Das Abkommen
hätte auf der Stelle das Büro verlassen, wenn meine Beine mitgemacht und sich in Bewegung gesetzt hätten.
Schließlich mischte sich Trainer ein, wofür ich ihm ewig dankbar sein würde – jedenfalls dachte ich das zu der Zeit.
»Dann sieht es also ganz danach aus, als ob alle gegen uns wären. Die Geschworenen werden uns aus reiner Bosheit abzocken, und dieser Richter wird mitmachen, egal, wie rechtswidrig und gefühlsbetont der Urteilsspruch ausfällt.«
»Paul, wir haben noch nicht verloren«, meinte mein Vater.
»Da bin ich mir nicht mehr so sicher, Edwin … Wie stehen meine Chancen, was meinst du?«
»Das ist schwer zu sagen. Es hängt ganz davon …«
»Wie stehen meine Chancen?«, wiederholte Trainer.
Ich überlegte, ob ich gehen sollte. Man hatte mich zwar noch nicht entlassen, aber das lag wohl nur daran, dass die anderen völlig vergessen hatten, dass ich da war.
»Ich glaube nicht, dass man …«
»Großer Gott, Edwin! Das kann doch nicht so schwer sein! Wie stehen meine Chancen?«
»Eins zu fünf, dass wir gewinnen«, gab mein Vater schließlich zu.
»Danke! Eins zu fünf. Das ist eine Zahl, mit der ich arbeiten kann. Du sagst also, dass ich und die Vorstandsvorsitzenden der anderen Firmen in Kürze dazu verurteilt werden, zweihundertfünfzig Milliarden Dollar an die Kläger zu zahlen, und dass wir diese Summe nicht als Kaution für eine Berufung aufbringen können, egal, wie sicher das Ergebnis des Berufungsverfahrens auch aussehen wird. Du sagst, dass ich zwölf Cowboys, die in einem Gerichtssaal in Montana sitzen und Geschworene spielen, auf Gedeih und Verderb ausgeliefert bin. Und du sagst ferner, dass ich nichts dagegen tun kann und es einfach so hinnehmen soll.«
»Es geht hier nicht um die Kläger«, sagte mein Vater. »Es geht um die Anwälte. Und die Anwälte wollen ihr Geld haben. Sie werden einen Vergleich aushandeln, ihren Klienten ein bisschen Kleingeld hinwerfen und diesen Prozess als reiche Männer beenden.«
»Du meinst also, ein paar Milliarden genügen?«, erwiderte Trainer höhnisch. »Und was ist mit den fünfzigtausend anderen Anwälten, die sich schon die Lippen lecken und nur darauf warten, dass man uns verurteilt? Wir werden mit Sammelklagen überzogen werden, von Leuten, die uns dafür verantwortlich machen, dass sie nicht mehr anständig pupsen können. In den nächsten zehn Jahren werden wir ganz langsam ausbluten.«
Ich fing an, rückwärts auf die Tür zuzugehen, als Trainer aus einer Packung vor sich eine Zigarette herausholte und anzündete. Sein knochiger Brustkorb hob sich merklich, als er einen tiefen Zug nahm.
»Wisst ihr, was ich jetzt spüre? Ich spüre Genuss, Ruhe, Vertrautheit … Entspannung«, sagte er, während er zu mir kam und mir die Zigarette in die Hand drückte. »Trevor, was spüren Sie? Sagen Sie es mir.«
Ich nahm einen ungewöhnlich langen Zug und wartete, bis der Rauch meine Lungen füllte. Die anderen starrten mich an.
Bis heute habe ich keine Ahnung, warum ich das, was Trainer gesagt hatte, nicht einfach etwas umformulierte. Vielleicht wollte ich vor meinem Vater angeben. Vielleicht wollte ich unbewusst immer noch eine Kündigung und die Furcht einflößende Freiheit, die damit einherging.
»Ich spüre …« Meine Stimme verlor sich für einen Moment. »Ich spüre, wie die Hyperplasie der Epithelzellen präinvasive Läsionen hervorruft. Ich spüre, wie Karzinogene den Kern meiner Zellen durchdringen und ihre genetische Zusammensetzung verändern. Ich spüre, wie meine Flimmerhaare langsam gelähmt werden …«
Die Leute am Tisch – vor allem mein Vater – waren so still, dass sie wie die toten Bankräuber aussahen, die man früher im Wilden Westen aufrecht aufgebahrt hatte. Trainer dagegen nickte nachdenklich, nahm mir die Zigarette ab und ging wieder zu seinem Stuhl.
»Trevor hat recht«, sagte er. »Inzwischen denken alle nur noch daran, wie gefährlich Rauchen ist. Aber sie wollen alle ihren Kuchen haben und ihn auch essen. Sie wollen das Vergnügen, aber kein Risiko.«
»Das stimmt nicht«, hörte ich mich sagen.
»Trevor, das reicht …«, warnte mich mein Vater.
»Sie wollen das Risiko«, sagte ich. »Inzwischen gehört das zum Image. Aber sie wollen zu den Menschen gehören, die Glück haben.«
Trainer lächelte. »Und wenn sie kein Glück haben, wollen sie sich wenigstens sagen können, dass sie nicht dafür verantwortlich sind. Sie wollen die letzten Tage ihres Lebens damit verbringen nachzuweisen, dass jemand
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