DAS 5. OPFER
diesen Arschlöchern brachten Schusswaffen mit zur Arbeit.«
»Kann nicht sein«, sagte Tara mit aufgerissenen Augen.
Sid nickte. »Doch, echt«, sagte er.
Charlie machte ein angewidertes, paffendes Geräusch und wandte sich von ihnen ab, blickte aus dem Fenster.
Bald verbreiterte die Straße sich auf vier Spuren, und die Farmen machten niedrigen Einkaufszentren aus Schlackenbetonblöcken, billigen Motels und Bars Platz.
»Und jetzt? Wir sind also auf so’ner Art Vermisstensuchmission oder so was?«, fragte Sid.
»Wir versuchen, so viel wir können über Reggies Mom herauszufinden«, sagte Tara. »Vielleicht können wir ein paar von ihren Freunden aufspüren.«
Sid nickte, blickte dann in den Rückspiegel zu Reggie auf dem Rücksitz. »Das ist ziemliches Pech, was? Sind sie sicher, dass es die Hand deiner Mom ist?«
»Natürlich sind sie sicher«, sagte Charlie. »Mein Dad kam zu ihrem Haus und hat es selbst gesagt.«
»Nun, wenn der alte Yogi sagt, dass es wahr ist, dann ist es wahr.«
»Yogi?«, fragte Tara.
»So nennen ihn die anderen Cops. Und ein Haufen anderer Typen auch. Hat Charlie euch das nicht gesagt?«
Tara schüttelte den Kopf.
»Kapierst du?«, sagte Sid. »Yogi Berr? Du weißt schon …« Sid machte ein albernes Gesicht und sagte in seiner besten Trickfilmbärenstimme: »Ich bin schlauer als der Durchschnittsbäähhr.«
Tara lachte, und Charlie warf ihrem Hinterkopf einen eisigen Blick zu.
»Verstehen sich dein Dad und Yogi ziemlich gut?«, fragte Tara.
»Verflucht, nein!«, sagte Sid. »Sie streiten sich wegen so gut wie allem. Sie konkurrieren schon, seit sie Kinder waren, wie verrückt miteinander – haben sich wegen Mädchen gestritten, wer der bessere Footballspieler war, wessen Pimmel größer war – typisches Bruderzeug. Sie können sich kaum ertragen, ist es nicht so, Charlie?«
Charlie gab ein unverbindliches Grunzen von sich.
»Proviant!«, verkündete Sid und bog mit quietschenden Reifen auf den Parkplatz der Cumberland Farms ein. Sid und Tara gingen in den Laden. Reggie und Charlie warteten im Mustang, hörten, wie ein Flugzeug über sie hinwegflog, und sahen zu, wie sein Schatten sich über das Auto bewegte, die vierspurige Straße überquerte.
»Was für ein Arschloch«, sagte Charlie. »Und ich kann einfach nicht glauben, dass ihr tatsächlich Gras mit ihm raucht. Was denkt ihr euch dabei?«
»Tara sagte, es würde helfen«, sagte Reggie.
»Und hat es?«
Reggie zuckte die Achseln. »Ich bin mir nicht sicher.« Das Gras hatte ihre Gedanken nicht wirklich verlangsamt, sondern sie aneinandergereiht erscheinen lassen. Einer floss in den nächsten, und so ging es immer weiter, wie bei einer Perlenkette. Vielleicht waren Gedanken immer auf diese Art verbunden, aber man musste high sein, um es zu erkennen. Sie fragte sich, ob es für alle Menschen so war, und ob, wenn Leute zusammenkamen, sich die Perlenketten miteinander verflochten, die Farben, Formen und Texturen sich vermischten – ob es das war, woraus Gespräche bestanden. Sie wollte all das zu Charlie sagen, war aber nicht sicher, wo sie anfangen sollte.
»Meine Mutter hat eine Theorie«, sagte sie, »dass es da dieses große Netz gibt, das alle Menschen auf der Erde miteinander verbindet. Dass wir alle mit Serienmördern und dem Präsidenten und dem Typen hinter uns an der Kassenschlange im Lebensmittelladen verbunden sind.
»Klingt, als wäre sie diejenige, die Gras geraucht hat«, sagte Charlie.
»Also glaubst du nicht an Verbindungen?«
»Ich glaube, dass wir mit den Leuten verbunden sind, die wir kennen. Du und ich, wir könnten eine Art geheimes Band zwischen uns haben, aber ich und der Präsident? Das kaufe ich dir nicht ab.«
»Glaubst du, dass man, wenn es so ein Netz gibt, oder ein geheimes Band oder was auch immer, Gedanken oder Gefühle zu der anderen Person schicken könnte, ohne etwas zu sagen?«
»Herrgott, Reggie, du bist so was von zugedröhnt! Bevor du dich versiehst, wirst du diejenige sein, die tote Tussen channelt.«
Sie griff nach seiner Hand. »Schließ deine Augen«, sagte sie. »Ich schicke dir eine Botschaft.« Sie konzentrierte sich mit aller Kraft, versuchte, ihm all die Gefühle, die sie für ihn hatte, in drei einfachen, unausgesprochenen Worten zu erklären: Ich liebe dich. Es fühlte sich abgedroschen an, aber trotzdem sehr mutig. Nach einem Augenblick machte er sich los.
»Und?«, fragte sie, aufgeregt und hoffnungsvoll. »Hast du irgendwas empfangen?«
»Ja, das habe
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