Das achte Opfer
gehabt. Er wollte andere, jüngere haben.«
»Und hat er die bekommen?«
»Keine Ahnung, ich habe mich nicht mehr darum gekümmert. Ich habe nur noch meine Arbeit gemacht, mehr nicht. Es gab keinerlei persönliche Kontakte zwischen uns. Das kann ich Ihnen garantieren. Ich bin seit anderthalb Jahren fest liiert . . .«
»Was heißt das, fest liiert? Verheiratet?«
»Nein, aber ich habe einen Lebensgefährten, mit dem ich zusammenlebe.«
Kommissarin Durant nickte, erhob sich, reichte Frau Rohmer die Hand. »Vielen Dank für Ihre Hilfe, ich muß jetzt noch einige andere Angestellte befragen. Auf Wiedersehen.«
»Auf Wiedersehen. Und hoffentlich finden Sie den Dreckskerl bald.«
»Wir werden unser Bestes tun.« An der Tür wandte sie sich noch einmal um. »Wären Sie bitte so freundlich, mir zu sagen, wie alt Sie sind?«
»Achtundzwanzig.«
»Danke.«
Julia Durant und ihre Kollegen setzten zwei Stunden lang die Befragungen fort, ohne Ergebnis. Als sie um halb elf das Gebäude verließen, begann es zu regnen. Ein warmer, böiger Wind fegte durch die Straßen. Im Auto besprachen sie sich kurz, bevor sie die Rückfahrt zum Präsidium antraten. Julia Durant und Hellmer rauchten, während Kullmer gelangweilt auf dem Rücksitz saß und aus dem Fenster sah. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.
Mittwoch 10.45 Uhr
Als sie ins Präsidium zurückkehrten, war der Regen noch heftiger geworden. Julia Durant betrat als erste das Büro, warf nur einen kurzen Blick auf ihren Schreibtisch und zuckte zusammen. Eine weiße Lilie und ein Brief. Sie ging langsam näher, nahm den Brief, öffnete ihn vorsichtig, als könnte er eine Bombe enthalten.
»Wann kam das?« fragte sie mit kehliger Stimme.
»Kurz nachdem Sie weg waren. Viertel nach acht etwa«, antwortete Berger.
»Und wer hat es gebracht?«
»Ein Bote hat es unten abgegeben.«
»Scheiße, dann wissen wir nicht einmal etwas über diesen Boten! Verdammt!«
Sie begann zu lesen.
Das erste Werk ist vollbracht. Doch es werden noch weitere folgen, denn die Erde muß gereinigt werden von ihrem Abschaum, der ihr die Luft zum Atmen nimmt.
Denn die Erde ist entweiht durch ihre Bewohner, denn sie haben die Weisungen übertreten, die Gesetze verletzt . . .
PS: Haben Ihnen die Blumen zugesagt? Ich finde, weiße Lilien haben etwas Anmutiges, aber auch etwas Trauriges. Es ist schade, daß es so viel Trauriges auf der Welt gibt.
»Ich wußte es, verdammt noch mal, ich wußte es«, preßte sie hervor. »Hier, lest selber. Dann glaubt Ihr mir vielleicht endlich.«
Sie zündete sich eine Gauloise an, während Hellmer und Kullmer lasen. Als sie fertig waren, legten sie den Brief auf den Tisch.
»Und nun?« fragte Hellmer. »Und nun?« äffte die Kommissarin ihn nach und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Nichts, absolut nichts! Das ist doch der Mist! Wir wissen bis jetzt nicht das geringste von diesem Kerl. Wir wissen auch nicht, wann und wo er wieder zuschlägt und wer sein nächstes Opfer sein wird. Alles, was wir wissen, ist, daß es ein nächstes Opfer geben wird. Und er wird bestimmt wieder mit der gleichen Kaltblütigkeitvorgehen wie bei Matthäus, da verwette ich meinen . . .«
»Arsch drauf! Ich auch«, sagte Kullmer, mit einem Mal ernst.
»Was ist mit der Spurensicherung? Haben die irgendwas Brauchbares für uns?« fragte sie Berger. Er schüttelte mit dem Kopf.
»Nein, weder in der Kartei bekannte Fingerabdrücke noch irgendwelche anderen verwertbaren Spuren. Und Ihre Befragung, was hat die ergeben?«
»Keinem ist irgendeine fremde Person aufgefallen, obgleich um halb fünf noch zwanzig Mitarbeiter auf der Etage waren. Das einzige, was wir über Matthäus herausfinden konnten, ist, daß er offensichtlich hinter jungem Fleisch her war. Die Leiterin der Personalabteilung ist gerade mal achtundzwanzig Jahre alt, sehr jung für eine derart verantwortungsvolle Aufgabe. Sie gab mir gegenüber zu, bis vor drei Jahren etwas mit Matthäus gehabt zu haben. Ich glaube aber nicht, daß wir damit auch ein Motiv haben. Derjenige, der Matthäus umgebracht hat, tat dies aus einem anderen Grund. Doch welchem? Einen Weiberhelden richtet man nicht so zu, vor allem schreibt man ihm nicht diese Zahl auf die Stirn. Selbst der größte religiöse Fanatiker tut das nicht, außer er ist wirklich völlig von der Rolle. Nein, seine Weibergeschichten sind nicht der Grund.«
»Und was macht Sie da so sicher?« fragte Berger.
»Auch wenn vielleicht Sie nichts drauf geben – mein
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