Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Aion - Kinder der Sonne

Das Aion - Kinder der Sonne

Titel: Das Aion - Kinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
Vom Netzwerk:
und Dunkelheit wahrnehmen.«
    »Das Sonnenlicht macht sie praktisch blind«, fügte Ben hinzu. »Sonst könnten wir uns ihr nicht so einfach nähern.«
    »Kann sie uns denn nicht hören oder irgendwie wittern?«, fragte Mira mit einem sorgenvollen Blick hinauf zum Dünenkamm.
    »Sie besitzen einen sehr ausgeprägten Geruchssinn«, nickte der Doktor. »Aber für die Beutejagd benutzen sie ausschließlich ihre empfindlichen Nachtaugen, die wie Wärmebildkameras funktionieren. Alles, was sich unter ihnen über den nachtkühlen Wüstenboden bewegt und mehr Wärme ausstrahlt als seine Umgebung, leuchtet für sie wie eine Signallaterne in der Dunkelheit – Tiere und Menschen, aber ebenso warme Motoren oder die Glut eines Feuers. Ist es jedoch so heiß wie jetzt, nimmt eine Ambodruse alles um sich herum nur noch als ein einziges grelles Glühen wahr. Der Rigger ist für sie in diesem Lichtmeer lediglich ein kleiner dunkler Fleck, den sie in ihrem Beutemuster nirgends einordnen kann. Solange es hell ist, schweben Ambodrusen für gewöhnlich hoch über der Wüste, wo die Luft auch tagsüber klirrend kalt ist und so sauerstoffarm, dass Menschen sofort ersticken würden. Dort oben, in der sogenannten Stratosphäre, verbrauchen sie weniger Energie, weil ihnen die dünne, eisige Luft mehr Auftrieb verschafft. Erst in der Nacht, wenn es kühl geworden ist, lassen sie sich aus zwanzig, manchmal sogar 30 Kilometern Höhe wieder herabsinken, um zu jagen.«
    Nachdem sie dem Seitental ein paar Hundert Meter gefolgt waren, brachte Jiril den Rigger zum Stehen, da das Gelände für das Luftkissenboot zu unwegsam wurde. Aus den Klippen gebrochene, teils riesenhafte Felsblöcke lagen im Sand verstreut. Gleichzeitig begann der Boden leicht anzusteigen. Als der Lärm der beiden Heckrotoren verstummt war, vernahm Mira ein leises, gespenstisches Sirren, das klang wie das ferne Zirpen zahlloser Wüstengrillen. Für Sekunden blendete das Geräusch alle anderen Töne um Mira herum aus. Es war fast, als erstarrte sie innerlich. Erst als sie bemerkte, dass Ben sie aufmerksam ansah, schüttelte sie kurz den Kopf, als wollte sie eine unschöne Erinnerung vertreiben. Dann erhob sie sich und sprang aus dem Rigger.
    Der Doktor reaktivierte Delius mit dem Controller, woraufhin die Lämpchen des sich langsam aufrichtenden Roboters eins nach dem anderen wieder zu leuchten begannen. »200 Kilo …«, begann er mitten in dem Satz, in dem er zuvor von Dr. Gayot unterbrochen worden war. »Oh …« Er sah sich um. »Wo sind wir? Wie sind wir so plötzlich hierhergelangt?« Delius ließ seinen Kopf einmal um die Achse rotieren, um die Umgebung zu erfassen. »Ich erhalte ein Fehlerprotokoll«, stellte er schließlich fest.
    »Das erhältst du auch zu Recht«, bemerkte Jiril. »Und wenn du weiterhin den Kümmelspalter spielst, wirst du dich bald vor Fehlerprotokollen nicht mehr retten können.«
    Gemeinsam hievten Ben, Jiril und Delius den Sandschlitten vom Rigger und beluden ihn mit einem Teil der Ausrüstung. Der Roboter verhielt sich dabei auffallend still. Mira konnte sich kaum vorstellen, dass Delius zu Gefühlen fähig war, doch es sah tatsächlich so aus, als sei er eingeschnappt.
    »Kannst du einen Sandschlitten fahren?«, fragte Ben das Mädchen.
    »Natürlich«, antwortete Mira.
    »Na, dann rauf auf den Sattel!«
     
    Während Mira den Schlitten startete und Ben vorsichtig durch das Felslabyrinth folgte, schaltete der Doktor Delius in den Geländemodus, woraufhin Erstaunliches geschah: Der Roboter fuhr synchron alle vier Arme aus, bis sie wie Hydraulikstützen auf dem Boden aufsetzten. Dann zog er seine Beine bis zum Rumpf in seinen Körper zurück, sodass er schließlich aussah wie eine riesige vierbeinige Metallkrabbe. Derart verwandelt, schaffte er es mühelos, sich über Felsen und kleinere Querdünen hinweg auf dem lockeren Untergrund zu bewegen. Jiril, der sich offensichtlich gerne selbst hinter das Steuer des Schlittens gesetzt hätte, bildete mit dem Doktor die Nachhut.
    Nachdem Mira das Gefährt dreihundert Meter weit behutsam um Felsbrocken herummanövriert hatte, bedeutete ihr Ben anzuhalten.
    »Wir müssten jetzt in etwa auf gleicher Höhe sein.« Er beobachtete eine Weile den Grat, doch die Ambodruse ließ sich nicht blicken.
    »Ob sie uns bemerkt hat?«, fragte Mira.
    Ben nahm seinen Hut ab und fächerte sich Luft ins Gesicht. »Unwahrscheinlich«, sagte er leise. »Sehen wir nach.«
    Mira stieg vom Schlitten und ließ den Blick über die

Weitere Kostenlose Bücher