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Das Aion - Kinder der Sonne

Das Aion - Kinder der Sonne

Titel: Das Aion - Kinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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Vergangenheit als auch die Gegenwart totzuschweigen.«
    »Bausch hat mir viel über die Vergangenheit erzählt«, warf Mira ein.
    »Aber nicht genug über die Gegenwart«, erkannte Ben. »Sonst würdest du anders über dich denken.«
    Mira senkte den Blick und starrte in ihre fast leere Tasse. »Warum sollte Vater das tun?«
    Ben seufzte schwer. »Weil er noch immer wütend ist«, antwortete er. »Und verbittert. Das konnte ich gestern spüren. Aber er fühlt sich auch verantwortlich – und auf eine gewisse Art und Weise sogar schuldig, weil er sich einredet, dass … dass ihr …«
    »Dass wir Betas Missgeburten sind?«, vollendete Mira den Satz, ohne eine Regung zu zeigen. Aus den Augenwinkeln heraus sah sie, dass Bens Hände zittern.
    »Aber das seid ihr nicht«, sagte er mit tonloser Stimme. »Bei Gott, nein, das seid ihr nicht …«
     
    Der Rest des gemeinsamen Frühstücks gestaltete sich als schweigsames Beisammensein, dessen beklemmender Bann erst gebrochen wurde, als Jiril in der Kantine aufkreuzte. Anhand der wenigen Worte, die er mit Ben wechselte, konnte Mira heraushören, dass die beiden sich nicht sonderlich grün zu sein schienen.
    »Der Pferdeschwanz steht dir«, bemerkte Jiril, als er mit Mira zu den Liften unterwegs war. »Aber wieso läufst du barfuß rum?«
    Mira warf einen Blick auf ihre Füße. »Du hast mir keine Schuhe gebracht.«
    Der Alpha zog die Augenbrauen hoch. »Hast du denn keine dabei?«
    Mira schüttelte den Kopf.
    Jiril seufzte ergeben, sagte jedoch nichts weiter.
    Mit dem Lift ging es anschließend so weit hinab, dass Mira bereits befürchtete, der Junge treibe einen dummen Scherz mit ihr. Als der Aufzug seine Fahrt in die Tiefe endlich beendete und die Türen aufglitten, öffnete sich vor ihnen ein schmuckloser, von einer trüben Deckenlampe beleuchteter Tunnel, der fünf Meter entfernt vor einer breiten Metalltür endete. Das Rauschen eines Gebläses erfüllte die Luft. Als sich die Lifttüren hinter Mira und Jiril geschlossen hatten, standen die beiden in schummrigem Halbdunkel. Lediglich unter der Metalltür schimmerte ein heller Lichtstreif. Mira verspürte einen unangenehmen Druck auf den Ohren. Die Luft roch nach feuchter Erde, der Steinboden unter ihren Füßen war rau und kalt.
    »Wo sind wir?«, fragte sie, als sie Jiril zur Tür folgte.
    »In der Überdruckschleuse.« Er legte eine Hand auf die Metallklinke. »Bereit?«
    »Wofür?«
    Statt zu antworten, drückte Jiril die Tür mit einem kräftigen Stoß auf. Eine Flut aus Licht ergoss sich im selben Augenblick in den Tunnel. Sekundenlang war Mira von der plötzlichen Helligkeit geblendet und wich zurück. Mit zusammengekniffenen Augen folgte sie Jiril schließlich hinaus auf eine mit Steinplatten gepflasterte Terrasse, die nach wenigen Metern in einer breiten Treppe endete. Sechs Stufen führten hinab auf eine ebene, von knöchelhohem Gras bewachsene Wiese, die kaum einen Steinwurf entfernt an einen Wald grenzte.
    Der Wald …
    Mira machte zwei, drei zögerliche Schritte, dann blieb sie stehen und ließ ihren Blick fassungslos über die Baumkronen schweifen. Wie mächtige grüne Schirme ruhten sie auf schlanken, fast 50 Meter hohen Baumstämmen. Doch damit reichten sie längst noch nicht bis an die Decke der riesigen Höhle, von der zahllose grelle Lichter auf den Wald herabstrahlten. Scheinbar endlos erstreckte sich die Halle in die Ferne, so weit, dass Mira im Dunst, der über den Bäumen hing, kaum das gegenüberliegende Ende zu erkennen vermochte. Vögel flatterten über dem Blätterdach umher. Nie gehörte Geräusche von Tieren und sich im Wind bewegenden Pflanzen drangen an Miras Ohren.
    »Der Wind ist natürlich künstlich«, erklärte Jiril, als er erkannte, wie beeindruckt das Mädchen war. »Große Ventilatoren versetzen die Luft in Bewegung. Sie erzeugen einen Luftstrom, der direkt über uns hereingeleitet wird.« Er deutete steil in die Höhe, wo unterhalb des Daches riesige, vergitterte Rohre in die Halle mündeten. »Am anderen Ende der Biosphäre wird die Luft dann wieder angesaugt und hierher zurückgeleitet. So weht ständig ein sanfter Wind durch den gesamten Wald. Wer das nicht gewöhnt ist, holt sich sehr schnell eine Erkältung …«
    »Was sind das für Lichter?«, staunte Mira beim Anblick der strahlenden Höhlendecke.
    »Halogenscheinwerfer«, erklärte Jiril. »Sie simulieren das alte Sonnenlicht. Morgens um sieben Uhr werden sie angeschaltet. Nach einer Stunde strahlen sie so hell wie jetzt,

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