Das 9. Urteil
des Southern District weiter. Sarah wollte mit der Mordkommission verbunden werden.
»Worum geht es denn?«
»Um Casey Dowling«, sagte Sarah. »Ich weiß, wer sie erschossen hat.«
»Einen Augenblick bitte. Sergeant Boxer legt gerade auf.«
Sarah war sich sicher, dass man ihren Anruf zurückverfolgen konnte, aber sie würde sich kurz fassen, und außerdem hatte sie von ihrem Standort aus einen guten Überblick, sodass sie jederzeit in der Menge untertauchen konnte, falls ein Polizist sich in der Nähe blicken lassen sollte.
»Hier Sergeant Boxer …«
»Ich habe das Haus der Dowlings ausgeraubt. Ich habe Casey Dowling nicht erschossen, aber ich weiß, wer es getan hat.«
»Wie heißen Sie?«
»Das kann ich Ihnen nicht verraten.«
»Das enttäuscht mich jetzt aber.«
»Hallo? Sind Sie noch da?« Sarah warf den nächsten Vierteldollar in den Münzschlitz.
»Erzählen Sie mir doch was, was ich Ihnen wirklich glauben kann«, sagte die Polizistin, »sonst lege ich auf.«
»Hören Sie«, meinte Sarah, »das ist die Wahrheit. Ich bin die Einbrecherin. Ich habe gerade den Safe im Wandschrank ausgeräumt, da sind Marcus und Casey ins Schlafzimmer gekommen. Sie haben sich gestritten. Dann hatten sie Sex. Ich habe ungefähr zwanzig Minuten lang gewartet, bis Marcus Dowling angefangen hat zu schnarchen, dann bin ich zum Fenster raus. Dabei habe ich einen Tisch umgestoßen. Das mit dem Tisch weiß bisher noch niemand, stimmt’s? Reicht das als Beweis? Weil Marcus Dowling ja ständig behauptet, dass Hello Kitty seine Frau umgebracht hat … aber das stimmt nicht.«
»Also gut, also gut, ich höre«, sagte Sergeant Boxer, »aber ein bisschen mehr als diesen anonymen Hinweis brauche ich schon. Kommen Sie aufs Präsidium und machen Sie eine Aussage. Dann kann ich Ihnen aus der Klemme helfen, und wir schnappen uns gemeinsam den Mörder von Mrs. Dowling.«
Sarah hatte es bildlich vor Augen, wie die Polizistin irgendjemandem ein Zeichen gab, den Anruf zurückzuverfolgen. Sie war jetzt schon viel zu lange in der Leitung.
»Wollen Sie mich verarschen? Ich soll zu Ihnen kommen, damit Sie mich festnehmen können?«
»Sie müssen ja nicht zu mir kommen. Ich komme zu Ihnen. Sie brauchen nur zu sagen, wo, und dann können wir uns unterhalten.«
»Marcus Dowling hat seine Frau umgebracht. Das war’s. Unterhaltung beendet.«
Sarah legte auf.
73
Conklin und ich legten gleichzeitig auf und starrten einander über den Berg aus Blumen auf meinem Schreibtisch hinweg an.
»Das war Hello Kitty«, sagte Conklin. »Das war die echte.«
»Warum haben wir an Dowling selbst keinen Schmauchspurentest gemacht? Nur an seiner Wäsche?«, fragte ich.
»Weil ich keinen angeordnet habe, verdammt«, sagte Conklin.
»Ich war ja auch da«, erwiderte ich und warf mein fades Thunfisch-Roggen-Sandwich in den Mülleimer. »Und Jacobi auch. Wir sind alle gemeinsam schuld.«
»Und außerdem hatten wir unsere Befehle«, sagte Conklin. »Fasst den Filmstar mit Samthandschuhen an, und dann hatte er ja noch einen Herzinfarkt, weißt du noch?«
»Einen sogenannten Herzinfarkt«, knurrte ich.
»Ach ja, und geduscht hat er auch noch. Jetzt wissen wir auch, wieso. Um sämtliche Pulverspuren zu beseitigen.«
Ich fasste meine Haare so dicht wie möglich an der Kopfhaut zusammen, suchte nach einem Gummiband und band mir einen Pferdeschwanz. Als ich mich das letzte Mal so inkompetent gefühlt hatte, war ich noch eine blutige Anfängerin gewesen.
Gestern Abend hatte Tracchio bekannt gegeben, dass der Lippenstift-Killer am Übergabeort nicht aufgetaucht sei und dass er mit seinem Brief im Chronicle eine falsche Fährte gelegt hatte. Cindy hatte in der heutigen Ausgabe einen Kommentar verfasst. In schnörkellosem Hemingway-Stil nannte sie den Lippenstift-Killer einen Feigling und mich eine Heldin. Seither war eine Wagenladung Blumen für mich abgegeben worden, die mittlerweile den gesamten Bereitschaftsraum füllten.
Ich fühlte mich überhaupt nicht heldenhaft. Ich hatte mein Bestes gegeben, und selbst das hatte nicht gereicht.
Drunten in der Golden Gate Avenue befasste sich das FBI jetzt mit dem Lippenstift-Killer. Dabei war auch jemand aus unserer Abteilung, unser Mann für alle Fälle, Jackson Brady. Er war perfekt für diese Aufgabe geeignet, ausgeruht und ganz heiß darauf, bei Tracchio einen guten Eindruck zu hinterlassen. Er hätte sich gar keinen besseren Fall wünschen können, um sein in Miami erworbenes Wissen zu demonstrieren. Und, ganz im
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