Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das 8. Gestaendnis

Das 8. Gestaendnis

Titel: Das 8. Gestaendnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
Vom Netzwerk:
freundliches, unauffälliges Gesicht sowie einen goldenen Ehering
am Finger. Er reichte ihr seine rechte Hand, und sie ergriff sie.
    »Schön, Sie kennenzulernen, Mr. Pincus.«
    »Ich heiße Neil. Kommen Sie mit nach hinten. Ich habe nur ein paar Minuten Zeit, aber die gehören ganz Ihnen.«

37
    Cindy setzte sich auf die Besucherseite des Schreibtischs, den Rücken dem dreckigen Fenster zugewandt. Sie schaute sich ein paar gerahmte Fotografien an, die auf der Anrichte zu ihrer Rechten standen: die Gebrüder Pincus mit ihren gut aussehenden Frauen und jugendlichen Töchtern. Neil Pincus drückte eine Taste an seiner Telefonkonsole und sagte zu seinem Bruder: »Al, kannst du bitte meine Anrufe entgegennehmen? Es dauert bloß ein paar Minuten.«
    Dann wandte er sich an Cindy. »Wie kann ich Ihnen behilflich sein?«
    »Sie genießen wirklich einen ausgezeichneten Ruf hier in der Gegend.«
    »Danke. Wir tun, was wir können«, erwiderte Pincus. »Wenn jemand verhaftet wird, dann bekommt er oder sie entweder einen Pflichtverteidiger oder wendet sich an uns.«
    »Es ist schön, dass Sie diese Arbeit gratis anbieten.«
    »Ehrlich gesagt verschafft es uns eine ziemlich große Befriedigung, und wir sind nicht allein. Wir arbeiten mit einer Gruppe von Geschäftsleuten hier aus der Umgebung zusammen, die Geld für Rechtsbeistände und andere Dinge spenden. Wir haben ein Spritzen-Austauschprogramm initiiert und eine Alphabetisierungskampagne gestartet …«
    Das Telefon klingelte. Neil Pincus warf einen Blick auf das Display mit der Anruferkennung, wandte sich dann wieder Cindy zu und redete trotz des Klingelns weiter. »Tut mir leid. Aber ich glaube, Sie sollten mir möglichst schnell verraten, warum Sie hier sind, bevor das Telefon uns noch in den Wahnsinn treibt.«
    »Ich arbeite gerade an einer fünfteiligen Serie über Bagman
Jesus, den Obdachlosen, der hier vor Kurzem tot aufgefunden worden ist.«
    »Ich habe Ihren Artikel gelesen.«
    »Okay. Gut. Also, es geht um Folgendes«, fuhr Cindy fort. »Ich habe bereits versucht, die Polizei für diesen Fall zu interessieren, aber ohne Erfolg. Sie glaubt nicht, dass der Mord sich überhaupt aufklären lässt.«
    Pincus seufzte. »Typisch.«
    »Ich brauche Bagmans richtigen Namen, damit ich irgendeinen Anhaltspunkt in seiner Vergangenheit habe, von dem ich ausgehen kann, um mich in die Gegenwart vorzuarbeiten.«
    »Ach. Wenn ich das gewusst hätte, dann hätten Sie sich den Weg sparen können. Ich habe ihn immer wieder auf der Straße gesehen, klar, aber Bagman Jesus war nie hier bei uns und wäre er mal hier gewesen, würde ich es Ihnen vermutlich nicht sagen.«
    »Anwaltliche Schweigepflicht?«
    »Knapp daneben. Hören Sie, Cindy, ich kenne Sie nicht und kann Ihnen eigentlich keine Vorschriften machen. Aber ich mache es trotzdem: Obdachlose sind keine Welpen, die sich verlaufen haben. Ihre Obdachlosigkeit hat einen Grund. Die meisten sind drogensüchtig. Oder leiden unter einer Psychose . Manche sind auch gewalttätig. Sie haben bestimmt die allerbesten Absichten, aber dieser Mann wurde auf offener Straße ermordet .«
    »Ich verstehe.«
    »Ach, tatsächlich? Sie sind ein hübsches Mädchen mit hübschen Klamotten, die im Tenderloin-Distrikt herumläuft und überall nach dem Mörder von Bagman Jesus fragt. Nehmen wir doch nur mal für eine Minute an, dass Sie seinen Killer tatsächlich finden … und dass er sich gegen Sie wendet?«

38
    Nachdem sie sich von Neil Pincus verabschiedet hatte, war Cindy wütend und genau so wild entschlossen wie zuvor. Der Rechtsanwalt hatte sie ein Mädchen genannt. Als wäre sie eine seiner Töchter. Er hatte ihre Hartnäckigkeit unterschätzt und einfach nicht kapiert, dass sie seit Jahren als Journalistin arbeitete und dass sie als Gerichtsreporterin ständig mit Verbrechen zu tun hatte.
    Sie war vorsichtig. Sie besaß Erfahrung. Sie war ein Profi.
    Und was das Schlimmste war? Er hatte einen Nerv getroffen.
    Sie schüttelte eine Welle der Angst ab, machte die Tür des »From the Heart« auf, warf einen Blick auf die ungefähr hundert zerlumpten Gestalten, die vor der Essensausgabe anstanden, auf die anderen, die sich über ihre Teller beugten und ihr Rührei mit Schinken beschützten. In einer Ecke standen drei Männer mit schmutzigen Klamotten und rappten.
    Zum ersten Mal stellte sie sich die Frage, ob vielleicht jemand aus diesem Kreis Bagman Jesus getötet hatte.
    Sie sah sich nach der Aufsicht um, Luvie Jump, konnte sie aber nirgendwo

Weitere Kostenlose Bücher