Das 8. Gestaendnis
Hause im Bett gelegen hatte.
Punkt 5: Stacey Glenn war kaufsüchtig und hoch verschuldet. Lebend waren ihre Eltern überhaupt nichts wert. Tot dagegen eine Million Dollar.
Punkt 6: Stacey Glenn hatte die Mittel, ein Motiv und die Gelegenheit zu der Tat … und außerdem gab es da noch eine Zeugin, die das Verbrechen beobachtet hatte.
Yukis Anklage basierte zu neunzig Prozent auf der Aussage dieser Zeugin.
Sie umwickelte ihre Karteikarten mit einem Gummiband und steckte das Päckchen in ihre Aktentasche. Dann faltete sie die Hände unter dem Kinn und dachte an ihre eigene Mutter, Keiko Castellano, die viel zu früh verstorben und ausgesprochen verstimmt darüber war. Keiko hatte ihre einzige Tochter über alles geliebt, und Yuki spürte jetzt in diesem Augenblick ihre tröstende Gegenwart.
»Mommy, bleib heute im Gerichtssaal bei mir und hilf mir, dass ich gewinne, okay?«, sagte sie laut. »Ich küsse dich.«
Da sie noch etliche Stunden totschlagen musste, räumte Yuki ihre Schublade auf, leerte den Mülleimer, löschte veraltete Einträge aus ihrem Adressbuch und tauschte ihre etwas zu niedliche pinkfarbene Bluse gegen das kräftigere, selbstbewusstere, dunkeltürkisfarbene taillierte Männerhemd aus, das frisch gereinigt in der Plastikschutzhülle hinter ihrer Tür hing.
Um 8.15 Uhr kam ihr Beisitzer, Nicky Gaines, den Flur entlanggeschlendert und rief nach ihr. Yuki streckte den Kopf in den Flur und sagte: »Nicky, du brauchst nur dafür zu sorgen, dass die PowerPoint-Präsentation läuft. Mehr nicht.«
»Schon erledigt«, erwiderte Nicky.
»Gut. Dann nichts wie los.«
13
Als Richter Brendan Joseph Duffy durch eine mit Holz verkleidete Tür hinter der Richterbank den Gerichtssaal betrat und sich zwischen den Fahnen und vor dem Wappen des Bundesstaates Kalifornien niederließ, erhob sich Yuki von ihrem Platz am Tisch der Staatsanwaltschaft.
Duffy war schlank, durchtrainiert, hatte grau meliertes Haar und balancierte eine schaufenstergroße Brille auf der Nasenspitze. Er nahm die Stöpsel seines iPod aus den Ohren, machte eine Büchse Sprite auf und bat den Gerichtsdiener, die Geschworenen hereinzurufen, während die Anwesenden sich setzten.
Auf der anderen Seite des Gangs flüsterte Yukis Gegenspieler, der angesehene Strafverteidiger Philip R. Hoffman, mit seiner Mandantin Stacey Glenn.
Hoffman war über einen Meter neunzig groß, zweiundvierzig Jahre alt und besaß widerspenstige, dunkle Haare sowie eine leicht gebeugte Körperhaltung. Er trug einen mitternachtsblauen Armani-Anzug und eine pinkfarbene Seidenkrawatte. Seine Fingernägel waren manikürt.
Hoffman, war, wie Yuki, Perfektionist.
Doch ganz im Gegensatz zu Yuki gehörte er mit seiner Erfolgsquote eindeutig in die erste Liga und zwar in die Spitzengruppe. Normalerweise berechnete er Stundensätze in einer Größenordnung von neunhundert Dollar aufwärts, doch die Vertretung von Stacey Glenn hatte er gratis übernommen. Hoffman war kein Altruist. Der Gerichtssaal war bis auf den letzten Platz mit Medienvertretern gefüllt, und die Berichte über diesen Fall würden seiner Kanzlei Millionen in die Kassen spülen.
Stacey Glenn war eine atemberaubende Schönheit mit blauen Augen und braunen Haaren. Ihre Wangen waren leicht gerötet, was die Gefängnisblässe ihrer Haut besonders gut zum Ausdruck kommen ließ. Sie trug einen altmodischen Anzug mit einem wenig schmeichelhaften, olivgrünen Karomuster, der eher zum Bild einer Lehrerin oder einer Statistikerin passte als zu dem der berechnenden, mordenden, geldgierigen Psychopatin, die sie in Wirklichkeit war.
Nicky Gaines saß unablässig schniefend und keuchend auf dem Platz neben Yuki und atmete laut hörbar aus, als die Geschworenen durch eine Seitentür den kleinen Gerichtssaal betraten und ihre Plätze einnahmen.
Richter Duffy begrüßte sie, erklärte ihnen, dass heute beide Seiten ihre Abschlussplädoyers halten würden und dass anschließend die Beratungen der Geschworenen beginnen konnten.
Dann nahm er einen langen Schluck direkt aus der Dose und sagte: »Ms. Castellano, ist die Vertreterin der Anklage so weit?«
»Jawohl, Euer Ehren.«
Yuki nahm ihre Notizen in die Hand und trat an das Stehpult im Zentrum des eichengetäfelten Gerichtssaals. Sie lächelte die zwölf Geschworenen und die beiden Ersatzleute an, deren nervöse Zuckungen, Grimassen, Gelächter und Augenrollen sie im Lauf der vergangenen sechs Wochen bestens kennengelernt hatte, begrüßte sie, deutete auf die
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