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Das Achtsamkeits Buch

Das Achtsamkeits Buch

Titel: Das Achtsamkeits Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halko Weiss , Thomas Dietz
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erinnert er sich auch an andere Situationen, in denen er besser Bescheid wusste als andere, oder er im Recht war und andere ihm nicht glaubten. Dies ist ein vollkommen anderes Erleben, als wenn er im »Gutmensch«-Zustand ist, in dem er eher entspannt auf andere Menschen schaut und aufmerksam und einfühlsam zuhört.
     
    Jeder Teil ist insofern ein relativ eigenständig lebendiges Wesen, als es seine Grenzen und Interessen schützt. Dieses wird besonders bei Wechselwirkungen mit anderen Menschen deutlich: Reagiert zum Beispiel ein Gesprächspartner auf Herrn P. ablehnend oder abwertend, dann neigt der »Welterklärer« ganz automatisch dazu, noch vehementer zu argumentieren. Dieses Muster tritt in ähnlichen Situationen immer wieder auf. Solche Teile haben oft in jahrelanger Erfahrung gelernt, bei bestimmten Bedingungen oder Umständen auf eine spezifische Weise zu reagieren und sich einzusetzen.
    Diese Zustände als eigenständige Persönlichkeitsanteile zu betrachten und nicht einfach nur als Gefühle oder Charaktereigenschaften, macht den Umgang mit ihnen anschaulicherund greifbarer. Dabei ist es hilfreich, den Teilen der Persönlichkeit, die häufig das Verhalten steuern, beschreibende Namen zu geben. Mit einem Teil in Verbindung zu treten ist leichter und konkreter, wenn man ihn wie einen Menschen beim Namen nennt. »Ah ja, da meldet sich wieder mein Zyniker!«, oder: »Mein Antreiber setzt mich gerade unter Spannung.« Einen Zustand, dem man einen Namen gegeben hat, kann man im Alltag besser wiedererkennen. Das kann insbesondere in Situationen hilfreich sein, in denen man unter Druck gerät und Reaktionen sehr rasch und hoch automatisiert ablaufen.
     
    Friederike B. ist Ärztin und mit einem Arzt verheiratet, hat 3 Kinder (17, 14, 12) und mit Praxis und Familie einen sehr ausgefüllten Alltag. Selbst als Kind in einer großen Familie mit offener Tür und ausgeprägter Gastfreundschaft aufgewachsen, fällt es ihr heute oft schwer, sich abzugrenzen. Eine typische Herausforderung stellt ein Telefongespräch dar, in dem ihre Mutter sehr kurzfristig einen Besuch ankündigt. Dabei merkt Frau B., wie ganz spontan mehrere Teile innerlich reagieren. Der »Überforderten« ist das alles zu viel: »Diese Woche ist so schon stressig genug! Es gibt so viel zu organisieren, wie willst Du das auch noch schaffen?« Sofort meldet sich aber die »Fürsorgliche«: »Mami freut sich so sehr, ihre Enkel wiederzusehen. Und seit Papis Tod ist sie so einsam. Du kannst da nicht ›Nein‹ sagen!« Doch sofort reagiert ein weiterer Teil, der das anders sieht: »Du freust Dich doch schon so lange auf diese Tage, auf die Ruhe und Muße. Da möchtest Du Dich nicht schon wieder um Andere kümmern!« Dieser »Abschotter« möchte ganz entschieden »Nein« sagen. Die Fürsorgliche meldet sich dann noch lauter: »Du kannst doch nicht so hartherzig sein. Wer weiß, wie lange Mami noch gesundheitlich in der Lage ist, solche Besuche bei uns zu erleben?« Um diese spontanen Reaktionen zu einer vernünftigen Handlung zusammenzuführen, muss Frau B. etwas Zeit gewinnen. Sie weiß, dass die Fürsorgliche meist die Oberhand behält, sie dann aber – nachvorschnellem Ja-Sagen – solche Besuche oft nicht genießt. Wenn sie nun im Telefonat den anderen Stimmen auch explizit Gehör verschafft, könnte sie sogar zusammen mit ihrer Mutter nach einer Kompromisslösung suchen, bei der ihre eigenen Bedürfnisse besser berücksichtigt werden.
     
    Wie in allen Fallbeispielen hat auch Frau B. ihre Teile aus ihrem individuellen Erleben heraus erkannt und benannt. Sie sind nicht allgemeingültig, auch wenn andere Menschen zu ähnlichen Reaktionen neigen. Moderne Modelle der Multiplizität der Psyche ermutigen jeden Menschen, die jeweils einzigartigen Anteile zu identifizieren und persönlich zu benennen. Damit entsprechen die Teile am ehesten der subjektiven inneren Wirklichkeit.
     
    Innere Führung
     
    Wie lassen sich nun diese Teile weiterentwickeln und in ihrem Zusammenspiel beeinflussen? Gibt es einen Teil, der von allen anderen in einer Führungsrolle akzeptiert werden kann? Die Antwort ist offensichtlich »nein«. Da jeder Mensch innere Spannungen und ungelöste Konflikte in sich hat, ist das nicht möglich. Ein Hauptmerkmal des Menschen besteht ja gerade darin, dass er aufgrund seiner Lerngeschichte nur eine einseitige und parteiliche Sicht auf die Welt hat. Da aber keiner seiner Persönlichkeitsanteile in der Lage ist, die Gesamtheit zu erfassen,

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