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Das abartige Artefakt

Das abartige Artefakt

Titel: Das abartige Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Aster
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Schlüpflings wachsen sehen, hatte den jungen Glimmboldt alles gelehrt, was ein Zwerg wissen musste. Zumindest hatte er es versucht. Glimmboldt war ein wenig begriffsstutziger als die meisten Zwerge. Dennoch hoffte Fazzgadt, dass er bald seinen eigenen Stollen würde graben können, um sich seine Hämmer selbst zu verdienen. Und dabei sollten ihm die wirren Prophezeiungen kleiner Schweine oder alter Priester nicht im Weg sein. Fazzgadt hatte viel Mühe darauf verwendet, ihm beizubringen, derlei nicht zu ernst zu nehmen…
    Fazzgadt schaute kurz auf. Ihm gegenüber auf der Tribüne saß der Kleine, feuerte ihn an und schwenkte zwei gefärbte Käferlederwimpel. Beim Ewigen Schmied, er liebte diesen Schlüpfling. Auch wenn er ein wenig zurückgeblieben war und wohl zeitlebens einen Hammer nicht von einer Axt würde unterscheiden können. Fazzgadt würde tun, was in seiner Macht stand, um ihn vor den dunklen Seiten des Schicksals, den Narreteien des Aberglaubens und schlechtem Bier zu bewahren.
    Der junge Glimmboldt winkte ihm begeistert zu. Fazzgadt musste lächeln.
    Neben seinem Zögling erkannte Fazzgadt den Zwerg, der ihn in die Arena gebracht hatte: Felsigk Klammgluth. Ein zwergischer Kunstbartschneider. Fazzgadt hatte ihn erst nach den turbulenten Ereignissen um den Schicksalszwerg kennengelernt, aber inzwischen war er der beste Freund, den er hatte. Es war Klammgluths Idee gewesen, Fazzgadt bei diesem Wettkampf antreten zu lassen. Er nickte seinem Freund kurz zu, dann senkte er den Kopf und konzentrierte sich, ebenso wie seine Gegner, wieder ganz auf seinen Bart.
    Als Wettkämpfer konnte man auch ohne die Gunst der Götter einiges für seinen Bartwuchs tun: Gerngroll trainierte mit Bartgewichten, und Hammerstein düngte in gleichem Maß von innen wie von außen mit Bartbier. (Eine spezielle Rezeptur, die seit Generationen in seiner Familie kursierte und die ganze Generationen von Bartwettwachsathleten zum Verzweifeln gebracht hatte.) Langstiel schließlich flocht sich einige Schichten vor den Wettkämpfen Blitzkäfer in den Bart, um das Wachstum mit Stromschlägen zu stimulieren.
    Bartwettwachsen war eine ernste Angelegenheit. Es war mehr als bloß Sport, es entschied Konflikte und begeisterte die Massen. Und die Bartathleten hatten nicht nur eine Vorbildfunktion, sondern durften am Tage der Bartweihe sogar neben dem Großen Verwalter sitzen und mit ihm aus dem Humpen der Götter trinken.
    Fazzgadts letztes Treffen mit dem Großen Verwalter lag noch nicht lange zurück und hatte nichts mit Sport zu tun gehabt. Er hatte an der Steinernen Tafel inmitten der fünf Zwerge gesessen, die von einer bedingt alten Prophezeiung zum Schicksalszwerg ernannt worden waren, der zur Rettung aller Zwergenartigen ausersehen gewesen war. Nachdem sie das hinter sich gebracht hatten, hatte der Mächtigste aller Zwerge sich bei ihnen bedankt.
    Wenn man bedachte, dass jeder von ihnen mehr als zweihundert Jahre seines Lebens dafür geopfert hatte, war das allerdings etwas spärlich.
    Fazzgadt war von einem Schlag auf den anderen ein alter Zwerg geworden. Zu alt, um in den Schächten zu schürfen, zu alt für den Hammer, zu alt für den Amboss.
    Aber alt genug für das Bartwettwachsen. Es war ein Veteranensport. Unter fünfhundert Jahren ließen die Bartrichter einen Zwerg gar nicht erst teilnehmen. Ein junger Zwerg hatte sich um seinen Hammer zu kümmern und in den Gängen zu arbeiten. Alle paar Schichten durfte er auf den Steinbänken der Arena sitzen, einen gut gewürzten Stein lecken und seinen Favoriten anfeuern. Vielleicht auch noch ein wenig wetten. Sein Gold und seinen Respekt aber hatte er sich in den Gängen zu verdienen.
    Obwohl auch die Wettkämpfer verdammt gut verdienten. Die Preisgelder waren beachtlich, es gab gutes Gold zu gewinnen. Führende Bartathleten wurden wie Helden verehrt. Ihre Bartfrisuren wurden kopiert, und es kursierten kleine Statuetten von ihnen.
     
     
    Natürlich wurde auch betrogen. Ob es sich um heimlich eingeflochtene Barthaare, Wettmanipulation oder künstlich hervorgerufenen Haarausfall handelte, die Palette war groß. Und die meisten Manipulationen hatte kein Geringerer als Felsigk Klammgluth erfunden, der in Wirklichkeit alles andere als ein Kunstbartschneider war.
    Das hatte er lediglich Fazzgadt erzählt. Denn Klammgluth war, ebenso wie sein Bruder, der legendäre Meisterdieb Bragk Nattergriff, von Schnappsagk Silberkies, dem Ahnherrn des Zwergischen Zwielichts, großgezogen worden. Wie

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