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 Das Abkommen

Das Abkommen

Titel: Das Abkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyle Mills
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Ich war vermutlich nicht verrückt, aber alle in meiner näheren Umgebung gehörten ins Irrenhaus.
    Die Fernsehbildschirme waren noch dunkel, trotzdem starrten alle wie gebannt darauf. In der Zwischenzeit waren Stühle aufgestellt worden, und ich saß links von Paul Trainer, während Gregory Miller zu seiner Rechten Platz genommen hatte. Miller fuhr fort, den Einsatz zu erklären – dass Stephen und seine Männer unbemerkt an Bord des Schiffes gehen und dann versuchen würden, Ewings Entführer so schnell und leise wie möglich kampfunfähig zu machen, um die Geisel nicht zu gefährden. Ich versuchte, das Wort kampfunfähig mit dem Waffenarsenal von Stephens Männern in Einklang zu bringen, brachte es dann aber doch nicht fertig, mich so schamlos anzulügen, dass mir das gelungen wäre.
    Ich dachte darüber nach, welche Gräueltaten die Serben in der letzten Zeit vollbracht hatten, und was sie mit mir und Anne gemacht hätten, wenn Stephen nicht eingegriffen hätte, konnte aber trotzdem nicht umhin, Mitleid mit ihnen zu haben. Und ich konnte auch nicht umhin, mich zumindest teilweise für das, was jetzt geschehen würde, verantwortlich zu fühlen.
    Die Fernsehgeräte schalteten sich ein, als Stephen und seine Männer an der Außenseite eines Schiffes emporkletterten – ein stummes, wackliges Bild, das zum größten Teil aus Schatten und unterschiedlichen Perspektiven bestand.
    Was dann geschah, hätte ich gern als mutige, heldenhafte Aktion dargestellt. Ich hätte gern von Explosionen und erbitterten Nahkämpfen gesprochen. Ich hätte gern gesagt, dass Stephen und sein Team jede Anstrengung unternahmen, um ihren Einsatz ohne Blutvergießen auszuführen. Aber so war es nicht.
    Die kleinen, zitternden Bilder zeigten Männer, die Kaffee tranken, Karten spielten, schliefen, sich rasierten. Dann sah man den länglichen Schatten einer schwarz lackierten Klinge und eines leblosen Körpers, der lautlos auf das Deck herabgelassen wurde.
    Das Fernsehgerät, das mit STEPHEN gekennzeichnet war, erinnerte mich an eines von Darius’ Videospielen, und ich spürte ein vertrautes, flaues Gefühl im Magen, als die Kamera sich ein enges Treppenhaus hinunterbewegte.
    Sie fanden Ewing auf dem Boden eines kleinen Raums sitzend, mit hinter dem Rücken zusammengebundenen Händen. Es war noch ein zweiter Mann im Raum, der sofort angriff, doch ein Schlag ins Gesicht mit dem Griff von Stephens Waffe ließ ihn zu Boden sinken. Dann stieß ihm Stephen mit einer geübten Bewegung sein Messer in einen Rückenwirbel.
    Als Ewing von seinen Fesseln befreit wurde, war mir schlecht. Ich bekam noch mit, wie er aufstand, seine Handgelenke rieb und seine Lippen ein stummes Danke formten. Den Rest sah ich mir nicht mehr an.

SIEBENUNDDREISSIG
    Während ich immer noch versuchte, die Ereignisse der letzten Nacht aus meinen Gedanken zu verdrängen, drückte ich auf ein paar Knöpfe im Fahrstuhl, sodass er einige zusätzliche Stopps einlegte, als er sich von Terras Tiefgarage aus nach oben bewegte. Ich stand reglos an der hinteren Wand, während die Türen sich öffneten, leere Flure zeigten und sich gleich darauf wieder schlossen.
    Als ich ausstieg, stellte ich fest, dass links und rechts von der dicken Glaswand, mit der der Empfangsbereich der Vorstandsetage abgesichert war, zwei neue Sicherheitsbeamte standen. Sie sahen mir entgegen und wunderten sich mit Sicherheit über mein heraushängendes Hemd, die zerknitterte Hose und die fehlende Krawatte, gaben dann aber einen Code auf einem Tastenschloss ein und entriegelten die Tür.
     
    »Trevor, wo waren Sie denn?«, flüsterte Anne laut, nachdem sie aufgesprungen war und mich am Arm gepackt hatte. »Alles in Ordnung mit Ihnen?«
    Ich glaube, sie sah sehr hübsch aus, aber so genau kann ich mich nicht mehr daran erinnern. »Mir geht’s gut.«
    »So sehen Sie aber nicht aus. Wo waren Sie gestern Abend? Ich bin bis Mitternacht aufgeblieben, aber Sie sind nicht nach Hause gekommen.«
    »Das möchten Sie gar nicht wissen.«
    Normalerweise hätte sie eine solche Antwort nicht akzeptiert, doch an diesem Tag zog sie lediglich die Augenbrauen zusammen und wechselte das Thema. »Haben Sie mit dem Präsidenten gesprochen?«
    Ich nickte.
    Sie ließ mich los, und ich spürte ihren Blick auf mir, während ich in mein Büro ging und die Tür hinter mir zuzog.
    Vor drei Wochen hatte ich einen sicheren Job gehabt, die Illusion von Freunden, eine ehrenamtliche Stellung bei Smokeless Youth, die meine Seele davor bewahrte,

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