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Das Aion - Kinder der Sonne

Das Aion - Kinder der Sonne

Titel: Das Aion - Kinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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was sie in der Ferne sah, nicht einordnen. Dann wurde ihr langsam bewusst, was dort über der Ebene des Chott el Sijr in den Himmel zu wachsen schien: Es war eine Ambodruse!
    Das Beeindruckendste an ihr war zweifellos ihre Größe. Obwohl der Rigger noch kilometerweit von der Stelle entfernt war, über der sie schwebte, wirkte es, als bräuchte sie sich nur ein wenig zur Seite zu neigen und einen ihrer Fangarme auszustrecken, um Mira zu packen.
    Auf den ersten Blick sah die Ambodruse aus wie eine riesige, bizarre Blume, die sich schwerfällig im Wind wiegte. Ihre vornehmliche Farbe war ein helles Blau, das sich je nach Körperteil über Türkis in Weiß oder blasses Rosa verwandelte. Ihr in gut 100 Metern Höhe schwebender Ballonleib wurde von einem steifen, wulstartigen Rückenkamm gekrönt. Zu beiden Seiten dieses Glockenkörpers befand sich ein sichelförmiger Flügelsaum, dessen Wellenbewegungen die Ambodruse auf eine fast schon würdevolle Art und Weise vorantrieben. Ihr gesamter Leib glänzte im Sonnenlicht und war so aufgebläht, dass Mira befürchtete, er könne jeden Moment platzen. Seiner Unterseite entwuchsen zahllose 20 bis 30 Meter lange, dünne Tentakel, von denen sich die Hälfte in den Himmel reckte. Die übrigen ringelten sich unter ihrem Leib wie in stiller Agonie. Der Mitte ihres Ballonkörpers entwuchs ein über 100 Meter langer Fangarm, der bis hinab auf den Boden reichte und aussah wie ein riesiger Rüssel.
    Mira konnte sich kaum vorstellen, dass etwas so Riesiges tatsächlich lebendig sein konnte; ein menschenfressendes Ungeheuer, das für die meisten Schauergeschichten verantwortlich war, die man den Kindern im Dorf erzählt hatte. Entfernt erinnerte sie die Ambodruse an die grazilen Süßwasserquallen, die in den unterirdischen Wasserbassins des Dorfes lebten. Nur dass diese lediglich wenige Zentimeter lang wurden, während das Monstrum über den Dünen das Tausendfache ihrer Größe besaß.
    »Unglaublich!«, stieß der Doktor beim Anblick der Ambodruse hervor. »Ist das etwa eine Maschine?«
    »Nein«, murmelte Ben, der die Kreatur mit dem Fernglas beobachtete. »Ich fürchte, die ist echt.«
    Dr. Gayot stemmte sich mit allen zur Verfügung stehenden natürlichen und künstlichen Gliedmaßen ein Stück weit aus dem Sitz, um über die Frontscheibe des Riggers schauen zu können.
    »Was zum Teufel sucht dieses Vieh dann hier unten?«, ächzte er mit hochrotem Kopf. »Am helllichten Tag?«
    »Was ist denn daran so ungewöhnlich?«, wunderte sich Mira.
    Der Wissenschaftler ließ sich erschöpft in seinen Sitz zurückplumpsen, worauf das Luftkissenboot bedrohlich hin und her schwankte.
    »Ambodrusen sind nachtaktive Tiere«, erklärte er, während er sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn wischte. »Sie bevorzugen Dunkelheit und vor allem Kälte. Für dieses Exemplar dort vorne dürfte der Aufenthalt in der Wüstenhitze eine regelrechte Qual sein. Es muss einen triftigen Grund geben, warum es diese Tortur auf sich nimmt.«
    »Ich glaube, ich kenne ihn bereits«, sagte Ben und gab Jiril ein Zeichen. »Fahren wir näher ran.«
    »Das halte ich für keine gute Idee, Sansar Benoît«, meldete sich Delius, als der Rigger Fahrt aufgenommen hatte. »Laut meiner Datenbank erreicht dieses Hovercraft auf ebenem Gelände eine maximale Geschwindigkeit von 110 Kilometern die Stunde, während eine jagende Ambodruse unter Umständen sogar …«
    »Genug jetzt!«, entschied der Doktor und deaktivierte den Roboter, woraufhin dieser in sich zusammensank. »Wenn ich gewusst hätte, dass wir einer Ambodruse begegnen, hätte ich Delius im Institut gelassen und stattdessen eine Zwillingskanone auf dem Heck montiert.«
    »Ich bin sicher, dieser Blechschädel schlägt mit seinem Grundsatzgequassel sogar eine Ambodruse in die Flucht«, brummte Jiril.
    Nachdem sie dem Chott el Sijr etwa zwei Kilometer weit gefolgt waren, wies Ben den Alpha an, in ein schmales Seitental einzubiegen. Es öffnete sich zwischen der Felswand, die einst das linke Seeufer markiert hatte, und einer Dünenkette, die sich wie eine Insel in der Ebene erhob. Sie war so hoch, dass sie den direkten Sichtkontakt zu der Ambodruse verhinderte. Lediglich ihr Rückenkamm und die obere Hälfte ihres Ballonleibs tauchten hin und wieder über dem Dünenkamm auf.
    »Keine Sorge, Ambodrusen sehen bei Tage nicht besonders gut«, erklärte Dr. Gayot, dem Miras nervöse Blicke nicht entgingen. »Es sind reine Nachtjäger, die ihre Beute bei Kälte

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