Das Abkommen
vollkommen schwarz zu werden, und eine Frau, der ich vergeblich hinterherrannte, um zu verhindern, dass mein Leben zu eintönig wurde. Damals war alles so … ruhig gewesen.
»Trevor! Haben Sie das schon gesehen?«, sagte Paul Trainer, der durch die Tür stürmte. Er kramte in einer Schublade meines Schreibtisches herum, bis er eine Fernbedienung gefunden hatte. Einen Moment später wurde ein Fernsehgerät, von dessen Existenz ich noch gar nichts gewusst hatte, aus einem verschnörkelten Holzgehäuse ausgefahren.
»… mir flogen die Kugeln um den Kopf, als ich evakuiert wurde.« Ken Ewing sah etwas ramponierter aus als ich ihn in Erinnerung hatte. Er hatte zwei Veilchen, über den Nasenrücken zog sich ein Spinnennetz aus kleinen Schnittwunden, und sein rechter Arm steckte in einer Schlinge. »Wir mussten mit dem Schlauchboot ablegen und wegfahren, obwohl zwei von unseren Jungs noch an Bord waren, aber wir sind etwa hundert Meter vom Heck entfernt stehen geblieben und haben auf sie gewartet. Eine Minute später haben wir gesehen, wie sie bei einer Explosion über die Heckreling geschleudert wurden. Zum Glück haben wir sie beide herausbekommen. Einer von ihnen …«
Als das Bild sich änderte und Ewings rührendes Wiedersehen mit seiner Frau und seinen Töchtern gezeigt wurde, drückte Trainer auf die Stummschaltung.
An die Explosion konnte ich mich erinnern, aber sie war nicht ganz so abgelaufen, wie Ewing das beschrieben hatte. Ich hatte stumm neben meinem Vater gestanden und zugesehen, wie die Zerstörung des serbischen Schiffes eine künstliche Morgendämmerung am Horizont entstehen ließ. Irgendwann hatte ich einen Blick in seine Richtung geworfen und gesehen, wie die Flammen sich in seinen Augen spiegelten, doch er schien mit seinen Gedanken ganz woanders gewesen zu sein.
Ich ging davon aus, dass Ewings Bericht von unseren Marketingleuten optimiert worden war, und es in Wahrheit so gewesen war, dass Stephens Leute ein paar Sprengladungen zurückgelassen hatten, um die Serben, ihr Schiff und etwaige an Bord vorhandene Beweise schnurstracks auf den Grund des Meeres zu befördern.
»Das bringt das Blut doch so richtig zum Kochen, nicht wahr?«, bellte Trainer.
»Könnte man so sagen.«
Er warf mir einen missbilligenden Blick zu und verbiss sich einen Schmerzensschrei, als er sich etwas zu lässig auf einen Stuhl fallen ließ. »Nicht schlecht, oder? Ein heldenhafter Schlag gegen den Terrorismus und das organisierte Verbrechen – mit freundlicher Empfehlung der amerikanischen Tabakindustrie. Wenn das nicht Glück im Unglück ist.«
Glaubte ich wirklich, dass Paul Trainer das Ganze inszeniert hatte? Wahrscheinlich nicht. Aber hatte er die Verbindungen der Tabakindustrie zu ausländischen Schmuggelorganisationen genutzt, um so etwas zu provozieren? Hatte er über die entsprechenden Kanäle anklingen lassen, dass sich eine Entführung von mir und Ewing für die Kidnapper unter Umständen lohnen würde? Hatte er Ewing in Gefahr gebracht, indem er den Ermittlungsbehörden wichtige Informationen vorenthalten hatte, weil er auf einen PR-Coup gehofft hatte? Mit Sicherheit.
»Ich kündige.«
»Was?« Trainer erstarrte.
Ich hatte Anne versprochen zu bleiben, doch die Ereignisse der letzten Nacht rochen nach kaltblütigem, vorsätzlichem Mord. Realistisch gesehen hätten sie und ich doch sowieso nicht viel ausrichten können. Wir hätten vielleicht einen fast unmerklichen Einfluss auf die weitere Entwicklung nehmen können, doch es wäre schnell klar gewesen, aus welcher Ecke dieser Einfluss kam, und Terras Marketingabteilung hätte ihn im Handumdrehen wieder zunichtegemacht. Und wie weit hatten wir eigentlich gehen wollen, um etwas zu erreichen, das letzten Endes doch nur eine nutzlose Geste gewesen wäre?
»Ich sagte, ich kündige.«
»Sie können doch nicht einfach kündigen. Nicht jetzt.«
»Doch, ich kann. Wissen Sie, eigentlich habe ich nie bei Terra arbeiten wollen. Ich habe es nur getan, weil … weil ich nie eine Alternative gesehen habe. Und es war auch ganz in Ordnung, solange ich mich von neun bis fünf in meinen Akten vergraben und dann nach Hause gehen konnte. Aber ich wollte nie ein Teil des Ganzen hier werden.«
»Warum denn nicht?«
»Weil ich das, was uns die Öffentlichkeit vorwirft, glaube. Ich glaube, dass wir bewusst den Tod verkauft und dann darüber gelogen haben. Ich glaube, dass wir uns Kinder als Kunden heranziehen. Ich glaube – zum Teufel, ich weiß –, dass wir
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