Das achte Opfer
Richter, Jurist, und das gleiche war dieser Cicero vor zweitausend Jahren auch.«
Berger seufzte auf. »Sie haben wohl recht, obwohl ich kaum glaube, daß wir etwas Brauchbares finden werden. Das wäre dann schon eine große Portion Zufall.«
Mittwoch, 15.20 Uhr
Rhein-Main-Flughafen Frankfurt. Die Frachtmaschine aus Paris landete mit zwei Minuten Verspätung. Vier Zöllner und zwei Beamte des Drogendezernats warteten, bis die Maschine entladen und die in Holzkisten verpackte Warein den Frachtraum gebracht worden war. Sie überprüften die Papiere, die ordnungsgemäß ausgefüllt waren. Mit Stemmeisen öffneten sie die erste Kiste, Computer, die in Schaum verpackt waren. Sie entfernten den Schaum, holten einen Computer heraus, zerlegten den Monitor und den Tower, doch alles, was sie fanden, waren elektronische Bauteile. Die Hunde wurden geholt, doch keiner von ihnen machte Anzeichen, als wittere er etwas. Nach und nach wurden alle siebzig Kisten geöffnet. Kein Heroin.
»Verdammte Scheiße!« sagte einer der Zöllner. »Computer und Fernseher! Da hat uns wohl jemand ganz schön gelinkt. Von wem kam die Information, daß hier Heroin transportiert werden sollte?«
»Ein anonymer Anrufer«, sagte ein Beamter vom Drogendezernat. »Tut mir leid, mehr kann ich auch nicht sagen.«
»Wahrscheinlich ein Witzbold. Aber ich mag solche Witze nicht. Macht diese verdammten Kisten wieder zu und dann weg damit. Ich hab die Schnauze voll.«
Die beiden Fahrer der Spedition warteten bereits ungeduldig darauf, daß die Kisten auf ihre beiden Trucks geladen werden konnten. Bestimmungsort war ein Lagerhaus für Elektrogeräte in Eschborn.
Mittwoch, 15.30 Uhr
Das Telefon klingelte, als Professor Meininger sich gerade zum Gehen bereit machte. Mißmutig drehte er sich um, ließ es dreimal läuten, als überlegte er, ob er noch drangehen sollte, entschloß sich dann aber doch, den Hörer abzunehmen.
»Meininger«, meldete er sich etwas unwirsch.
»Ja, hallo, ich bin’s, Cicero.«
»Oh. Du hast mich gerade noch erwischt: Ich war schon auf dem Weg nach Hause. Was kann ich für dich tun?«
»Es geht um meine Frau. Sie ist in den letzten Tagen wieder besonders schlecht drauf. Wäre es möglich, wenn du sie dir mal ansehen würdest?«
»Du solltest besser in die Klinik mit ihr fahren, wenn es so bedenklich ist . . .«
»Nein, das will ich eben nicht. Jedesmal, wenn sie in der Klinik war, schien sie mir noch depressiver zu sein. Wir würden deine Zeit auch nicht lange in Anspruch nehmen, versprochen.«
»Darum geht es doch gar nicht. Aber gut«, Meininger schaute zur Uhr, sagte dann: »Ich muß noch in die Stadt fahren, zum Zahnarzt und dann ein paar Sachen erledigen. Ich bin so gegen sechs, halb sieben zu Hause. Würde euch sieben passen?«
»Eher etwas später, da ich vor halb acht kaum zu Hause sein werde. Dann muß ich noch eine Kleinigkeit essen . . . Halb neun?«
»Halb neun, neun, mir ist das egal, ich bin sowieso allein zu Hause. Meine Frau ist verreist, und unsere Haushälterin hat heute ihren freien Tag.«
»Danke, wir werden dann so zwischen halb neun und neun bei dir sein. Vielleicht kannst du ihr etwas verschreiben . . .«
»Kommt erst mal vorbei, dann sehen wir weiter. Ich muß sie mir anschauen. Jetzt muß ich aber los, sonst verpasse ich noch meinen Zahnarzttermin. Bis nachher.«
»Bis nachher, und laß dir nicht zu tief in den Mund schauen.«
Er legte auf, wandte sich um und ging zum Fenster. Sein Blick ging von seinem Büro im dreißigsten Stock des Messeturms über die Stadt. Die Sonne tauchte die Stadt inein grelles Licht. Er kniff die Lippen zusammen, drehte sich um, ging zu dem Schrank mit dem Barfach, holte die Flasche Cognac und ein Glas heraus und schenkte sich ein. Er setzte das Glas an und schüttete den Inhalt in einem Zug herunter. Er schüttelte sich, stellte das Glas auf den Schreibtisch, auf dem sich die Akten stapelten. Er hatte noch einen Klienten, der in zehn Minuten kommen und nicht länger als eine Viertelstunde bleiben würde. Die restlichen Termine des Tages hatte er gestrichen. Nachdem der Klient gegangen war, packte er seine Tasche, sagte seiner Sekretärin Bescheid, daß er jetzt gehen würde.
Um siebzehn Uhr stieg er in seinen Jaguar, lenkte den Wagen aus der Tiefgarage, legte eine CD von Tschaikowsky ein und fuhr nach Hause.
Seine Frau saß in ihrem Sessel und starrte auf den Fernsehapparat, wandte kurz ihren Kopf in seine Richtung, ein leichtes Lächeln huschte über
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