Das achte Opfer
schlimmer ist und der Reputation von Doktor Winzlow noch weitaus größeren Schaden zugefügt hat, ist die Anschuldigung, er habe einen Auftragskiller auf vier Menschen angesetzt. Doch kommen wir zurück zu Ihnen; was haben Sie auf diesen Anruf hin genau unternommen?«
»Wir haben uns die Namen der Toten geben lassen und einen richterlichen Durchsuchungsbefehl sowohl der Geschäfts- als auch der Privaträume von Doktor Winzlow angefordert. Was wir auch bekommen haben, denn Doktor Winzlow stand schon seit längerem auf unserer Liste.« Nach dem letzten Satz schoß ihr die Röte ins Gesicht, sie hätte sich am liebsten in Luft aufgelöst. Es war der dümmste Satz, den sie seit langem von sich gegeben hatte. Dreekmann reagierte sofort. Er grinste maliziös.
»Oh, schau an, er stand schon seit längerem auf Ihrer Liste! Was für eine Liste ist das denn? Eine schwarze Liste? Eine, in der ehrbare Bürger aufgeführt sind . . .«
»Einen Augenblick bitte!« warf Staatsanwalt Anders genervt ein. »Diese Art der Befragung stellt die Polizeiarbeit in Frage. Ich bitte den Herrn Anwalt, keine die Polizei diskriminierenden Fragen zu stellen beziehungsweise Äußerungen zu machen.«
»Bitte formulieren Sie Ihre Frage anders«, sagte der Richter. »Gut, lassen wir das. Nennen Sie mir doch bitte die Namen der Toten.«
»Das kann ich nicht, er hat nur die Anfangsbuchstaben genannt.«
»Die Anfangsbuchstaben, interessant. Und wie lauten die?«
»I. T. und N. B.«
»I. T. und N. B. Wie viele Menschen auf dieser Welt haben wohl diese Initialen? Eine Million, zehn Millionen oder gar mehr?«
»Wir haben zwei Tote, bislang unidentifiziert, nach Gutachtermeinung osteuropäischer Abstammung. Die Art ihres Todes läßt auf eine Hinrichtung schließen.«
»Und was hat mein Mandant damit zu tun?«
»Das wissen wir nicht. Noch nicht.«
»Ist es nicht so, daß die beiden Getöteten durch einen Genickschuß hingerichtet wurden? Und daß diese Art der Tötung eher im Bereich des organisierten Verbrechens zu finden ist? Womit Sie aber wiederum Doktor Winzlow unterstellen, Mitglied eines Mafiaclans zu sein. Halten Sie das nicht selbst für ein bißchen sehr weit hergeholt?«
»Es gibt viele sogenannte honorige Bürger, die mit der organisierten Kriminalität zu tun haben«, versuchte sich Julia Durant zu verteidigen.
»Nicht Doktor Winzlow!« sagte Dreekmann laut. »Aber mein Mandant soll ja noch zwei weitere Männer in den Tod geschickt haben. Wo sind die Leichen?«
Einen Moment lang stockte Julia Durant, schließlich sagte sie: »Wir haben die Leichen nicht gefunden.«
»Interessant. Da gibt es also zwei Leichen und doch keine Leichen. Dumm, sehr dumm. Aber mal sehen, vielleicht tauchen sie ja eines Tages auf, irgendwie und irgendwo. Vielleicht sind sie auch gar nicht tot. Vielleicht war Ihr anonymer Anrufer auch nur jemand, der meinem Mandanten eins auswischen wollte. Könnte es nicht so gewesen sein?«
»Wir haben in einem seiner Häuser mehrere Kilo Heroin sowie drei Kisten mit Kalaschnikows sichergestellt . . .«
»Ich welchem Haus? Doktor Winzlow besitzt insgesamt drei Häuser in Frankfurt, von denen zwei vermietet sind, er ist lediglich der Eigentümer.«
»Holzhausenstraße . . .«
»Holzhausenstraße! Mein Gott, das Haus in der Holzhausenstraße! Und Sie meinen, nur weil in diesem Haus, das übrigens sehr sauber und gut geführt ist, Waffen und Drogen gefunden wurden, sei mein Mandant ein berüchtigter Krimineller?! Oder denken Sie etwa, nur weil in besagtem Haus von einigen Mieterinnen dem ältesten Gewerbe der Welt nachgegangen wird, müsse Doktor Winzlow automatisch Dreck am Stecken haben?! Welch absurde Idee! Was glauben Sie wohl, in wie vielen Häusern in dieser großen Stadt Sie kiloweise Drogen und Waffen fänden, wenn Sie sie alle durchsuchen würden? Und wäre dann jedesmal der Eigentümer des jeweiligen Hauses automatisch kriminell? Was hat mein Mandant bei der Vernehmung gesagt?«
»Nichts.«
»Er hat zu den Vorwürfen keine Stellung bezogen? Er hat nicht gesagt, daß er von der ganzen Sache nichts weiß?«
»Doch.«
»Und Sie haben ihn trotzdem vierundzwanzig Stundenunter menschenunwürdigen Bedingungen in einer Ihrer winzigen Zellen gefangengehalten!« Dreekmann hielt kurz inne, bevor er fortfuhr: »Ihnen ist sicherlich nicht bekannt, daß mein Mandant unter extremer Klaustrophobie leidet und außerdem einen schweren Herzfehler hat. Oder wissen Sie es doch?«
»Wir haben es später erfahren.«
»So,
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