Das 8. Gestaendnis
Pupillen, die aufgedrehte Stimmung.
»Ich bin Sammy.«
»Hallo, Sammy.«
»Ich habe deinen letzten Artikel gelesen. Dass Bagman ein Typ namens Rodney Booker war. Dass er in Stanford war.«
»Das stimmt.«
»Ich war auch in Stanford.«
»Sie haben das Studium abgebrochen, nehme ich an.«
»Die Uni kann einfach nicht mithalten«, meinte Sammy.
»Womit denn mithalten?«
»Mit dem Leben .«
Cindy blinzelte die junge Frau an. Die Vorsichtsmaßnahmen fielen ihr wieder ein: nicht zu schnell sprechen, nicht zu schnell bewegen, nicht irgendwie bedrohlich erscheinen. Solange die Meth-Süchtige redete, war alles in Ordnung. Schweigen bedeutete, dass sie vielleicht in Wahnvorstellungen abdriftete … und gefährlich wurde.
Cindy bemühte sich, die Messer und Gabeln, die auf dem Tisch lagen, keines Blickes zu würdigen. Mit sanfter Stimme sagte sie: »Wissen Sie, wer Bagman umgebracht hat, Sammy? Wissen Sie, dass wir eine Belohnung von fünfundzwanzigtausend Dollar ausgesetzt haben?«
»Was ist dein Leben Wert, Cindy?«, entgegnete Sammy. Ihr Blick sauste rastlos im Diner umher, dann wandte sie sich wieder Cindy zu. »Würdest du dein Leben verkaufen, wenn du das Geld niemals ausgeben könntest? Das will ich dir nämlich sagen. Du vergeudest deine Zeit. Niemand wird dir verraten, wer die Leute sind, die Bagman Jesus umgebracht haben. Das würde niemand wagen .«
63
Ich saß neben Rich im Streifenwagen, auf dem Weg in eine ziemlich üble Spelunke im Mission District, wo unser neuer und einziger Verdächtiger angeblich von drei Uhr nachmittags bis Mitternacht seiner Arbeit nachging.
Wir waren durch einen anonymen Hinweis auf Henry Wallis aufmerksam geworden, doch was diesen Tipp von den Hunderten anderer unterschied, die unsere Telefonleitungen zum Glühen gebracht hatten, war die Tatsache, dass der Name Henry Wallis auch auf unserer Liste stand.
Er hatte als Barkeeper auf den Partys der Baileys gearbeitet und mit Sara Needleman eine Liebesbeziehung gehabt - bis sie ihn in die Wüste geschickt hatte. Der Tippgeber hatte gesagt, dass er in der Nacht vor Needlemans Tod gesehen hatte, wie Wallis mit seiner absolut unverwechselbaren Schrottkarre mehrfach vor Needlemans Haus auf und ab gefahren sei.
In seiner Strafakte waren mehrere Festnahmen wegen Körperverletzung verzeichnet.
Er war wegen häuslicher Gewalt, diversen Tätlichkeiten und Körperverletzung bereits mehrfach verurteilt worden, und einmal war er des Mordversuchs angeklagt gewesen, als er und ein paar andere betrunkene Schlägertypen einen Freier in einer Gasse hinter einer Kneipe so übel zugerichtet hatten, dass er um ein Haar dabei draufgegangen wäre.
Die Zeugen der Schlägerei hatten teilweise widersprüchliche Angaben gemacht. Die Beweislage war dürftig. Wallis wurde freigesprochen. Fall erledigt.
Den Unterlagen zufolge war Wallis weiß, eins achtundsiebzig groß, fünfundsiebzig Kilo schwer und, das war das Wichtigste, sechsundvierzig Jahre alt. Also war er alt genug, um
schon in den Achtzigerjahren einmal etwas über die High-Society-Morde gelesen zu haben.
Verdammt noch mal, er war alt genug, um sie begangen zu haben.
Conklin und ich fragten uns, ob Wallis einen Schlüssel für die Häuser der Baileys und Sara Needlemans gehabt hatte. Das kam uns eigentlich ziemlich wahrscheinlich vor.
Das Bild in der Akte war vier Jahre alt, aber er sah gut aus, selbst im grellen Blitz einer Polaroid.
Er besaß muskulöse Arme sowie Knast-Tätowierungen auf den Fingerknöcheln.
Was aber den Ausschlag gegeben hatte, dass Conklin und ich uns in unseren Dienstwagen gesetzt hatten, das war die Tätowierung auf Wallis’ linker Schulter, auf der sich eine Schlange durch die leeren Augen eines Totenschädels wand.
Conklin saß schweigend am Steuer, und ich konnte gut verstehen, wieso.
Wir malten uns beide aus, welche unterschiedlichen Szenen sich in der Torchlight Bar gleich abspielen konnten: Was wir machen würden, falls Wallis eine Waffe zog, falls er die Flucht ergriff, wie wir das, was da auf uns zukam, so regeln konnten, dass keine Unschuldigen zu Schaden kamen.
Conklin stellte den Wagen auf der Fifteenth zwischen Valencia Street und Guerrero Street direkt vor dem Torchlight Bar and Grill ab, einem weißen Holzschindelhäuschen, umgeben von Buchläden und Cafés.
Ich knöpfte meine Jacke auf und legte die Hand an meinen Pistolenknauf. Conklin tat es mir nach. Dann betraten wir die dunkle Bar. Auf dem weit oben an der Wand montierten Fernseher lief
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