Das abartige Artefakt
fünfte Leibwächter entschloss sich zur Flucht, sodass der wütende Zwerg bloß noch dem Großen Verwalter in seiner Verkleidung gegenüberstand. Und sein Zorn schien bei Weitem nicht abgekühlt, als er mit erhobener Faust auf ihn zutrat.
„Und du? Suchst du auch Streit? Ich weiß nicht, ob ihr zu enge Helme tragt oder den falschen Stein gelutscht habt, aber ich weiß, dass dies nicht die richtige Schicht ist, um sich mit mir anzulegen! Ich habe gerade zwanzig Brocken Gold verloren! Zwanzig vermaledeite Brocken! Wenn du also darauf bestehst, schicke ich dein Gebiss auf Wanderschaft oder verpasse dir eine solche Beule, dass du dich in zweihundert Jahren noch daran erinnern wirst!“
Obwohl es ihm schwerfiel, wich der Große Verwalter nicht zurück. Im nächsten Moment hatte ihn der zornige Zwerg erreicht, sodass er unter seine Kapuze blicken konnte. Der Zwerg stutzte und ließ die Faust etwas sinken. Verwirrung machte sich auf seinem Gesicht breit. Er runzelte die Stirn, sodass sich sein Helm kurz hob.
Dann streifte der Große Verwalter seine Verkleidung ab und stand im nächsten Moment deutlich erkennbar vor dem Wutschnaubenden.
„Du bist der, den ich suche!“, rief er. „Dich zu finden, bin ich aufgebrochen! Sag, Zwerg, bist du bereit, deinem Herrn und seinem Volk zu dienen?“
Felsigk Klammgluth schaute sich verwirrt um. War das ein Scherz? Dass man für das Verprügeln von Zwergen in öffentlichen Gängen vom Großen Verwalter selbst belobigt wurde, hatte er bisher noch nicht gehört.
„Ein Zwerg wirst du den deinen scheinen, doch du wirst mein Auge sein im Fels, mein Ohr im Stein und mein Wille im Dunkeln“, fuhr der Große Verwalter in feierlichem Tonfall fort. „Du wirst der schwarze Menhir sein und tun, was niemand wissen wird!“
„Euer Helm scheint mir tatsächlich etwas eng zu sein…“, erwiderte Klammgluth zweifelnd.
Der Große Verwalter hörte nicht einmal hin. Stattdessen ergriff er seine Hand, trat näher an ihn heran und raunte ihm verschwörerisch zu: „Oh nein, Zwerg. Denn ich bin der Große Verwalter, der Herr aller Zwerge, und du wirst mein Siegel tragen. Was immer du brauchst, wirst du bekommen. Was immer du willst, wird dir gewährt. Du bist das geheime Werkzeug meines Willens. Und niemand darf davon wissen. Bist du bereit, Zwerg?“
Alles, was er brauchte, was er wollte… Bei den Worten seines Gegenübers kräuselte sich Klammgluth schier der Bart vor Vergnügen. Wenn dieser Zwerg tatsächlich der Große Verwalter war, dann hatte er einen Glückstreffer gelandet. Denn das Siegel des Verwalters öffnete seinem Besitzer nahezu alle Höhlen. Nach der Wettniederlage mit diesem verwanzten Fazzgadt hätte Klammgluth nichts Besseres passieren können. Als Anführer einer Geheimorganisation im Auftrag des Verwalters würde er den Einfluss der bedingt ehrbaren Bruderschaft des behände entwendeten Beutels in einem unvorstellbaren Maße ausbauen können. Womöglich würde er auf diese Art sogar Bragk Nattergriff aus dem Verlies befreien können. Und damit rückte das Undenkbare beinahe in Reichweite. Dieser Gedanke gefiel ihm. Obwohl die Bezeichnung schwarzer Menhir für seinen Geschmack etwas kurz war.
Mit einem gewinnenden Lächeln streckte ihm der Große Verwalter die Hand entgegen. Und Felsigk Klammgluth ergriff sie, ohne zu zögern. Während die ersten Leibwächter sich stöhnend wieder aufrappelten, schenkte er dem Herrn aller Zwerge ein breites Lächeln und schüttelte beherzt seine Hand.
Der Verwalter war zufrieden. Er hatte den Anführer des schwarzen Menhirs gefunden, wie es ihm der Schaum prophezeit hatte. Allerdings kam ihm in diesem Moment ein nicht unwichtiger Gedanke unter den Helm: Der schwarze Menhir würde eine Geheimorganisation sein. Letzten Endes aber vermochten nur Geheimnisträger Geheimnisse zu bewahren. Deswegen würde er die Leibwächter, die ihn auf dieser Schicht begleitet und alles mit angesehen hatten, zu Offizieren der Begnadeten Bewahrer ernennen müssen, damit sie das Wissen um den schwarzen Menhir fortan geflissentlich hüteten. Erst dann konnte der Große Verwalter wahrhaftig zufrieden sein…
KAPITEL 3
IN DEM SICH GHLIMM FUNKENSPRUNGK ETWAS
DAZUVERDIENT, DER SCHICKSALSZWERG HINTER DEM TOTENTOR ZUSAMMENKOMMT UND DIE GÖTTER WIEDER EINMAL ETWAS
UNMÖGLICHES VERLANGEN
Hinter dem Totentor, jener schmalen, doppelflügeligen Tür aus schwarzem Stahl, die gerade so breit war, dass eine Totenbahre mit vier Trägern
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