Das 8. Gestaendnis
Leichen hinterlässt.‹«
»Das mit den schöneren Leichen stimmt allerdings«, sagte ich und stieß über Claires Schulter hinweg den Atem aus. »Man könnte sogar von museumsreif sprechen.«
»›Die Bisse der Kraits sind oft absolut schmerzlos‹«, las Claire weiter, »›sodass die Opfer sich fälschlicherweise in Sicherheit wiegen.‹«
»Also deshalb haben die Baileys keine Hilfe geholt.«
»Genau das denke ich auch, Linds. Vielleicht haben sie ja bis zum Schluss gar nicht gewusst, dass sie ernsthaft in Gefahr sind. Sie hatten beide viel Alkohol im Blut. Die Needleman auch. Medizinisch ausgedrückt: Sie waren breit wie die Nattern. - Hier«, fuhr Claire fort. »Da schreibt sie: ›Mögliche Symptome sind unter anderem: Magenkrämpfe und Schwindelgefühle, geweitete Pupillen und schwere Zunge, Schluckblockade, Herzrhythmusstörungen, Atemstillstand und Komazustände. Der Tod kann nach sechs bis acht Stunden eintreten.‹«
Ich musste meinen Blick vom Text abwenden und konzentrierte mich auf das Bild einer Krait, genau der gleichen, betörend lieblich aussehenden Giftnatter, die ich neben einem Zollstock in der Ermittlungsakte von Christopher Ross gesehen hatte.
»Michelle schreibt: ›Der Tod hängt direkt mit der neurotoxischen Wirkung des Giftes zusammen, das die Nervenzellen der Muskulatur lahmlegt.‹ Und das ist das Entscheidende, mein Mädchen. Die Muskeln werden gelähmt. Dadurch kann das Opfer nicht mehr atmen. Und das Neurotoxin wird so schnell vom Körper abgebaut, dass man, selbst wenn man weiß, wonach man suchen muss - was wir nicht wussten -, bei einer toxikologischen Untersuchung gar nichts mehr findet.«
Ich sagte zu meiner besten Freundin: »Also, wenn im Körper der Opfer kein Nervengift mehr vorhanden ist, wie lässt sich dann die Todesursache ermitteln?«
Claire zog ihre Schreibtischschublade auf, suchte darin herum, schrie: »Hab dich!«, und holte ein Vergrößerungsglas von der Größe einer Untertasse heraus.
»Ich mache genau das , was der alte Doc Wetmore auch gemacht hat. Ich werde meine Patienten unter einer hellen Lampe genauestens unter die Lupe nehmen«, sagte sie. »Auf der Suche nach winzig kleinen Wunden, die möglicherweise von Giftzähnen stammen.«
60
Wir hatten uns in Jacobis Büro gezwängt. Cindy saß auf dem verschlissenen Stuhl vor Jacobis Schreibtisch, Conklin und ich hatten uns zwischen die Papierstapel auf seiner Kommode gequetscht.
»Wie lange kennen wir uns jetzt schon?«, sagte Jacobi gerade zu Cindy.
»Sechs Jahre oder so.«
»Und ich habe dich bis jetzt noch nie um einen Gefallen gebeten, oder?«
»Warren, ich habe es bereits Rich gesagt und Lindsay auch: Ich schreibe doch nicht einmal über diese High-Society-Morde.«
Jacobi fixierte meine Freundin mit einem eisigen Blick aus seinen grauen Augen, und ich muss zugeben, dass ich sie dafür bewunderte, dass sie standhaft blieb. Mit genau diesem erbarmungslosen Blick hatte er schon etliche ausgesprochen hart gesottene Killer mürbegemacht.
»Darum geht es ja gar nicht«, sagte Jacobi. »Es geht darum, dass du etwas weißt, was wir vorerst unter Verschluss halten wollen.«
»Alle Unterlagen, die ich für Rich rausgesucht habe, liegen öffentlich zugänglich im Archiv«, sagte Cindy und zeigte Jacobi ihre geöffneten Hände. »Das, was ich weiß, hätte wirklich jeder rauskriegen können, auch ein anderer Mitarbeiter der Chronicle .«
»Die Sachen liegen im Archiv begraben «, sagte Jacobi. »Und genauso soll es auch bleiben . Deshalb wollen wir dir ein Angebot machen, das du nicht ablehnen kannst.«
Cindy lachte. »Wirklich super, dass ihr mir die Exklusivrechte
anbietet, nachdem ich die ganze Arbeit schon gemacht habe.«
»Cindy, jetzt lass uns nicht persönlich werden, okay? Wir haben hier vier ungelöste Fälle aus den Achtzigern und drei mutmaßliche Morde von letzter Woche auf dem Tisch. Sobald wir etwas Gesichertes haben, bekommst du grünes Licht, und zwar als Erste, versprochen.«
Mein Handy klingelte, und ich warf schnell einen Blick darauf. Ich erkannte die Nummer nicht, deshalb ließ ich es noch einmal klingeln, bevor ich das Telefon aus der Gürteltasche holte, mich aus Jacobis Büro drängte und in den Hörer knurrte: »Boxer.«
Joe lachte.
»Oh, Mann, tut mir leid«, sagte ich.
»Kein Problem, Blondie. Es tut gut, deine Stimme zu hören, egal, wie knurrig du bist.«
»Ich habe allen Grund, knurrig zu sein.«
Schnell brachte ich Joe auf den neuesten Stand, erzählte ihm von
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