DAS 5. OPFER
er. »Als ich gestern mit Ihrer Tante sprach, erzählte sie mir, dass Sie auf dem Weg zurück waren.«
Reggie nickte. »Was kann ich für Sie tun?«
Er zog ein kleines Notizbuch aus seiner Jackentasche und blätterte es durch. »Wie ich gehört habe, waren Sie und Tara Dickenson befreundet.«
»Eine Zeit lang, als wir Kinder waren.«
»Jetzt nicht mehr?«
»Letzten Samstag habe ich sie seit fünfundzwanzig Jahren das erste Mal wieder gesehen.«
»Also wissen Sie gar nichts über ihre derzeitigen Freunde, Familie, einen Freund?«
Reggie schüttelte den Kopf, blickte zurück zum Haus und sah, dass Lorraine sie durch das Küchenfenster beobachtete. »Die einzige aus ihrer Familie, die ich je getroffen habe, war ihre Mom. Sie hat von Tanten und Cousinen gesprochen, aber ich kenne keine von ihnen.«
»Ihre Mutter starb vor zwei Jahren. Es scheint so, als könnte ich keine anderen Familienmitglieder finden.«
»Haben Sie es bei den Stellen versucht, wo sie gearbeitet hat – das Krankenhaus, die Hospizagentur? Jemand dort könnte etwas wissen.« Gott, es war lächerlich, dass Reggie das Gefühl hatte, seinen Job für ihn machen zu müssen.
Offenbar gefiel ihm das auch nicht. Er warf ihr einen verärgerten Blick zu. »Natürlich. Diese Personen sind bereits befragt worden.«
»Es tut mir leid, dass ich Ihnen nicht helfen kann«, sagte Reggie. Sie berührte den Zeitungsfetzen in ihrer Tasche und dachte kurz daran, ihn Detective Levi zu zeigen. Aber was würde das bringen? Er würde sie wahrscheinlich unter dauernde Beobachtung stellen, dafür sorgen, dass Reggie ein Polizist folgte, wohin sie auch ging, und wie würden ihre Chancen, Tara zu finden, dann stehen?
»Wenn es Ihnen nichts ausmacht, ich muss wieder hineingehen. Meine Mom ist gerade aufgestanden, und ich muss los und sie waschen und füttern.«
»Nur noch eine Sache, Ms Dufrane. Wie ich gehört habe, waren Sie und Tara befreundet, als ihre Mutter entführt wurde.«
Reggie nickte, fühlte einen Kloß im Hals. Wenn er sie fragte, was aus ihrer Freundschaft geworden war, würde sie ihm einfach die Standardantwort geben – Leute verändern sich, leben sich auseinander, wir sind auf verschiedene Schulen gegangen.
Detective Levi räusperte sich. »Können Sie mir etwas über Taras Reaktion auf die Neptunmorde erzählen?«
»Ihre Reaktion?«
»Wissen Sie, ich bin alte Notizen durchgegangen, und ich entdeckte, dass Tara erwischt wurde, als sie in die Wohnung eines der Opfer einbrach – Ann Stickney. Die Beamten, die sie befragten, schienen das Gefühl gehabt zu haben, dass sie ein wenig – besessen war – von dem Neptunfall.
Reggie versteifte sich. »Wir waren alle ein wenig besessen, Detective. Es war eine Kleinstadt, damals noch viel kleiner, und es war die größte Sache, die uns allen jemals passiert war.«
Detective Levi nickte und klappte sein Notizbuch zu. »Wussten Sie, dass Tara einige Zeit in einer psychiatrischen Anstalt verbracht hat? Direkt nach der Highschool?«
»Nein, ich – wie gesagt, wir haben uns aus den Augen verloren.«
»Anscheinend hat ihre Mutter sie gefunden, als sie versuchte, ihre eigene rechte Hand abzuschneiden.« Er betrachtete ihr Gesicht, wartete auf eine Reaktion.
Reggie hustete, um das Keuchen zu übertönen, das ihr entschlüpft war. Die kunstvolle Vogeltätowierung über Taras Handgelenk. Sie hatte sie machen lassen, um die Narben zu überdecken.
»Es tut mir leid. Ich muss hineingehen«, sagte Reggie, während sich ihr alles im Kopf drehte.
»Ich melde mich bald«, sagte Detective Levi. Er stieg in seinen Wagen und fing an, vorsichtig rückwärts aus der Einfahrt zu fahren.
Sie war auf dem Weg zurück zum Haus, als sie ein seltsames, schlurfendes Geräusch irgendwo hinter sich hörte. Reggie drehte sich um, ihr Körper summte, ihr Kiefer verkrampfte sich und sie lauschte angestrengt mit ihrem einen Ohr.
Der Baum, es war von oben vom Baum gekommen.
Vielleicht ein Eichhörnchen, das von Ast zu Ast hüpfte?
Nein.
Sie hörte es erneut. Das Geräusch von etwas, das über alte, knarrende Bodenbretter gleitet.
Etwas war im Inneren des Baumhauses. Das alte Baumhaus lag in etwa drei Meter Höhe, und die Strickleiter schaukelte leicht, obwohl kein Wind wehte.
Reggie hörte auf das, was wie Schritte klang.
Sie wandte sich zurück Richtung Einfahrt und sah, wie Detective Levis Wagen ihrem Blick entschwand. Mist.
Den Atem anhaltend, ging sie langsam zur Hinterseite ihres Trucks, öffnete ihn und griff nach dem
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