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Das Aion - Kinder der Sonne

Das Aion - Kinder der Sonne

Titel: Das Aion - Kinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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mir eine hübsche junge Frau, die sich ihrer Aufgabe nicht gewachsen fühlt, weil sie nicht weiß, was sie zu vollbringen vermag. Du hast es mit einem Gegner zu tun, der keine Skrupel kennt, keine Gefühle und kein Gewissen. Solange du dich vor dir selbst versteckst, wird er dir in allen Belangen überlegen sein. Es ist an der Zeit, deine Selbstzweifel und deine falsche Bescheidenheit abzulegen und endlich damit zu beginnen, deine Fähigkeiten sinnvoll und gezielt einzusetzen. Stehe zu dem, was du bist, und nutze deine Talente, dann wird dich kein Magistrat, keine Stadtwache und kein übereifriger Sittenrichter daran hindern können, deiner Bestimmung zu folgen.«
    Mira erhob sich und begann nervös auf und ab zu laufen. »Gibt es denn keine Möglichkeit, einfach nur eine Arcasie zu pflücken, ohne gleich die halbe Stadt auf den Kopf zu stellen?«, klagte sie.
    »Ich fürchte, nein.«
    »Aber …« Sie blieb in der Mitte des Zimmers stehen. »Warum denn nicht?«
    »Weil so etwas noch nie geschehen ist.«
    Mira trat zwei Schritte auf den leuchtenden Kopf zu. »Was?«
    »Es ist nicht möglich«, erklärte das Orakel. »Eine Arcasie ist keine physische Frucht, die sich pflücken ließe wie eine Kirsche oder ein Pfirsich.«
    »Du meinst, man kann sie nicht berühren – wie eine Art Geister-Samenkapsel?«
    »Nun … ja und nein. Auf der anderen Seite besitzt sie eine durchaus real erscheinende Konsistenz, wie alles Nichtstoffliche in einer nichtstofflichen Welt. Aber um sie zu pflücken, müsstest du Teil dieser Jenseitswelt sein. Das Problem besteht in der generellen Unvereinbarkeit beider Dimensionen.«
    »Und falls es doch einmal passiert?«, gab Mira zu bedenken. »Was geschieht, wenn etwas von drüben in unsere Welt gelangt oder von uns hinüber auf die andere Seite?«
    »Das Materielle wird zu Geist, das Geistige zu Materie«, erklärte Jadamon. »Kurz darauf stirbt sowohl das eine als auch das andere.«
    »Das bedeutet aber, dass es nicht vollkommen unmöglich ist«, erkannte Mira. »Solange der- oder dasjenige nur rechtzeitig wieder in seine eigene Welt zurückkehrt.«
    »Nun, etwas, das noch nie geschehen ist oder nie zuvor versucht wurde, ist natürlich nicht grundsätzlich unmöglich«, pflichtete Jadamon ihr bei. »Kommt ganz darauf an, ob du den Schmetterling freilassen willst oder nicht …«
    »Das verstehe ich jetzt nicht«, gestand Mira.
    »Es existiert ein Schöpfungsplan. Wird dieser Plan gestört, hat dies verheerende Folgen für den Lauf der Dinge.«
    »Welcher Dinge denn?«
    »Aller Dinge natürlich. Von einem aufgewirbelten Sandkorn bis zu einer driftenden Galaxie folgt alles seiner Bestimmung. Unendlich viele Ereignisse an unendlich vielen Orten bauen seit undenklichen Zeiten aufeinander auf. Sowohl du als auch ich sind nichts anderes als Resultate derartiger Ereignisketten. Und dennoch sind auch wir nur Zwischenergebnisse. Nichtigkeiten. Teilchenphysik. Kausalitätspartikel. Wäre in ferner Vergangenheit eine unbedeutende Begebenheit nur eine Winzigkeit anders verlaufen, gäbe es uns beide heute womöglich nicht. Vielleicht existieren wir und die Welt, wie wir sie heute kennen, nur weil ein Schmetterling vor Millionen von Jahren das Opfer einer Spinne wurde. Wäre er ihr jedoch entkommen und hätte eine Stunde länger überlebt, wären die Dinosaurier vielleicht nicht ausgestorben. Der Schmetterling ist das Symbol dafür, dass im Universum eine kleine Ursache oft eine große Wirkung nach sich zieht.«
    »Aber was juckt es denn das Universum, wenn ich hier eine Arcasie pflücke?«
    »Du würdest der Welt damit einen Tag ihrer Existenz stehlen. Und ich will mir gar nicht ausmalen, welche Konsequenzen dies nach sich ziehen würde – ganz zu schweigen von dem Problem, wohin sich das Sonnensystem inzwischen bewegt hätte, ehe die Erde wieder an dem Punkt auftauchen würde, an dem sie verschwunden wäre …«
    »Ich brauche doch nur eine einzige Samenkapsel!«, klagte Mira. »Das kann dem Weltenbaum doch nicht wirklich schaden …«
    »Oh, du glaubst, sie würden im Überfluss wachsen«, interpretierte Jadamon Miras Worte. »Und auf eine mehr oder weniger käme es nicht an. Aber das ist ein Trugschluss. Arcasien sind keine Datteln, Feigen oder Äpfel. Vor allem jedoch sind sie nicht für die Menschen bestimmt.« Er schwieg einen Moment, dann fragte er: »Hat er eigentlich etwas zu dir gesagt, als du ihn betreten hast?«
    »Wer?«, wunderte sich Mira. »Der Weltenbaum?«
    »Ja, sicher. Hat er dich

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