Das Achtsamkeits Buch
manchmal kämpferischen, rebellischen oder über die Stränge schlagenden Jugendlichen.
3. »Verbannte« sind empfindsame, verletzliche Teile. Sie tragen gefühlsintensive, oft schmerzhafte Erinnerungen und werden häufig im inneren System verbannt. Sie reagieren sensibel und kindlich, suchen Nähe und Zuwendung, fühlen sich oft hilflos, ungeliebt oder allein gelassen.
• Ein systematisches Vorgehen mit einer Abfolge innerer Dialoge, wie sie aus der systemischen Familientherapie bekannt sind. Dabei wird zuerst mit den erwachseneren Teilen, den »Managern«, gesprochen, bis diese genügend Vertrauen in das Vorgehen haben und bereit sind, ihre Kontrolle zurückzunehmen und sich in eine Beobachterposition zurückzuziehen – sich zu separieren. Danach kann man sich den »Feuerbekämpfern« zuwenden und zuletzt den oft nicht bewussten und manchmal früh traumatisierten »Verbannten«.
• Die prinzipielle Selbstermächtigung des Patienten: Er wird von Anfang an ermutigt, zu seinen Teilen eine gute Beziehung aufzubauen und unter Anleitung eines Therapeuten selbst dafür zu sorgen, dass die Teile im inneren System und von der Außenwelt bekommen, was sie auch für eine Nachreifung benötigen.
• Ein signifikantes Merkmal von IFS ist die Annahme eines »Selbst« als Wesenskern. Dieses »Selbst« hat natürliche Führungsqualitäten mit heilender Wirkung, wie Gelassenheit, Klarheit, Mitgefühl – ähnlich dem »Inneren Beobachter« der Achtsamkeit.
• »Selbstführung« (Self-leadership) ist bei IFS ein Hauptziel von Therapie oder Coaching. Der Therapeut oder Coach versteht sich als Begleiter, der dem Klienten hilft, Abstand zu den Teilen zu gewinnen, sich von ihnen zu disidentifizieren und einen selbstnahen Zustand in sich zu finden. Von hier aus kann sich Selbstführung und Selbstheilung mehr »von alleine« entfalten, unabhängiger von den Interventionen des Therapeuten. Diese innere Weisheit gehört zentral zum Konzept von IFS. Hier finden sich im Verständnis und im Vorgehen Ähnlichkeiten sowohl zu praktischen wie spirituellen Dimensionen von Achtsamkeit.
Weiterführende Literatur: Schwartz (1997), Dietz & Dietz (2007, 2008), Schwartz (2008a, 2008b).
Links:
Schwartz, R. C. The Center of Self Leadership.
‣ http://www.selfleadership.org/
IFS Europe e.V. Verein, IFS-Modell, Workshops, Therapeuten.
‣ http://www.ifs-europe.net/
Für Schwartz war damals die größte Überraschung, jenen Zustand zu entdecken, der nach der Identifizierung und Differenzierung verschiedener Teile entstand:
»Wenn die Klienten in diesem ruhigen und mitfühlenden Zustand waren, fragte ich sie, welche Stimme oder welcher Teil jetzt da sei. Sie gaben alle eine Abwandlung der folgenden Antwort: ›Das ist kein Teil wie die anderen Stimmen, das ist eher, wer ich wirklich bin, das ist mein Selbst‹. Ohne es zu ahnen, war ich auf eine neue Art und Weise gestoßen, Menschen zu helfen, Zugang zu dem Selbst zu bekommen, das so viele spirituelle Traditionen beschrieben haben. Aber das wurde mirerst Jahre später klar. Zu jener Zeit war ich einfach fasziniert, dass ich einen Weg gefunden hatte, Therapie so viel müheloser und effektiver zu machen, und zwar sowohl für mich als auch für meine Klienten« (Schwartz, 2008a, S. 32).
»Am erstaunlichsten war, dass die Klienten anscheinend wussten, was sie sagen oder tun mussten, um den einzelnen inneren Persönlichkeiten zu helfen, sobald sie im Selbst waren. Mit der Zeit wurde mir klar, dass ich ihnen nicht beibringen musste, wie sie sich diesen Gedanken und Emotionen gegenüber, die sie Teile nannten, jeweils in unterschiedlicher Weise verhalten sollten. Denn entweder begannen sie automatisch, das zu tun, was der Teil brauchte, oder sie begannen Fragen zu stellen, die dazu führten, Wege zu finden, dem Teil zu helfen. Meine Aufgabe bestand hauptsächlich darin, ihnen zu helfen, im Selbst zu bleiben und mich dann herauszuhalten, wenn sie selber zu Therapeuten für ihre innere Familie wurden« (Schwartz, 2008a, S. 37).
Schwartz nannte den Zustand, den er da jenseits der persönlich gefärbten Teile entdeckte, das »Selbst« – so wie es vor ihm bereits Assagioli getan hatte. Wir verzichten hier bewusst auf diese Bezeichnung, da der Begriff »Selbst« sehr unterschiedliche Bedeutungen hat und in der psychologischen Forschung kontrovers diskutiert wird (vgl. Fulton, 2008). Unabhängig vom Begriff ist der Zustand, den Schwartz da (wieder)entdeckt
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