Das 8. Gestaendnis
neben ihm. Ich genoss den Blick nach links in sein wunderschönes Gesicht, auf seine starken Hände am Lenkrad. Jedes Mal, wenn er merkte, dass ich ihn ansah, drehte er den Kopf, um mich anzusehen.
Wir grinsten einander an wie Highschool-Schüler ihren ersten Schwarm. »Schau lieber auf die Straße, Bürschchen«, sagte ich.«
»Ich würde dir am liebsten dieses Kleid da ausziehen«, sagte er.
»Das hab ich doch vorhin erst angezogen!«
»Jetzt fällt es mir wieder ein«, meinte er lüstern. »Also, was hast du gerade gesagt?«
»Yuki.«
»Genau. Yuki fährt also für ein paar Wochen weg.«
»Sie wollte für ein paar Wochen wegfahren, aber dann hat Parisi sie zu sich ins Büro bestellt und gesagt: ›Ich habe einen Fall für Sie, Ms. Castellano. Ich könnte mir vorstellen, dass da eine Beförderung drin ist. Und eine Gehaltserhöhung.‹«
Joe drehte am Lenkrad, und wir fuhren die Einfahrt des Convent of the Sacred Heart in Pacific Heights entlang, einer unvorstellbar schönen, aber irgendwie auch unheimlichen alten Stadtvilla, wo Joes Freund, der Bürgermeister, eine große Spenden-Gala zugunsten benachteiligter Innenstadtkinder veranstaltete.
Die Gästeliste war absolut erstklassig besetzt, und Joe, als Berater der US-Regierung, ehemaliger stellvertretender Direktor im Heimatschutz-Ministerium sowie Nahost-Experte, stand ganz weit oben.
Parkwächter in aufwendiger Seefahrerkluft traten aus dem Schatten hervor, und Scheinwerfer verliehen der Schule die Aura eines eleganten Nachtclubs. Herrschaften in exklusiver Kleidung verließen ihre teuren Autos, und Joe stieg aus unserem.
Er übergab die Schlüssel einem Parkwächter, kam dann um den Wagen herum und machte mir die Tür auf. Ich nahm seinen Arm.
»Und? Wie geht es weiter?«, fragte er.
Wir näherten uns dem Eingangsportal mit dem steinernen Portikus. Ich war mir ausgesprochen bewusst darüber, dass ich mich zur Abwechslung mal so richtig feingemacht hatte: hochhackige Pumps, die Haare hochgesteckt, ein langes rotes Kleid … und falls es überhaupt eine Abendrobe gab, die für eine einen Meter achtundsiebzig große Blondine gedacht war, dann die, die ich gerade trug. Und falls es überhaupt einen gut aussehenden Mann im Smoking gab, dann den, bei dem ich mich eingehängt hatte.
»Ach so. Parisi sagt also zu Yuki: ›Ich gebe Ihnen den Fall Rodney Booker. Gratuliere.‹ Er hat ihr eine Bombe in die Hand gedrückt, Joe. Acht Angeklagte, keine Zeugen, eine nicht identifizierbare mutmaßliche Tatwaffe und ein unsympathisches Opfer. Sie wird ein ganzes Jahr lang damit zu tun haben, und dann wird man sie vor Gericht in Stücke reißen.«
»Arme, bedauernswerte Yuki.«
»Hoffentlich kommt sie zwischendurch mal wieder zum Luftholen. Ich wünsche es ihr.«
Wir schritten über die Schwelle, wo die Cocktailparty bereits in vollem Gang war. Schöne Menschen in angeregte Gespräche vertieft, Lachen, widerhallende Stimmen in dem herrlichen, repräsentativen Saal mit seiner hohen Kassettendecke - erbaut nach dem Vorbild der vatikanischen Bauten aus der Blütezeit der italienischen Renaissance im 16. Jahrhundert.
Ein Kellner kam mit einem Tablett voller Champagnergläser vorbei, und Joe und ich nahmen uns jeweils eines.
Nach einem kleinen Schluck stellte Joe sein Glas auf einen Tisch, griff in seine Hosentasche und holte eine schwarze Samtschachtel hervor, die ich schon viele Male gesehen hatte. Er hatte sie mir schon zweimal geschenkt, und obwohl ich nie aus vollem Herzen Ja gesagt hatte, hatte ich sie doch vor dem Feuer gerettet, war mit ihr bei Joe eingezogen und hatte sie tatsächlich ab und zu aufgemacht, um nachzusehen, wo ich denn nun gerade stand.
Und jetzt klappte Joe die schwarze Muschelschachtel erneut auf und hielt sie so, dass die fünf Diamanten in der Platinfassung funkelten wie ein ganzer Kristallkronleuchter.
Ich hob den Blick, schaute ihn an und dachte, dass er diesen ganzen Schnickschnack eigentlich gar nicht nötig hatte. Ich würde ihn auch in einem hautengen Glitzer-Body lieben. Ich lächelte.
»Irgendwie habe ich gerade ein Déjà-vu«, sagte er.
Die Schmetterlinge in meinem Bauch schlugen Purzelbäume, aber ich blieb ruhig stehen und hielt dem Blick meines blauäugigen Adonis stand.
»Muss ich nach Queens zurückkehren und wieder bei meiner Mutter wohnen? Oder willst du mich heiraten, Lindsay? Möchtest du meine Frau werden?«
Während um uns herum alles durcheinanderwuselte, begann eine Band eine kitschige, sehr sentimentale
Weitere Kostenlose Bücher