Das Achtsamkeits Buch
»Achtsamkeit in der Schule«, vorgestellt. Sie beschreibt konkrete Übungen, die in den Schulalltag eingebaut werden können. Die Schüler werden zur Verfeinerung der Körperwahrnehmung und zu Imaginationen angeregt. Dazu dienen beispielsweise Atem-Beobachtung auch in Verbindung mit Visualisierungen sowie die Übung des »Inneren Lächelns« und der »magische Rückzugsort«. Mittels QiGong-Übungen werden »entspannte Wachheit« und »wache Entspanntheit« vermittelt. Die Begriffe des inneren Beobachters und des »Autopiloten« (Kabat-Zinn, 2006a) werden eingeführt und in der Übung der »Inneren Sortiermaschine« werden automatisch ablaufende Bewertungen bewusst gemacht. So wird neben der Vermittlung von Lesen, Schreiben, Rechnen und Faktenwissen noch ein weiteres Bildungsziel verfolgt: Selbstreflexion und emotionale Intelligenz, deren Verständnis sich nach Dan Goleman (1996) auch über Achtsamkeit erschließt.
Achtsamkeit und Gehirn
Die entscheidende Entdeckung der modernen Neurobiologie ist die »Neuroplastizität«: Abhängig von seinem Gebrauch verändern sich während der gesamten Lebenszeit ununterbrochen Struktur und Funktion des menschlichen Gehirns. Es besteht aus etwa 100 Milliarden Nervenzellen, von denen jede mit bis zu 10000 anderen Nervenzellen durch Synapsen verbunden ist. Es entsteht ein unvorstellbar komplexes Netzwerk, das im Laufe seiner Entwicklung ständig sowohl Zellen als auch Synapsen auf- und abbaut. Was nicht gebraucht wird, bildet sich zurück. Zugleich werden im Laufe des Lebens immer wieder neue Verbindungen geknüpft. Dabei verbinden sich Netzwerkanteile, die häufig gemeinsam aktiviert werden, immer stärker. Die »Verdrahtungsarchitektur« unseres Gehirns, die »Hardware«, verändert sich dabei ständig, vom Mutterleib bis zum Tod. Das Gehirn dient dazu, sich an die Umgebung anzupassen, im Speziellen auf andere Menschen. »Wired to connect« (Fishbane, 2007) – »verdrahtet, um Beziehung aufzunehmen« heißt ein Artikel, in dem auch Cozolino (2006) zitiert wird: »ein einzelnes Neuron oder ein einzelnes Gehirn existieren in der Natur nicht«. Die Gestaltung der Beziehung zu den Bezugspersonen beeinflusst die Gehirnarchitektur.
Man kann sich diese benutzungsabhängige Strukturbildung im Gehirn wie einen Trampelpfad vorstellen. Er entsteht, wenn ein Mensch durch eine Wiese mit höherem Gras geht. Er bahnt sich einen Weg, knickt Gräser, seine Fußtritte hinterlassen Spuren. Ein zweiter sieht die Spur, tritt in die Fußstapfen seines »Vorgängers«. Er drückt weitere Gräser auf den Boden, die Tritte bleiben sichtbar. Die Spur lädt weitere Menschen ein, den entstehenden Weg zu benutzen. Mit jedem, der ihn geht, wird er gangbarer und breiter. Es wird immer einladender, diesen neuen Weg zu wählen. Andere Wege wachsen zu, werden immer weniger benutzt, überwuchern undverschwinden. Schließlich wird der Pfad zu einem Weg und der wiederum zu einer Straße.
So verändert sich das Gehirn in seiner Struktur in Abhängigkeit vom Gebrauch. In Bereichen des Gehirns, die auf diese Weise vermehrt aktiviert werden, nehmen der Stoffwechsel, die elektrische Aktivität der Zellen und die Durchblutung zur Versorgung mit Energie zu. Diese drei Größen sind insbesondere deshalb von Bedeutung, weil sie gemessen werden können und Rückschlüsse auf die Funktion des Gehirns zulassen.
In den letzten Jahren konnte die Wirkung von Achtsamkeit auf Funktion und Struktur des Gehirns nachgewiesen werden. Dabei wurden einerseits vorübergehende Zustände des Gehirns untersucht, andererseits langfristige strukturelle Veränderungen. Beides hängt insofern miteinander zusammen, als die wiederholte Auslösung bestimmter Zustände und Aktivierungsmuster die Struktur beeinflusst.
Wenn Nervenzellen aktiviert werden und »feuern«, ändert sich an ihrer Oberfläche die elektrische Ladung. Wenn eine größere Zahl von Nervenzellen feuert, kann dies auf der Kopfhaut mittels Elektroden abgeleitet und im Elektroenzephalogramm (EEG) sichtbar gemacht werden. Von Bedeutung ist dabei, in welchen Gehirnregionen Aktivitäten gemessen werden, in welcher Frequenz diese Aktivitäten erfolgen und wie groß der Grad der Synchronisierung ist, also wie viele Nervenzellen zugleich im selben Rhythmus aktiv sind.
Ein gutes Beispiel ist eine Untersuchung von Richard Davidson (Goleman, 2003, S. 39), die er bei Matthieu Ricard, dem schon erwähnten tibetischen Mönch, ausführte. Im EEG steigerte sich bei der Liebenden
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