Das 8. Gestaendnis
Anhaltspunkte dafür. Mal sehen, was das Labor dazu sagt. Zu schade, dass du keine Hülsen mit Fingerabdrücken hast.«
»Vielleicht finden wir ja auf dem Plastikbaby ein paar Abdrücke.«
Joe nickte, aber mir war klar, dass er nicht davon ausging.
»Nein?«, sagte ich.
»Wenn der Schütze tatsächlich die Hülsen eingesammelt hat, dann war es vielleicht ein Profi. Ein Auftragskiller oder womöglich einer aus dem Militär. Oder ein Bulle. Oder ein Exhäftling. Falls es ein Profi war …«
»Dann werden wir auch auf dem Kruzifix keine Abdrücke finden«, fiel ich ihm ins Wort. »Aber warum sollte ein Profi auf so brutale Weise einen Penner ermorden?«
»Das ist doch erst der erste Tag, Linds. Gib dir noch ein bisschen Zeit.«
Ich nickte, aber Jacobi hatte unseren Bemühungen ja bereits einen Riegel vorgeschoben. Ich legte den Kopf in die Hände, während Joe den Kellner herbeiwinkte und Wein bestellte. Dann schaute er mich mit breitem, undurchschaubarem Lächeln an.
Ich ließ mich gegen die Stuhllehne sinken und versuchte, sein Lächeln zu durchdringen, aber mir war lediglich klar, dass Joe aussah wie ein kleines Kind mit einem Geheimnis.
Ich fragte ihn, was los war, wartete, bis er den Wein gekostet hatte. Dann, als er mich lange genug auf die Folter gespannt hatte, beugte er sich über den Tisch und nahm meine Hände.
»Tja, Blondie, rate mal, wer heute einen Anruf aus dem Pentagon gekriegt hat?«
9
»O Gott«, platzte ich heraus. »Sag das nicht .«
Ich konnte mich einfach nicht beherrschen. Meine erste Assoziation war, dass Joe wieder nach Washington zurückberufen wurde … und allein der Gedanke war mir unerträglich.
»Lindsay, ganz ruhig. In dem Anruf ging es um einen Auftrag . Könnte sein, dass das erst der Anfang ist und dass da noch mehr Aufträge auf mich warten, lukrative Aufträge, die meiner Beratungsfirma einen mächtigen Schub verpassen.«
Ich hatte Joe während der Arbeit an einem Fall kennengelernt. Damals stand auf seiner Visitenkarte MINISTERIUM FÜR HEIMATSCHUTZ, STELLVERTRETENDER DIREKTOR. Er war der beste Anti-Terror-Experte in Washington. Und diesen Job hatte er aufgegeben und war an die Westküste gezogen, um bei mir zu sein.
Er hatte vorzügliche Zeugnisse bekommen und besaß einen ebenso vorzüglichen Ruf, aber das Ganze hatte sich in San Francisco nicht so reibungslos entwickelt, wie wir beide gedacht hatten.
Daran waren aus meiner Sicht die Verwaltungshengste im Ministerium schuld. Die waren beleidigt, dass der so überaus beliebte Joseph Molinari ausgerechnet in einem Wahljahr seinen Job quittiert hatte. Anscheinend hatten sie sich jetzt wieder beruhigt.
Das war gut.
Ich entspannte mich. Ich lächelte. Ich sagte: »Hui. Da hast du mir aber einen Schrecken eingejagt, Joe.« Und dann fing ich an, mich für ihn zu freuen.
»Also los, erzähl mir was über diesen Auftrag «, fuhr ich fort.
»Gerne, aber lass uns erst mal was bestellen.«
Ich weiß gar nicht mehr, wofür ich mich entschieden habe, weil Joe mir, als das Essen kam, erzählte, dass er zu einer Konferenz im Nahen Osten fliegen würde … morgen früh.
Und dass er unter Umständen für drei Wochen oder noch länger in Jordanien bleiben würde.
Joe legte seine Gabel beiseite und sagte: »Was ist denn los, Lindsay? Was bedrückt dich denn?«
Seine Frage war nett gemeint. Sein Interesse war echt, aber mein Blutdruck war schlagartig so sehr in die Höhe geschossen, dass ich ihm keine nette Antwort geben konnte.
»Du hast morgen Geburtstag, Joe. Wir wollten doch am Wochenende Cat besuchen, weißt du noch?«
Catherine ist meine Schwester. Sie ist sechs Jahre jünger als ich und wohnt mit ihren beiden Töchtern in einem hübschen Küstenstädtchen namens Half Moon Bay. Wir hatten eigentlich ein Wochenende im Schoß der Familie geplant, schöne Stunden in gemeinsamer Runde und für mich persönlich ein ziemlich wichtiges Ereignis, weil ich sonst so gut wie keine Familie habe und ich Joe endlich dort vorstellen wollte.
»Cat können wir doch auch noch ein andermal besuchen, Schatz. Ich muss an dieser Konferenz teilnehmen. Und außerdem, Lindsay, wünsche ich mir nichts anderes zum Geburtstag als diesen Abend und dich.«
»Ich kann im Augenblick nicht mit dir reden«, sagte ich, warf meine Serviette auf den Tisch, stand auf und hörte die Rufe der Leute, die den Film sehen wollten und mich aufforderten, mich wieder hinzusetzen.
Ich eilte durch das Restaurant und dann den zehn Meter langen Korridor entlang,
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