Das Achtsamkeits Buch
Liebende Güte, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut. Durch diese Arbeit mit den Emotionen können Hindernisse vermieden werden, die das Streben nach konzentrierter Achtsamkeit behindern. Ab der fünften Stufe werden luzides Träumen und Traum-Yoga geübt, um Achtsamkeit auch in der Nacht aufrecht zu erhalten.
Exkurs:
Die Stufen auf dem Shamatha-Weg
Shamata ist ein (tibetisch) buddhistischer Weg zur Schulung von Konzentration und Achtsamkeit. Beispielhaft sollen die Stufen der Entwicklung der geistigen Fähigkeiten auf diesem Weg dargestellt werden, wie Alan Wallace (2006) sie in seinem Buch »Die Achtsamkeits-Revolution« beschreibt.
Auf der ersten Stufe erlernt man die Anweisungen zu Achtsamkeit und ist in der Lage, die Aufmerksamkeit bewusst auf ein inneres Objekt – wie den Atem – zu lenken. Normalerweise ist es jedoch nicht möglich, mit der Aufmerksamkeit auch nur einige Sekunden lang ohne Ablenkung darauf zu verweilen.
Auf der zweiten Stufe hat die Stabilität der Konzentration so weit zugenommen, dass man sich eine Weile – bis zu etwa einer Minute – auf ein Objekt konzentrieren kann. Wallace meint, dass die meisten Menschen ihr Leben schon als gewaltig verbessert ansehen würden, wenn sie so weit kommen. Diese Stufe kann auch von Personen erreicht werden, die ein geschäftiges Leben mit beruflichen und familiären Verpflichtungen führen, wenn sie dazu bereit sind, eine gewisse Zeit für eine tägliche Praxis zu reservieren. Sie kommen auf dieser Stufe schon mit Stress besser zurecht und die Qualität der Handlungen verbessert sich.
Auf Stufe drei wird das gewählte Objekt zwar noch immer kurzzeitig völlig vergessen, die Aufmerksamkeit kann aber schon längere Zeit darauf verweilen. Nach Ablenkungen wird die Konzentration schnell wieder hergestellt. Um diese Stufe zu erreichen, ist ein größeres Engagement notwendig. Wallace gibt dafür – inmitten eines aktiven Lebens – Zeiten von ein bis zwei Stunden täglich an.
Die fortgeschrittenen Entwicklungsstufen des Shamatha-Weges sind jenen Menschen zugänglich, die sich in einer förderlichen Umgebung Wochen oder Monate einer intensiven Praxis widmen. Jenseits der vierten Stufe ist ein Training in beruflichen Ausmaßen erforderlich, mit vollzeitlichem Praktizieren über Monate bis Jahre. Ab der neunten Stufe ist es dann allerdings mühelos möglich, mindestens 4 Stunden auf ein gewähltes Objekt fokussiert zu bleiben. Die Übungszeiten werden schrittweise gesteigert: zu Beginn des Trainings werden zuerst eine und später vier Sitzungen von 24 Minuten empfohlen – symbolisch jeweils eine Minute für jede Stunde des Tages. Eine solche Intensität des Trainings mag zunächst erschreckend und unvorstellbar wirken. Vielleicht relativiert sich dies, wenn man sich klarmacht, dass es auch Menschen gibt, die im sportlichen Bereich auf dem Weg zu Olympischen Spielen viele Jahre ihres Lebens intensivstem Training widmen.
Auf der vierten Stufe passiert es nicht mehr, dass man das gewählte Objekt vollkommen vergisst. Es gibt keinen Widerstand mehr gegen das Achtsamkeitstraining. Auf einer metaphorischen Ebene gleichen unfreiwillige Gedanken auf den ersten drei Stufen einem tosenden Wasserfall. Auf der vierten und fünften Stufe gleichen sie einem durch eine Felsenschlucht strömenden Fluss. Auf der sechsten Stufe ähneln sie einem gemächlich durch ein Tal fließenden Fluss. Auf der siebten Stufe ist der begrifflich denkende Geist still wie ein unbewegter Ozean ohne die kleinste Welle. Auf der achten und neunten Stufe ist der begrifflich denkende Geist still und unbewegt wie der Berg Meru, der König der Berge. Auf der neunten Stufe wird dies mühelos.
In der Beschreibung fortgeschrittener Stufen gibt es eine grundsätzliche Schwierigkeit. Der Bedeutungsinhalt vieler Begriffe kann immer nur auf dem Hintergrund jener individuellen Erfahrungen verstanden werden, die ein Mensch schon selbst gemacht hat. Vieles wird erst wirklich nachvollziehbar, wenn man selbst auf dieser Stufe angelangt ist. Dies ist auch der Grund, warum viele Meister auf die Frage nach der Natur ihrer Praxis sinngemäß geantwortet haben: »Komm und sieh selbst!«
Die amerikanische Zen-Meisterin Charlotte Joko Beck (1993) unterscheidet auf dem Zen-Weg sechs Stufen. Diese Stufen gehen über die Entwicklung spezieller Zustände hinaus. Sie beziehen sich mehr auf die Art und Weise in der Welt zu sein und in ihr zu leben. Dieser Pfad beginnt damit, zu bemerken, wie sehr man von
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