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Das abartige Artefakt

Das abartige Artefakt

Titel: Das abartige Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Aster
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hindurchpasste, lag das Feuerloch. Die Höhle war rund und hatte einen Durchmesser von einem halben Gang. Direkt hinter dem Eingang befand sich eine umlaufende Empore von vielleicht vier Zwerg Breite. Dahinter gähnte hinter einer Balustrade aus Stahlstreben der Abgrund, der tief ins glühende Herz der Welt hinabführte, wo das Urblut der Zwerge brodelte. Über allem wölbte sich eine glatt polierte Decke aus weißem Marmor, auf der stets ein Abbild der ungeheuren Glut in den Tiefen zu erahnen war.
    Das unruhige Licht weniger Fackeln mischte sich mit dem diffusen roten Leuchten vom Grunde des Feuerlochs, und im Zentrum der Höhle erhob sich über der tosenden Magma majestätisch eine riesige Felssäule.
    Das Plateau, in dem sie endete, war über eine breite Hängebrücke aus geschwärzten Eisengliedern mit dem Rand der Höhle verbunden.
    Dies war die Höhle, in der die Toten ihren letzten Weg antraten. Hinab, in das zähflüssige Feuer des Ursprungs, wo sie sich mit der ewigen Magma vereinten, um, kaum dass ihr Körper Glut geworden war, in die Hohe Höhle einzugehen.
    Ohne die Arbeitsmannschaften, die sie für gewöhnlich bedienten, wirkten die mechanischen Apparaturen auf dem Plateau, mit denen die Totensenker die Toten in die Magma hinabließen, geradezu verwaist. An stählernen Kränen mit monströsen Flaschenzügen hingen die eisernen Totenbahren, auf denen die Zwerge ihre letzte Reise antraten.
    Von riesigen Haken in der Decke hingen zahllose Ketten herab, mit Gliedern groß wie Zwergenfäuste, die über mächtige stählerne Rollen liefen und ein undurchschaubares Kettengewirr bildeten, dessen Ordnung allein die Totensenker zu durchschauen vermochten. Die Ketten bestanden aus gehärtetem Funkenschlägerstahl, der sogar der Hitze des Magmas widerstand.
    Das Feuerloch war ein heiliger Ort, ein ursprünglicher Ort, wo die Seele des Zwergentums in ewigem Feuer ruhte. Hier begann das Leben und hier endete es.
    Von tief unten drangen die leisen Geräusche des brodelnden Magmas herauf.
    Es war spät. Die letzte Schicht war gerade vorüber. Die nächste würde erst nach tausend Schlägen der Ruhe beginnen, und überall im Ehernen Imperium kehrten die Schürfbrüder in ihre Clansstädte heim, um dort über ihrem Feierabendbier einzuschlafen oder sich hingebungsvoll mit ihrem Nachbarn zu streiten.
    Selbst die Totensenker schliefen in ihren kleinen Kammern oberhalb der Empore.
    Aber sie hatten sich ihren Schlaf auch redlich verdient.
    In den Grenzen des Ehernen Imperiums war schon lange nicht mehr so viel gestorben worden wie in letzter Zeit. Während der vergangenen Schichten hatten sie Dutzende Zwerge in die Hohe Höhle geschickt. Die gesamte Stählerne Garde und manch ehrbaren Zwerg obendrein.
    Die Kurbeln hatten sich gedreht, und die Ketten im Feuerloch hatten gar nicht mehr stillstehen wollen, während Zwerg um Zwerg durch das niemals endende Feuer in die Hohe Höhle eingegangen war.
    Ghlimm Funkensprungk wartete am schweren Tor zum Feuerloch. Er war der Erste der Totensenker, jene Zwerge, die berufen waren, die Angehörigen ihres Volkes auf ihre letzte Reise zu den Göttern zu schicken. Über seinem Helm trug er die traditionelle weiße Spitzkappe, durch deren schmale Augenschlitze er neugierig in den Gang hinausblinzelte.
    Funkensprungk wurde von seinem Gewissen gequält. Er glaubte nämlich, für die furchtbaren Vorkommnisse der jüngeren Vergangenheit mitverantwortlich zu sein.
    Totensenker war, wenn man die normale Lebenserwartung eines Zwerges bedachte, eine äußerst triste Aufgabe. Wenn nichts Unvorhergesehenes geschah, dann starben im Verlauf von hundert Jahren höchstens drei Zwerge, was das zwergische Feuerbegräbnisgewerbe zu einem nicht besonders ausgelasteten Berufszweig machte.
    Tatsächlich waren die Totensenker die meiste Zeit über damit beschäftigt, ihre Gerätschaften zu warten und zu pflegen, die sie so gut wie niemals brauchten.
    Sicher, sie genossen hohes Ansehen, wurden gut bezahlt, unterstanden direkt dem höchsten aller Priester und bekamen bei der Totensenkung von den Bartbrüdern der meisten Verblichenen auch noch ein Fässchen Totentrunk geschenkt. Aber das konnte nicht darüber hinwegtrösten, dass sie die meiste Zeit über einfach nichts zu tun hatten.
    Zumal die Würde ihres Standes ihnen nicht erlaubte, dem Glücksspiel zu frönen oder Geschichtenerzählern zu lauschen. Außerdem trugen sie keine Rüstungen, sondern weiße Kutten und darüber hinaus auch noch diese albernen

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