Das Achtsamkeits Buch
sind.
8. Intuition verstanden als »Weisheit des Körpers« über die Wahrnehmung von Signalen aus dem Körper.
9. Steuerung von sozialem Verhalten.
Siegel (2007, S. 363–396) schreibt der Achtsamkeit eine neuronal integrierende Wirkung in neun Bereichen zu, in denen sie die psychische Gesundheit und Wohlbefinden fördert:
1. Integration des Bewusstseins: Man wird sich des Bewusst-Seins bewusst und bleibt für alles offen, was in seinem Feld auftaucht. Dadurch wird der Bewusstseins-Raum vollständiger.
2. Vertikale Integration: Über Spüren und Beobachten erhält der Körper einen intensiveren Zugang zum Bewusstsein, wodurch Körper und Geist verbunden werden.
3. Horizontale Integration: Die linke, für sprachliches und logisches Denken zuständige Hirnhemisphäre kooperiert mit der rechten für nonverbales, emotionales Erleben zuständigen, was in der Verbindung zu einem »bilateralen Bewusstsein« führt.
4. Integration der Erinnerung: Es wird zunehmend bewusst, wie jedes Erleben von Erinnerungen gefärbt ist, indem Elemente des impliziten Gedächtnisses (siehe Exkurs »Implizites und explizites Gedächtnis«, S. 214) auf frühere Erfahrungen zurückgeführt werden können. Man bekommt auch mehrZugang zu wichtigen Erinnerungen aus dem expliziten Gedächtnis.
5. Narrative Integration: Auf kohärente und Sinn schaffende Weise wird aus vielen Fäden die Geschichte des eigenen Lebens gewoben und erzählt.
6. Zustandsintegration: Die verschiedenen, ständig wechselnden Ich-Zustände werden bewusst wahrgenommen, anerkannt und akzeptiert. Die jeweiligen Zustände entsprechen spezifischen neuronalen Aktivierungsmustern (siehe »Persönlichkeitsanteile – ein hilfreiches Modell der Innenwelt«, S. 133) .
7. Zeitliche Integration: Man lebt mit dem Bewusstsein der Vergänglichkeit und gewinnt Gelassenheit im Umgang mit Unsicherheit, Nicht-kontrollieren-können und Tod.
8. Interpersonale Integration: Menschen stimmen sich aufeinander ein, um zu überleben und aufzublühen und als Voraussetzung, sich auf der Welt geerdet zu fühlen. Man wird zum besten Freund von sich selbst und bleibt zugleich in Beziehungen offen wahrnehmend.
9. »Transpirationale« Integration: In Übenden wächst das Gefühl, in allen Bereichen mehr vom Leben »durch-haucht« zu werden, von nichts wirklich getrennt, vielmehr Teil eines größeren Ganzen zu sein. Jeden Atemzug durchdringt etwas Größeres, das über die einzelne Person hinausgeht. Die lateinischen Wurzeln der Worte »spirare, spiritus« bedeuten hauchen, atmen, Geist, Seele, innerstes Wesen, Leben, Mut.
Der Weg der Bewusstseinsentwicklung
Wenn man es im menschlichen Leben als Aufgabe betrachtet, das Bewusstsein zu entwickeln und den Geist zu schulen, kann Achtsamkeit ganz wesentlich zu diesen Entwicklungs- und Reifungsprozessen beitragen. Wohin ein solcher Weg führt, hängt von individuellen und sozialen Gegebenheiten, aber auch vom kulturellen Hintergrund ab. Die in verschiedensten spirituellen Traditionen beschriebenen Entwicklungsstufen weisen erstaunliche Ähnlichkeiten auf. Wenn auch nur wenige westliche Menschen die höchsten Stufen erreichen, sollen zwei beispielhafte Darstellungen doch eine Idee davon geben, wohin jahrzehntelange, intensive Praxis führen kann:
Alan Wallace (2006) schildert in »Die Achtsamkeits-Revolution« einen tibetisch-buddhistischen Übungsweg, den Shamatha-Pfad. Die Shamatha-Praxis legt den Schwerpunkt auf Konzentration und das Verweilen der Aufmerksamkeit bei einem Objekt. Auf diesem Weg werden zehn Stufen unterschieden, die sich auf verschiedene »Zustände« beziehen .
Zur Bewältigung der ersten vier Stufen empfiehlt Wallace die Praxis der Atem-Achtsamkeit. Das Gewahrsein ruht dabei auf den mit der Atmung einhergehenden Empfindungen. Wenn der Geist auf Wanderschaft geht, wird er immer wieder zurückgeholt. Ab der fünften Stufe empfiehlt er die Methode »Den-Geist-in-seinem-natürlichen-Zustand-zur-Ruhe-bringen«. Dabei wird durch Innenfokussierung die Aufmerksamkeit auf Gedanken, Bilder und Emotionen gerichtet.
Ab der achten Stufe wird »Shamatha ohne ein Objekt« geübt, was bedeutet, sich seines Gewahrseins bewusst zu sein. Hier geht es nicht mehr um Stabilität und Schärfung der Achtsamkeit, sondern um die Entdeckung der dem Gewahrsein innewohnendenunbewegten Stille und lichtvollen Klarheit. Parallel zur Schulung der Konzentration werden die »Vier Qualitäten des Herzens« kultiviert:
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