie drehte sich um und suchte schnell mit den Augen den Raum ab. Die Schranktür war geschlossen. Sie öffnete sie langsam, stellte sich dabei an die Seite. Nichts. Nur ein paar alte Kleider auf Bügeln und der Geruch von

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