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Das Aion - Kinder der Sonne

Das Aion - Kinder der Sonne

Titel: Das Aion - Kinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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mein Angestellter. Aber er kann mich nicht leiden.«
    »Wieso nicht?«
    Jiril wand sich. »Das ist im Augenblick nicht so wichtig.« Und in einem offensichtlichen Anflug von Heldenmut fügte er an Delius gewandt hinzu: »Spiel dich nicht so auf, Tonne. Geh gefälligst arbeiten!«
    »Ich arbeite immer, Sansar Jiril«, erklärte Delius ungerührt. »Kontinuierlich 122 Stunden, in Rekonvaleszenz-Intervallen von zwölf Stunden, von denen acht Stunden für meine Ladezeit beansprucht werden und vier Stunden für meine Wartung. Das entspricht einer Nettoarbeitsleistung von 90,16 Prozent pro Wachphase. Laut meinen Berechnungen kann sich eure Nettoarbeitszeit mit dieser Leistung nicht messen, Sansar Jiril.«
    Mira konnte sich ein amüsiertes Schnauben nicht verkneifen, worauf sie sich einen wütenden Blick Jirils einfing. »Sei gefälligst still!«, fuhr er sie an.
    »Ihr bewegt euch außerhalb der vorgeschriebenen Kontrollzeiten innerhalb des Biosphäre-Reservates«, schnarrte Delius. »Eure Aufenthaltserlaubnis, bitte!«, wiederholte er.
    »Außerhalb, innerhalb – innerhalb, außerhalb«, äffte Jiril den Roboter nach.
    »Und für die weibliche Besucherin außerdem Impfpass, Desinfektionsbescheinigung, Schweiß- und Speichelanalysebeleg, Atemluftkontrollquittung und Hautschuppenuntersuchungsbestätigung.«
    »Was!?«, japste Mira. »Speichelanalyse? Wieso das denn?«
    »Menschen neigen dazu, grundlos und wahllos überflüssige Sekrete abzusondern«, erklärte Delius, wobei er den Stab mit der glühenden Spitze nun auf Mira richtete. »Zudem verlieren sie fortwährend Haare und Hautschuppen, transpirieren Körperflüssigkeit, sondern infizierte Atemluft ab und kontaminieren so wertvollen Nährboden. Diese Spuckerei und natürliche Zersetzung des menschlichen Organismus ist einfach unerträglich! Unerträglich! Unerträglich! Unerträglich! Uner…«
    Jiril hob blitzartig ein Bein und rammte seinen Fuß mit voller Wucht gegen den Bauch des Roboters. Der Stoß, der einen Menschen wie Mira womöglich meterweit zurückgeschleudert hätte, zwang Delius gerade mal zu einem unbedeutend kurzen Schritt rückwärts. Dafür geschahen drei andere Dinge gleichzeitig: 1) an Delius’ Metallschädel gingen alle Lichter aus, 2) der Roboter verstummte augenblicklich und rührte sich nicht mehr, und 3) das Agassen-Rudel nahm erschrocken Reißaus und verschwand gurrend im Unterholz.
    Mira sah erst Delius, dann Jiril erstaunt an. »Musste das sein?«
    »Dieser Blechbolzen geht mir mit seinen Moralpredigten und Grundsatzdiskussionen echt auf den Zeiger«, rechtfertigte Jiril sein rabiates Verhalten und massierte seinen schmerzenden Fuß.
    »Warum tut er das überhaupt?«
    »Weil ich ihm während einer seiner inaktiven Ladephasen mal den Spruch ora et labora auf die Brust graviert habe. Und Omnia mea mecum porto auf seinen Rücken.«
    »Was heißt das?«
    »Frag ihn doch«, grinste Jiril. »Vielleicht verrät er’s dir ja. Jedenfalls hat er deswegen ein spezielles Auge auf mich geworfen. Inzwischen ist es sogar zur Mode geworden, dass ihn die Studenten während seiner Rekonvaleszenzpausen bemalen. Manchmal merkt er es danach nicht und läuft mit diesen blöden Sprüchen die ganze Zeit durch den Wald. Das ist zum Brüllen komisch.«
    »Was denn für Sprüche?«
    »Ordnung muss sein, und solches Zeug. Ich bin der kleine Saubermann oder Von drauß’ vom Walde komm ich her.« Er kicherte schadenfroh, während er in Erinnerungen schwelgte.
    Mira zog eine Grimasse. »Na, dann wundert’s mich nicht, dass er spinnt. Ist er jetzt kaputt?«
    »Der?« Jiril streckte sich und klopfte kräftig gegen den Metallkopf des Roboters. »Ich wünschte, er wäre es endlich. Der hat gerade nur einen vorübergehenden Blackout. Mattscheibe, verstehst du?«
    Zweifelnd hob Mira die Augenbrauen. »Jetzt wird er dich erst recht im Visier haben.«
    »Ach, soll er doch. Los, machen wir, dass wir hier wegkommen, bevor sein Notstromaggregat anspringt und er wieder zu sich kommt.«
     
    War Jiril mit Mira zu Beginn ihres Besuches recht gemütlich durch den Wald geschlendert, schien er es nun ziemlich eilig zu haben, die Biosphäre wieder zu verlassen.
    Nachdem die beiden etwa zwei Drittel des Reservats durchquert hatten, fiel Mira in einiger Entfernung zum Weg ein ungewöhnlich grell gefärbtes Etwas auf dem Waldboden auf. Zuerst hielt sie es für ein verlorenes Kleidungsstück oder eine große, leuchtend gelbe Blume. Dann, als sie ein zweites Mal hinsah, erkannte sie, dass

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