Das achte Opfer
verscheuchen.Vom Auto aus wählte sie die Nummer von Hellmer, der nach dem dritten Läuten abnahm. Sie berichtete ihm kurz von ihrem Treffen mit Elvira Winzlow und daß ihr Verdacht Winzlow betreffend sich bestätigt hatte.
Samstag, 14.00 Uhr
Frank Hellmer tigerte in seinem Zimmer ruhelos auf und ab, das Telefongespräch mit Julia Durant hatte er schon fast wieder vergessen. Er hatte kaum etwas gefrühstückt, nur eine Scheibe Toast mit Himbeermarmelade und eine Dose Bier, dafür fast eine ganze Schachtel Zigaretten geraucht. Immer wieder ging sein Blick zum Telefon, wollte er den Hörer in die Hand nehmen, ihre Nummer wählen. Er trank eine zweite Dose Bier, danach einen Schluck Wodka. Es war stickig im Zimmer, Hellmer trug nur ein T-Shirt und eine kurze Sporthose, er war barfuß. Schließlich nahm er all seinen Mut zusammen, griff zum Telefon, wählte die Nummer von Nadine Neuhaus. Sie war nicht selbst am Apparat, sondern die Haushälterin.
»Könnte ich bitte mit Frau Neuhaus sprechen?« fragte er. »Einen Augenblick, ich hole sie.«
Wenig später meldete sich Nadine Neuhaus.
»Ja, bitte?«
»Hallo, hier ist Frank. Ich wollte nur mal hören, wie’s dir heute so geht?«
»Es geht. Rufst du nur deswegen an?«
»Ja und nein. Ich wollte einfach mit dir sprechen. Vielleicht können wir uns ja auch mal sehen. Was hältst du davon?«
Einen Moment hörte er nur ihr Atmen, dann sagte sie: »Meinst du nicht, wir sollten das lassen? Es würde nicht gutgehen, das weißt du.«
»Warum nicht? Ich habe nie aufgehört, an dich zu denken. Ich empfinde eine Menge für dich. Und ich habe verdammt viel leiden müssen . . .«
»Du, du, du! Du redest wie früher immer nur von dir. Weißt du eigentlich, wie ich gelitten habe? Du hättest alles haben können, ich hätte alles für dich getan, aber du hast die Dinge, die mir wesentlich waren, hinausgeschoben und immer weiter hinausgeschoben. Und dann auf einmal war es zu spät.«
»Ich weiß, ich habe viele Fehler gemacht, und ich bereue sie. Aber können wir nicht einen Schlußstrich unter die Vergangenheit ziehen? Wir haben beide viel durchgemacht, und wir haben es verdient, daß es endlich bergauf geht.«
»Bergauf, wir beide zusammen? Es hat damals nicht geklappt, und es würde –«
»Es würde klappen, wenn wir nur beide wollen! Was hältst du davon, wenn wir den morgigen Tag miteinander verbringen? Laß uns gemeinsam zu Mittag essen, danach gehen wir . . . Mach du einen Vorschlag. In den Palmengarten? Ganz unverbindlich, versprochen.«
»Unverbindlich war bei dir nie etwas, Frank.« Sie machte eine Pause und meinte dann: »Aber gut, gehen wir essen, und danach sehen wir weiter. Aber du mußt mir versprechen, daß ich bezahle . . .«
»Das kommt überhaupt nicht in Frage!«
»Entweder zu meinen Bedingungen oder gar nicht, überleg’s dir.«
»Okay, okay, zu deinen Bedingungen. Wann und wo?«
»Um halb eins bei dem Vietnamesen am Zoo. Du kennst doch noch das kleine Restaurant?«
»Natürlich, wie könnte ich das jemals vergessen. Halb eins, ich werde da sein. Bis morgen dann und tschüs. Ach, bevorich’s vergesse – ich habe nicht gelogen, als ich sagte, ich hätte immerzu an dich denken müssen.«
»Tschüs, bis morgen mittag.« Sie legte auf, während Hellmer den Hörer noch eine Weile in der Hand behielt und an die Wand starrte. Lieber Gott, sagte er zu sich selbst, bitte, bitte gib mir, gib uns eine zweite Chance. Und laß es mich morgen nicht vermasseln. Er legte den Hörer auf die Einheit, sagte laut: »Nein, du wirst es nicht vermasseln, Frank Hellmer, außer du hast einen besoffenen Kopf! Aber du wirst keinen besoffenen Kopf haben, kapiert?!«
Samstag, 14.15 Uhr
Julia Durant hatte geduscht und die Wohnung notdürftig aufgeräumt, sich einige Notizen gemacht von Dingen, die sie am Montag bei der Morgenbesprechung unbedingt zur Sprache bringen wollte, jetzt überlegte sie, was sie mit dem restlichen Tag anfangen sollte. Sie rief ihren Vater an, sah, während sie wählte, auf die Uhr.
»Hallo, Paps, ich bin’s, Julia. Sag mal, hättest du etwas dagegen, wenn ich mich ins Auto schwingen und für einen Sprung bei dir vorbeischauen würde?«
»Natürlich nicht, aber es ist eine ganz schöne Strecke. Wie lange willst du bleiben?«
»Bis morgen abend. So daß ich spätestens Mitternacht wieder in Frankfurt bin.«
»Und wann fährst du los?«
»Zehn Minuten, Viertelstunde. Ich wäre so gegen halb sieben bei dir. Und es macht dir wirklich nichts
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